Abbruch, Sanierung und Instandhaltung

Die TRGS 519

Sicherer Umgang mit Asbestprodukten

Gebotsschild Atemschutz tragen

Kann mit Asbestprodukten überhaupt sicher umgegangen werden? Diese Frage ist schwer zu beantworten und schon fast philosophisch.

Fest steht: Wegen der nahezu unüberschaubaren Masse an noch immer verbautem Asbest muss man damit umgehen, wenigstens um es loszuwerden. Und fest steht auch, irgendjemand muss das tun.

Es gibt (wie fast überall) keine 100% ige Sicherheit, aber den größtmöglichen Schutz! Dazu gehören sehr strenge Grenzwerte, strenge Vorschriften zum Umgang mit asbesthaltigem Material, die Einstufung als krebserzeugend und als gefährlicher Abfall und die Notwendigkeit, mittelfristig alle Asbestprodukte sicher zu entsorgen.

Die Gefahrstoffverordnung verbietet jegliche Herstellung, Verwendung und den Umgang mit asbesthaltigen Produkten. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Dies würde streng genommen auch den Abriss verbieten.

Tatsächlich besteht laut REACH Verordnung Anhang XVII 6.2 eine Art Bestandsschutz während der Nutzungsdauer:


Die Verwendung von Erzeugnissen, die Asbestfasern gemäß Absatz 1 enthalten und die schon vor dem 01. Januar 2005 installiert bzw. in Betrieb waren, ist weiterhin erlaubt, bis diese Erzeugnisse beseitigt werden oder ihre Nutzungsdauer abgelaufen ist.
REACH Verordnung Anhang XVII 6.2
Warnhinweis Enthält Asbest

Nutzungsdauer

Für mehr Klarheit sorgt hier die REACH Verordnung leider nicht, denn es gibt keine Angabe darüber, was genau die Nutzungsdauer ist, bzw. wie lange sie dauert. Streng genommen endet die Nutzungsdauer mit dem Ende der Nutzung - somit ist die genaue Nutzungsdauer erst nach dem Ende des Nutzungsvorganges bekannt! Alles andere ist eine geschätzte Nutzungsdauer - und die ist sehr flexibel auslegbar.

Für etwas mehr Klarheit sorgt allerdings die LASI Vorschrift. Die sind die Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung. Es wird zwar nicht definiert, WAS die Nutzungsdauer ist, aber zumindest, WANN sie endet. Und zwar:

  • Wenn das asbesthaltige Produkt entgegen seinem bei Einbau ursprünglich vorgesehenen Zweck verwendet wird. Also: Zweckentfremdet. Dies bedarf natürlich einer wesentlichen Veränderung - und die ist NICHT erlaubt! Somit erlischt die Nutzungsdauer.
  • Wenn das asbesthaltige Produkt derartig beschädigt ist, u. a. auch durch Verschleiß, dass die Gefahr einer Faserfreisetzung besteht. Auch dann ist die Nutzungsdauer zuende.

Ansonsten gilt: Nicht anfassen!


ASI Arbeiten

Asbestsäcke©HH Uni KN

Was erlaubt ist...

Nach der TRGS 519 "Asbest - Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten" sind eben jene Tätigkeiten die einzigen Ausnahmen des Herstellungs- und Verwendungsverbotes gemäß der GefStoffV.

Abbruch

Das macht auch Sinn, denn sonst müsste man die ganzen Asbest-Bausünden schlicht stehen lassen. Abbruch ist erlaubt!

Sanierung

Was ist eine Sanierung und wann wird sie fällig? Genau dann, wenn ein asbesthaltiges Produkt beschädigt ist. Wenn es aber beschädigt ist und nur dann seinen Zweck erfüllen kann, wenn es repariert bzw. saniert wird, dann ist doch die Nutzungsdauer bereits zu Ende! Ist somit nicht automatisch die Nutzungsdauer laut REACH und LASI zuende?

Laut TRGS 519 umfassen Sanierungsarbeiten das Beschichten und die räumliche Trennung schwach gebundener Asbestprodukte einschließlich der notwendigen Nebenarbeiten wie das Begehen von asbestbelasteten Räumen zum Zweck der Probennahme und Beurteilung, Errichten von Baustellen, Reinigen etc.

Die Beschichtung von belasteten Produkten ist allerdings problematisch: Gerichtsurteile verbieten das Beschichten, weil es kein Produkt gibt, das für die Beschichtung von Asbestprodukten zugelassen ist. Dabei handelt es sich jedoch um Einzelfallentscheidungen. Generell gilt die TRGS, und nach dieser ist das Beschichten erlaubt.

Instandhaltung

Instandhaltung beinhaltet laut Leitlinien zur GefStoffV die Wartung, Inspektion und Instandsetzung. Instandsetzung bedeutet aber "die Wiederherstellung eines Soll-Zustandes", also faktisch dasselbe wie Sanierung, also ist diese verboten.

Inspektion und Wartung dienen dazu, dass es nicht zur Instandsetzung kommt, weil ein Produkt durch kleine Maßnahmen so gepflegt wird, dass keine Sanierung oder Reparaturen notwendig werden.

Inspektion und Wartung

Was Wartungsarbeiten betrifft, dienen diese dem Zweck der Überprüfung, ob ein Produkt weiterhin ordnungsgemäß funktioniert. Solche Arbeiten sind also zwingend erforderlich. Allerdings dürfen diese Arbeiten nicht dazu führen, dass Asbestfasern freigesetzt werden.

Nehmen wir die Wartung von Brandschutzklappen an. Die können durchaus, je nach Bauart und Baujahr, aus asbesthaltigem Material bestehen oder die Dichtungsringe können Asbest enthalten. Beim Betätigen der Klappe könnte also Asbest freigesetzt und durch die Lüftungskanäle weiter verteilt werden. Nun schreibt die Brandschutzordnung die regelmäßige Prüfung solcher Klappen vor. Hierfür müssen sie betätigt werden. Hierdurch könnte Asbest freigesetzt werden. Also ist diese Tätigkeit prinzipiell verboten. Was gilt nun: Der Brandschutz oder die TRGS 519 bzw. die GefStoffV?

Hier werden die Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung (LASI) konkreter: Die Prüfung von Brandschutzklappen ist notwendig und deshalb zulässig. Allerdings unter Auflagen:

  • Die Arbeiten müssen bei der Gewerbeaufsicht angezeigt werden.
  • Die Arbeiten müssen von geschultem Personal durchgeführt werden.
  • Die Arbeiten sind unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen und
  • Die Arbeiten dürfen nur unter Aufsicht einer oder mehrerer sachkundiger* Personen durchgeführt werden.

Darüber hinaus darf der Ausbau einer Brandschutzklappe nur von einer zugelassenen Spezialfirma vorgenommen werden.

*Sachkundig ist, wer im Rahmen einer Ausbildung die Asbest Sachkunde (einschließlich Prüfung) erworben hat und über die nötige Erfahrung im Umgang mit asbesthaltigen Produkten verfügt.

Generell gilt: Soweit die asbesthaltigen Bauteile nicht abgebrochen werden müssen, müssen sie "unangefasst" bleiben!

Fragen ohne klare Antworten

  • Wo genau endet die Instandhaltung und wo fängt die Sanierung an?
  • Darf nun saniert werden oder führt Sanierung gem. TRGS zum Ende der Nutzungsdauer gem. LASI, was wiederum nur den Abbruch des betroffenen Produktes erlaubt?
  • Ist Beschichten nun erlaubt oder nicht und ist die Beschichtung nur eine Erste-Hilfe Maßnahme oder eine Sanierung?

Aus Sicht des Arbeitsschutzes müssen alle Maßnahmen erlaubt sein, die die Gefahr einer Faserfreisetzung verringern.

Die Rechtslage ist also durchaus teils widersprüchlich. Ist sie auch pragmatisch, so dass der Betrieb einigermaßen aufrechterhalten werden kann?


Aus Sicht der Uni Konstanz ist die wichtigste erlaubte Ausnahme aus dem generellen Asbest-Verbot der Gefahrstoffverordnung die Instandhaltung. Zum Zweck der Instandhaltung und insbesondere der funktionellen Instandhaltung sind einige Maßnahmen möglich, die allerdings genauen Vorgaben folgen müssen. Anders wäre ein weiterer möglichst reibungsloser Betrieb kaum möglich.

Kleinere Arbeiten zur funktionellen Instandhaltung wären beispielsweise

  • Wartung von elektrischen Leitungen und Steckdosen in Systemtrennwänden
  • Verschließen von kleinen Löchern (in Trennwänden)
  • Entfernen oder Anbringen von Befestigungen an Systemtrennwänden (z.B. Umkippsicherungen hoher Möbel)
  • Wartung von Brandschutzklappen
  • Entfernen von Systemregalelementen oder Kleiderstangen
  • etc.

Wichtig hierbei ist, dass das Produkt (die Trennwand) auch Asbest enthalten muss, damit dies eine Arbeit an oder mit einem asbesthaltigen Produkt darstellt (logisch!) und somit unter die Regelungen der TRGS 519 fällt. Also muss dies zuvor geprüft werden. Außerdem will die aufsichtsführende Behörde, also die Gewerbeaufsicht, über jede einzelne Maßnahme und jeden einzelnen Schritt vorab informiert werden. Die Kontrolle und somit auch die Entscheidungsbefugnis (das "letzte Wort") hat die Behörde.

Optionen

Die TRGS unterscheidet 3 verschiedene Optionen bzw. Verfahren zur funktionellen Instandhaltung, die jedoch unterschiedliche Konsequenzen bezüglich des organisatorischen Aufwands nach sich ziehen:

  • Arbeiten geringen Umfangs
  • Arbeiten mit geringer Exposition und
  • Anerkannte emissionsarme Verfahren.

Arbeiten geringen Umfangs

Der "geringe Umfang" bezieht sich hierbei auf die Anzahl der gleichartigen Maßnahmen. Die Tätigkeit bzw. die Maßnahme darf dabei nicht öfter als 2-3 mal insgesamt wiederholt werden und die Personen, welche die Tätigkeit ausüben, dürfen nicht länger als jeweils 2 Stunden damit beschäftigt sein und es dürfen maximal 2 Personen an dem asbesthaltigen Produkt arbeiten.

  • Nachteil: Mit einer nur geringen Anzahl scheiden häufigere gleichartige Tätigkeiten aus - man kommt also nicht sehr weit...
  • Vorteil: Geringer bürokratischer Aufwand und keine Freimessung anschließend erforderlich.

Arbeiten mit geringer Exposition

Geringe Exposition bedeutet in diesem Fall eine Exposition gegenüber einer Faserkonzentration von nicht mehr als 10000 Fasern pro m3 Raumluft über die Dauer der Tätigkeit. Das klingt gegenüber dem Richtwert für "normale" Personen viel, aber für beruflich exponierte Personen gilt eben der Grenzwert von 10000 Fasern.

  • Nachteil: Nach dem Abschluss der Arbeiten muss der Raum / der Bereich gereinigt werden und durch Freimessung sichergestellt sein, dass die Faserkonzentration den Richtwert von 500 Fasern pro m3 Raumluft nicht überschreitet. Dies bedeutet einen sehr großen organisatorischen Aufwand und hohe Folgekosten.
  • Vorteil: Die gleichartige Tätigkeit darf beliebig oft unter Einhaltung der Vorschriften von Fachpersonal mit Sachkunde durchgeführt werden.

Anerkannte emissionsarme Verfahren

Wenn sich bestimmte Maßnahmen in einem Bereich sehr oft wiederholen und man auf die ständigen Freimessungen verzichten möchte, besteht die Möglichkeit, bei der IFA (Institut für Arbeitsschutz der DGUV) ein eigenes Verfahren anerkennen zu lassen. Derzeit gibt es ca. 46 anerkannte Verfahren. Die Anerkennung muss zuvor beantragt werden, indem das geplante Verfahren genau beschrieben wird - Schritt für Schritt und durch zahlreiche Messungen belegt wird, dass während der Tätigkeit die Faserkonzentration 10000 Fasern pro m3 Raumluft nicht überschreitet und nach Beendigung der Tätigkeit und Reinigung / Lüftung die Konzentration unter 500 Fasern / m3 Raumluft bleibt.

  • Nachteil: Sehr großer bürokratischer Aufwand und lange Dauer für die Prüfung und Anerkennung des Verfahrens. Das Verfahren ist recht "starr". Abweichungen sind nicht oder kaum möglich.
  • Vorteil: Bei Einhaltung des Verfahrens wurde nachgewiesen, dass keine oder weniger als 500 Fasern freigesetzt wurden. Es sind keine weiteren Freimessungen mehr erforderlich.

Die "unternehmensbezogene Anzeige"

Eines haben alle Optionen gemeinsam: Die aufsichtsführende Behörde, (die Gewerbeaufsicht), will über alle Tätigkeiten und Schritte, die unternommen werden, nicht nur informiert werden, sondern letztlich auch die Kontrolle haben. Zu diesem Zweck muss die Universität eine sogenannte "unternehmensbezogene Anzeige" mindestens 7 Tage vor Aufnahme der Tätigkeit an die Gewerbeaufsicht stellen. Darin sind alle Maßnahmen genau beschrieben. Also:

  • Welche Option(en) werden gewählt?
  • Welche Maßnahmen werden durchgeführt?
  • Wie laufen die Arbeiten genau ab (und zwar ganz genau!)?
  • Wer ist verantwortlich?
  • Welche Schutzausrüstung bzw. Werkzeuge und Methoden kommen zum Einsatz?
  • Wie oft, wie lange?
  • Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisungen für alle Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände
  • ect. pp.
  • Vorteil: Man braucht nicht auf eine Zustimmung warten. Kommt innerhalb von 7 Tagen keine Rückmeldung ist alles ok und man kann loslegen. Oder man hört etwas und muss nachbessern. Die Anzeige gilt dann für 5 Jahre und muss erst dann erneuert werden. Die ist dann sozusagen die Zulassung für alle angezeigten Maßnahmen.
  • Nachteil: Großer Aufwand, aber unumgänglich. Zusätzlich muss vor Aufnahme jeder einzelnen Maßnahme diese mit Angabe von Ort und Zeit formlos ein bis 2 Tage vorher bei der Gewerbeaufsicht angezeigt werden. Dies ist die sogenannte "ergänzende Anzeige von Ort und Zeit".