Diversity in der Lehre

Die Universität Konstanz hat sich zum Ziel gesetzt, die Inklusion zu fördern und faire Studien,- Arbeits- und Forschungsbedingungen für alle Mitglieder zu gestalten. Hierbei ist die Universität auf Ideen und Unterstützung aller Mitarbeitenden angewiesen. Gerade Ihnen als Lehrende kommt hier die besondere Bedeutung zu, Lehre so zu gestalten, dass die Universität Konstanz als fairer und inklusiver Ort wahrgenommen wird. Sie prägen und erweitern damit nicht zuletzt die Handlungsräume und die Weltanschauung zukünftiger Wissenschaftler*innen.

Die Erfahrung an der Universität Konstanz zeigt, dass die Lehrenden von Haus aus intrinsisch moviert sind, ihre Lehre exzellent und inklusiv zu gestalten. Wir betrachten die hier verfasste Handreichung als Sammelwerk für ergänzende Anregungen und zur Orientierung insbesondere dann, wenn Sie Ihren Weg als Lehrkraft gerade erst beginnen, oder auch nach vielen Jahren erfolgreicher Lehre Ihre Konzepte weiter anpassen möchten. Das vorliegende Dokument hat zum Ziel, dass Sie aus dem hier vorgestellten Katalog an Vorschlägen konkrete Maßnahmen für sich ableiten können, die zu Ihrer Lehre am besten passen und die Sie selbst im Rahmen guter Lehre als wichtig erachten.

Warum ist Diversity in der Lehre wichtig?

Inklusion herzustellen ist ein weites Betätigungsfeld. Im Rahmen von Barrierefreiheit umfasst es beispielsweise infrastrukturelle sowie digitale Maßnahmen. Einen Teilbereich stellt auch das Thema Diskriminierungserfahrung dar. Wir wissen über Diskriminierung, dass sie überall entstehen kann und oftmals unbeabsichtigt ist. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass wir alle Wahrnehmungsverzerrungen (Biases) unterliegen und Stereotype sich in zwischenmenschliche Interaktionen einschleichen. Dies kann dazu führen, dass wir Personen auf bestimmte Merkmale reduzieren, wie z.B. Hautfarbe oder Geschlecht und sie daher anders behandeln und damit diskriminieren. Diskriminierung kann sich auch darin zeigen, wenn Personen auf Grund ihrer Eigenschaften von der vollen Teilhabe am universitären Leben ausgeschlossen werden, z.B. weil Räume nicht barrierefrei erreichbar sind oder Veranstaltungen zu Zeiten stattfinden, die für Personen mit familiären Verpflichtungen nicht vereinbar sind.

Diskriminierung kann ein andauernder Stressor sein, der über die Zeit zahlreiche negative Konsequenzen für die Betroffenen hat. Im Bereich der Mitarbeitenden zeigte zum Beispiel die Meta-Analyse von Jones und Kollegen (2016), dass Personen, die diskriminiert werden, von erhöhtem Stresslevel berichten, weniger Zufriedenheit mit ihrer Arbeit haben, sich der Organisation weniger zugehörig fühlen und auf ihrem Karriereweg weniger erfolgreich sind als solche, die weniger oder keine Diskriminierung erfahren. Auch bei Studierenden zeigt sich, dass insbesondere ethnische Diskriminierungen mit Symptomen von Trauma einhergehen (Kirkinis, Pieterse, Martin, Agiliga & Brownell, 2021).

Die genauen wissenschaftlichen Hintergründe von Biases, Stereotypen, Vorurteilen und struktureller Diskriminierung zu erörtern ist in Rahmen dieses Dokuments nicht zielführend. Stattdessen sollen hier eine Reihe von konkreten Maßnahmen benannt werden, wie Sie agieren können, um eine Atmosphäre der Zugehörigkeit zu schaffen. Ziel ist es, der Universität als ein Ort von Vielfalt einen hohen Stellenwert beizumessen. Wir möchten zeigen, dass sich diese Vielfalt in unterschiedlichen Bedarfen in Bezug auf Teilhabe an Bildung und Forschung äußert und Beispiele vorstellen, wie Sie diesen Bedarfen entsprechen können.

Praktische Ansätze für eine diversity-gerechte Lehre

Überschaubarkeit & Transparenz

Für viele Studierende, insbesondere solche, für die das akademische Milieu neu ist oder die sich aufgrund ihrer Herkunft das deutsche Hochschulsystem erst erschließen müssen, hilft es, wenn Informationen in gebündelter Form dargestellt werden, um sich besser zurechtzufinden.

Aussagekräftige Kursbeschreibung in ZEUS

Beschreiben Sie Ihren Kurs im Kursverzeichnis der Universität vor Beginn so genau wie möglich, um Studierenden einen klaren Einblick zu geben, welche Inhalte bearbeitet, welche Prüfungsformate verwendet und welche Anforderungen (z.B. zeitlich) gestellt werden. Natürlich sind oft nicht alle diese Details bei der Eintragung in das Vorlesungsverzeichnis schon final ausgereift, aber je detaillierter sie sind, desto eher können Studierende abschätzen, ob der Kurs für sie passend ist.

Informationen über Barrierefreiheit

Stellen Sie sich selbst die Frage, ob und inwiefern Ihre Lehrveranstaltung für Studierende mit Einschränkungen barrierefrei ist. Dies kann sich einerseits auf die Räumlichkeiten beziehen – soweit Sie darauf Einfluss haben und dies frühzeitig abschätzen können – oder aber auf die verwendeten Materialien. Mehr Informationen dazu finden Sie weiter unten unter dem Punkt „Barrierefreiheit“. Wichtig ist jedoch, dass diese Information den Studierenden so früh wie möglich zur Verfügung steht, um die Planung des Semesters zu erleichtern.

Syllabus

Stellen Sie möglichst früh einen Syllabus zur Verfügung, der alle relevanten Informationen für Studierende beinhaltet. Dazu gehören idealerweise auch (fachbereichsspezifische) Fristen zur Anmeldung zur Prüfung (als Erinnerung). Unter anderem können Sie folgende Punkte berücksichtigen:

Erreichbarkeit

Stellen Sie eine verbindliche Ansprechbarkeit her. Dies kann die Form einer festen Sprechstunde annehmen oder alternative, flexiblere Angebote. Solche Unterstützungsformen müssen natürlich im Rahmen Ihrer anderen Verpflichtungen balanciert werden, jedoch sollten die Studierenden die Möglichkeit haben, Sie bei Fragen relativ zeitnah zu erreichen.

Ansprechbarkeit bei besonderen Bedürfnissen

Studierende mit Einschränkungen fühlen sich oft als Last, wenn Sie jede*n Dozierende*n individuell ansprechen müssen, um Unterstützung zu erhalten. Ein Beispiel ist das Tragen eines „Mikrofons“ seitens der Lehrenden, um Studierenden, die eine Beeinträchtigung ihres Hörvermögens haben, auch in einer Lehrveranstaltung zu unterstützen. Um die Hürde der jeweiligen Anfrage zu reduzieren, können Sie ein entsprechendes Angebot direkt in Ihrem Syllabus kommunizieren und damit signalisieren, dass Sie offen sind, darauf angesprochen zu werden.

Eltern mit Kind und familiären Sorgeaufgaben

Sollten keine zwingenden Gründe dagegen sprechen, empfiehlt es sich, auch die Präsenz von Eltern mit ihren Kindern zu ermöglichen. Gerade in Zeiten, in denen eine Kinderbetreuung nicht immer problemlos zu organisieren oder anderweitig leistbar ist, kann es für Studierende eine Erleichterung sein, wenn sie ihr Kind mit in eine Lehrveranstaltung bringen können und wenn dies direkt im Syllabus kommuniziert wird. Ein Hinweis, dass Eltern mit ihren Kindern ggf. einen Platz nahe des Ausganges wählen sollten, um im Fall von Unruhe seitens des Kindes kurz den Raum verlassen zu können, ist hier auch angemessen, um einen ruhigen Lehrverlauf zu sichern. Daneben können Sie ansprechen, dass Studierende auf Sie zugehen können, sollte gleichzeitig zur Veranstaltung weitere Sorgeaufgaben anstehen, z.B. die Pflege von Angehörigen oder Krankheit von Kindern.

Notenvergabe

Erörtern Sie spezifisch, wie Ihre Noten zustande kommen und wie sich die finale Note Ihrer Lehrveranstaltung zusammensetzt. So vorhanden, können Sie Bewertungsbögen (z.B. für Hausarbeiten oder Vorträge) frühzeitig zur Verfügung stellen. Weitere Details zur Benotung und Empfehlungen finden Sie weiter unten unter „Benotung und Feedback“.

Prüfungen

Beschreiben Sie die verlangten Prüfungsleistungen in ausreichender Tiefe, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich vorzubereiten. Gehen Sie hierbei davon aus, dass ggf. nicht alle Studierenden, besonders in den frühen Semestern, ein solides Verständnis davon haben, wie beispielsweise eine gute Hausarbeit oder ein guter Vortrag auszusehen hat. Auch wenn manche Fachbereiche mittlerweile spezifische Weiterbildungsangebote verpflichtend in die Studiengänge integriert haben, finden sich viele Studierende noch immer unvorbereitet, wenn es darum geht eine erste Hausarbeit zu verfassen.

Prüfungsangst ist für viele Studierende ein ernsthaftes Problem.

Auch wenn Sie als Lehrende hier ggf. nicht die richtige Person sind, um ein Hilfsangebot zu machen, können Sie in Ihrem Syllabus auf weitergehende Hilfsangebote der Universität hinweisen, z.B. der Zentralen Studienberatung oder insbesondere der Psychotherapeutischen Beratungsstelle der Seezeit.

So vorhanden, können Sie Muster sehr guter Prüfungsleistungen aus vergangenen Semestern zur Verfügung stellen oder auf die Hilfsangebote der Universität (z.B. die Schreibberatung) verweisen.

Termine

Listen Sie die relevanten Termine Ihrer Lehrveranstaltung auf, idealerweise auch Termine zur Prüfungsanmeldung und die Formalitäten dazu. Gerade internationale Studierende haben oft ein sehr geringes Verständnis dieser Formalitäten und Sie können durch eine Übersicht hier leicht Unterstützung anbieten.

Sonstige Regeln

Schaffen Sie Transparenz in Bezug auf andere Regeln. Dies kann einfache Dinge, wie z.B. die versäumte Abgabe einer Prüfungsleistung, den Umgang mit Plagiaten oder Anwesenheitspflicht betreffen. So schaffen Sie nicht nur für die Studierenden Transparenz, Sie sichern auch sich selbst bei der Durchsetzung dieser Regeln ab.

Hinweis auf Hilfsangebote Seitens der Universität, der Fachbereiche

Die Universität Konstanz bietet für Studierende zahlreiche Unterstützungsangebote, auf die Sie auch gerne in Ihrem Syllabus verweisen können. Eine Liste dieser Angebote finden Sie am Ende dieser Seite.

Eine wiederverwendbare Vorlage finden Sie unter den Downloads in der blauen Box auf der rechten Seite.

Vielfalt in Methoden und Prüfungen

Bei der Gestaltung Ihrer Lehrveranstaltung können Sie neben den oben beschriebenen formalen Aspekten und Informationsangeboten auch einen Blick auf Ihre Lehrmethoden und Ihre Prüfungsformate werfen. Studierende haben unterschiedliche Stärken in Bezug auf Prüfungen, einige schneiden besser in Multiple Choice-Klausuren ab, die eher Geschwindigkeit und rasches Entscheidungsvermögen abverlangen, andere finden ihre Stärken darin, längere, gut durchdachte Texte zu verfassen. Durch eine Vielfalt an Methoden können Sie auch der Vielfalt der Studierenden eher gerecht werden. Natürlich ist es im Regelfall nur begrenzt möglich, innerhalb einer Lehrveranstaltung eine große Anzahl von Prüfungsmethoden anzubieten, von daher muss dies immer im Rahmen Ihrer individuellen Möglichkeiten betrachtet werden.

Eine umfassende Diskussion dieser Methoden sprengt den Rahmen dieses Dokuments, daher empfehlen wir auch, die Weiterbildungsmöglichkeiten des Academic Staff Development in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus gibt es auch einen Reader „Methodensammlung“, entwickelt vom Academic Staff Development und dem Referat für Gleichstellung, Familienförderung und Diversity, der zahlreiche Hinweise und Empfehlungen enthält.

Dieser Reader enthält viele Hinweise und Methoden, mit denen Sie Ihre Lehre noch verbessern können und z.B. Gruppenarbeiten und andere Formate gut anleiten können.

Diversity-gerechte Sprache

Wir empfehlen die Verwendung einer diversity-gerechten Sprache. Auch wenn es sich um ein gesellschaftlich durchaus debattiertes Thema handelt. Studien zeigen, dass eine inklusive Sprache, die z.B. statt dem generischen Maskulinum das von der Universität auch bevorzugte Gender-Sternchen (z.B. Mitarbeiter*innen statt Mitarbeiter) verwendet, eine bessere Repräsentation hervorruft, indem sich z.B. Frauen oder non-binäre Personen eher angesprochen fühlen (Irmen & Linner, 2005; Stahlberg & Sczesny, 2001).  

Um den Dozierenden der Universität eine Hilfe zu bieten, wurde dazu eine kurze „Leitlinie inklusive Sprache“ seitens der Universität verabschiedet.

Darüber hinaus empfiehlt es sich zu bedenken, dass auch die Studierenden die Vielfalt von Geschlechtern und Identitäten repräsentieren, die sich in unserer Gesellschaft finden und ein Recht auf Anerkennung und respektvollen Umgang haben, z.B. als A-binäre, Queere oder Transpersonen. Manche Lehrende zeigen sich hier auf Grund der Komplexität des Themas überfordert, deshalb möchten wir Ihnen Unterstützung anbieten und verweisen auf die Empfehlung der Bundeskonferenz der Frauen und Gleichstellungsbeauftragen (bukof). Diese empfiehlt Dozierenden,  beispielsweise, grundsätzlich im schriftlichen Verkehr von binären Anreden (Sehr geehrter Herr, sehr geehrte Frau…) abzusehen und stattdessen geschlechtsneutrale Anreden zu verwenden (z.B. „Hallo, Anna Musterfrau“ oder „Sehr geehrte Kursteilnehmer*innen“).

Die bukof geht soweit, im direkten Kontakt schon zu Beginn des Semesters bei der Vorstellung des/der Dozierenden, auch gleich dessen/ihre Pronomen zu etablieren um zu demonstrieren, dass dies ein normaler Vorgang ist und die Studierenden danach zu ermutigen, dies auch zu tun. Dies sollte jedoch für Studierende freiwillig bleiben, um erzwungene Outings zu vermeiden. Weitere Details hierzu finden sich in der "Handlungsempfehlungen für Geschlechtervielfalt an Hochschulen" der bukof.

Queere und Transstudierende

Seit 2021 können Studierende der Universität Konstanz ihre personenbezogenen Daten (z.B. Vornamen, Geschlecht und Anrede) innerhalb der Universität, entsprechend ihrem sozialen Geschlecht unbürokratisch, ändern. Bitte tragen Sie Änderungen mit und verwenden Sie die alten Namen (sogenannte „Deadnames“) nicht mehr. Seien Sie außerdem diskret im Umgang mit der Änderung des Geschlechts im öffentlichen Raum. Wir raten ausdrücklich davon ab, die Änderung im Seminarraum zu besprechen, da es sich um ein sehr persönliches und sensibles Thema für die Studierenden handelt, deren Thematisierung sehr viel Mut erfordert. Wir haben für Sie zusätzliche Informationen zur Änderung der Geschlechtsangabe und des Vornamens zusammengestellt.

Inhalte

Auch bei den von Ihnen präsentierten Inhalten schadet es nicht, einen Blick auf den Diversity-Aspekt zu werfen. Hier sind Sie, als Dozierende, ganz besonders gefragt, denn Sie verfügen letztendlich über die notwendige Expertise, um die relevanten Inhalte zu gestalten und für Ihre Studierenden aufzubereiten.

Literatur

Dies beginnt bereits bei der Auswahl der relevanten Literatur für eine Lehrveranstaltung. So empfiehlt es sich, bei der Zusammenstellung von Literaturlisten neben der Expertise der Texte auch auf eine möglichst große Diversität in der Autorenschaft zu achten. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  1. Rolemodel-Aspekt: Studierende mit diversen Hintergründen erkennen in Autor*innen mit ähnlichem Hintergrund schneller eine Vorbildfunktion und können dadurch angeregt werden, eine Karriere in der Forschung anzustreben (Lawner, Quinn, Camacho, Johnson & Pan-Weisz, 2019).
  2. Gender-Aspekt: Autor*innen unterschiedlicher Herkunft bringen breitere Perspektiven in die Forschung ein. Beispielsweise untersuchen Studien, die unter Leitung und/oder Mitwirkung von Wissenschaftlerinnen durchgeführt wurden, eher genderspezifische Themen, wie z.B. die unterschiedliche Effektivität von Medikamenten auf die weibliche und männliche Biologie. Dadurch können neue Erkenntnisse gewonnen werden. Dementsprechend bietet gegebenenfalls auch Literatur mit diversen Autor*innen breitere Perspektiven auf (Koning, Samila & Ferguson, 2021).
  3. Kultureller Aspekt: Eine diverse Autor*innenschaft, insbesondere solche, die Autor*innen aus dem nicht-westlichen Kontext miteinbezieht, könnte eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, gängige Paradigmen unreflektiert wiederzugeben und bietet möglicherweise mehr Raum für fruchtbare Diskussionen mit den Studierenden.

Natürlich bedeutet dies nicht, dass relevante Klassiker oder fundamentale Werke nicht mehr gelesen werden sollten, nur weil sie nicht divers genug sind. Vielmehr gibt es gute Gründe, diese klassischen Werke durch weitere Perspektiven zu ergänzen, um so den Studierenden ein besseres Bild des wissenschaftlichen Diskurses anzubieten. Welche Quellen für Ihre Lehrveranstaltung besonders bedeutend sind, können natürlich nur Sie bewerten, wobei die Qualität und der wissenschaftliche Wert Ihrer Texte im Vordergrund stehen sollte.

Anmerkung: Manchmal kann es auch sinnvoll sein, die Entstehungsgeschichte der Klassiker selbst in Augenschein zu nehmen. So wurde Milton Friedmans „A Monetary History of the United States” zusammen mit Anna Schwartz geschrieben, jedoch erhielt nur er für diesen Beitrag den Nobelpreis.

Barrierefreie und diversity-gerechte Materialien/Bilder

Bei der Erstellung Ihrer Materialien gibt es, neben der Auswahl der Autor*innen, auch noch zu bedenken, dass diese sowohl zugänglich als auch repräsentativ sein sollten.

Barrierefreiheit

Texte, Bilder und Folien sowie anderes Material sollten so gestaltet werden, dass sie für Studierende mit Einschränkungen problemlos verwendet werden können. Nach Empfehlungen der Universität Stuttgart können Sie auf folgende Punkte achten, auch wenn manche dieser Elemente natürlich nicht immer im Gestaltungsrahmen der Dozierenden liegen:

  1. Bild- und Tonqualität sollte störungsfrei sein (besonders beim E-Learning).
  2. Zusätzliche Skripte machen Vorlesungen für Sehbehinderte, Blinde und Studierende mit Einschränkungen, die das Mitschreiben erschweren, deutlich zugänglicher. Eine Audio-Aufzeichnung kann für Sehbehinderte und Blinde zudem eine Hilfe sein, ebenso wie Unterlagen, die den Studierenden bereits vor der Vorlesung zur Verfügung gestellt werden.
  3. Materialien zur Lehrveranstaltung (z.B. Aufzeichnungen) sollten bis zum Ende der Nachprüfung verfügbar bleiben.
  4. Dokumente (z.B. Texte oder Folien) sollten barrierearm sein. Das bedeutet:
    • Die Dokumente sollten kontrastreich sein: Optimal ist ein weißer Hintergrund und eine schwarze Schrift. Das hellere Uni-Blau mit weißer oder schwarzer Schrift sollte sparsam verwendet werden, ebenso sollten Sie auf Kombinationen aus Rot-Grün, Rot-Orange, Blau-Grün usw. verzichten.
    • Gestalten Sie Ihre Ausarbeitungen bitte möglichst übersichtlich, so dass auch eine Person, die auf die Vergrößerungsfunktion angewiesen ist, am Bildschirm den Überblick behalten kann.
    • Verwenden Sie in Word-Dokumenten Dokumentvorlagen und kennzeichnen Sie Kapitelüberschriften als solche, so dass diese von Programmen mit Sprachausgaben lesbar sind.
  5. Legasthenie kann für Studierende ebenfalls das Studium erschweren. Durch die Verwendung einer bestimmten Schriftart (z.B. OpenDyslexic oder auch ComicSans) können Sie die Lesbarkeit Ihrer Texte erhöhen.
  6. Weitere Informationen, insbesondere zur barrierefreien Online-Lehre, finden Sie auch hier:
    • Umfassende Informationen zum Thema Nachteilsausgleich, dem Hilfsangebote beim Umgang mit mentalen, chronischen und physischen Krankheiten im Studium bietet die Broschüre „Inklusion in Studium und Lehre

Hierunter finden Sie auch weiterführende Informationen zum Begleitprogramm StudismitStudis, einem Tandemangebot von Studierenden für Studierende mit Behinderung, psychischer oder chronischer Erkrankung.

Zum Thema barrierefreie Lehre finden Sie noch mehr Informationen z. B. in der Handreichung "Barrierefreiheit im Studium"

Diversity-gerechte Bilder

Bei der Verwendung von Bildmaterial in Ihrer Lehre sollten Sie darauf achten, dass diese Materialien keine Stereotypen verstärken und repräsentativ gestaltet sind, d.h. dass Minderheiten inkludiert sind.

Außerdem empfehlen wir bei Bildern, sie mit maschinenlesbarer Beschreibung zu versehen, damit Personen die auf eine verbale Wiedergabe durch einen Rechner angewiesen sind, diese auch wahrnehmen können.

Direkter Umgang

Diskussionskultur

Als Dozierende sind Sie in der Lage, die Diskussionskultur in Ihren Veranstaltungen maßgeblich zu prägen. Es gibt diesbezüglich deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Personengruppen, was die Bereitschaft angeht, an Diskussionen teilzunehmen. Sie können Regeln festlegen, die es auch Personen, die sonst zurückhaltender sind, erlauben sich zu beteiligen. Ein Bespiel dafür ist es, dass Sie Fragen, die an die Gruppe gestellt werden, mit einer Bedenkzeit versehen. Dadurch haben Personen, die eher gründlich nachdenken oder schüchtern sind, ausreichend Zeit, sich eine Antwort zu überlegen. Außerdem empfehlen wir generell, bei der Interaktion mit den Studierenden darauf zu achten, dass alle eine angemessene Beteiligung an der Diskussion bekommen. Dies kann manchmal schwierig sein, wenn die Interkation im Seminar sehr stark an wenigen, sehr aktiven, Teilnehmer*innen hängt. Aber gerade hier ist es oft essentiell, den Studierenden nochmals Zeit zu geben, ggf. auch mit der Möglichkeit sich untereinander zu besprechen, um die verbale Dominanz einzelner Teilnehmer*innen zu vermeiden.

Benotungen und Feedback

Wie im Syllabus angesprochen, ist es für Studierende sehr wichtig zu verstehen, wie ihre Noten zustande kamen. Dazu gehört einerseits, dass im Syllabus die Formalien, nach der sich die Note zusammensetzt, klar beschrieben werden. Zusätzlich sollten Sie klare Anweisungen zu formulieren, wie die Prüfungsleistungen aussehen sollen. So kann es beispielsweise sehr sinnvoll sein, einen Zitationsstil vorzugeben und Formatierungsgrundlagen zu bestimmen, aber auch klar formulierte Ansprüche an die Qualität der Quellen zu stellen und dies entsprechend festzuhalten. Gehen Sie davon aus, dass nicht alle Studierenden, insbesondere zu Beginn des Studiums, ein Verständnis davon haben, welche qualitativen Unterschiede sich z.B. zwischen peer-reviewten Studien und nicht systematisch zusammengestellten Lehrbüchern ergeben.

Transparenz

Wir empfehlen, dass Sie zur Benotung der Prüfungsleistungen einen standardisierten Bewertungsbogen verwenden, in dem die Kategorien nach denen Sie benoten, einerseits festgelegt und andererseits klar definiert sind. Dies hilft nicht nur Ihnen bei der Benotung möglichst objektiv zu bleiben, es erlaubt Ihnen auch, diesen Bewertungsbogen vorab mit den Studierenden zu teilen, damit diese einen Eindruck gewinnen, wie Sie die Prüfungsleistung bewerten werden. Nach der Beurteilung der Arbeit können solche Bögen auch für ein gezieltes Feedback an die Studierenden verwendet werden und erfüllen damit gleich mehrere nützliche Funktionen: Sie erzeugen Transparenz, erhöhen die Objektivität und ermöglichen gezieltes Feedback.

Anonymisierung von Prüfungsleistungen

Unser Tipp zum Schluss: Lassen Sie sich Prüfungsleistungen nach Möglichkeit anonym einreichen, indem z.B. nur die Immatrikulationsnummer und nicht der Name der Studierenden angegeben wird. Dabei handelt es sich um die stehende Empfehlung des Universitätssenats, da anonymisierte Prüfungenleistungen weniger anfällig für Urteilsfehler (engl. Biases) sind und damit verhindert werden kann, dass bestimmte Personen oder Gruppen eine Andersbehandlung erfahren.

Dies bietet sich natürlich nur bei Prüfungsleistungen an, die nicht in Person gehalten werden (wie z.B. mündliche Prüfungen) und hat auch die Einschränkung, dass die dozierende Person ggf. am Thema einer Hausarbeit noch die Studierenden erkennen könnte. In den allermeisten Fällen erlaubt Ihnen die Anonymisierung es jedoch, Arbeiten ohne Verbindung zur Person zu evaluieren und damit einen möglichen Bias, der sich sowohl zu Gunsten als auch zu Ungunsten der Studierenden auswirken könnte, zu eliminieren (Malouff & Thorsteinsson, 2016).

Unterstützungen für Dozierende und Studierende

Bei all den Anregungen, die Sie bisher gelesen haben, ist es verständlich, wenn Sie sich etwas überwältigt fühlen. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen hier noch eine Liste von Unterstützungen und Ansprechpartner*innen an der Universität anbieten, die Ihnen dabei helfen können, Ihre Lehre diversitätsgerecht zu gestalten.

Unterstützung für Studierende

Für den Fall, dass Sie darauf aufmerksam werden, dass Studierende Unterstützung benötigen, haben wir nachfolgend auch noch einige Angebote der Universität gesammelt, die sich spezifisch an Studierende richten und auf die Sie gerne verweisen oder in Ihren Syllabus aufnehmen können.

Literaturverzeichnis

Verwendete Literatur

Irmen, L. & Linner, U. (2005). Die Repräsentation generisch maskuliner Personenbezeichnungen. Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology, 213

(3), 167–175. doi.org/10.1026/0044-3409.213.3.167

Kirkinis, K., Pieterse, A. L., Martin, C., Agiliga, A. & Brownell, A. (2021). Racism, racial discrimination, and trauma: a systematic review of the social science literature. Ethnicity & Health, 26

(3), 392–412. doi.org/10.1080/13557858.2018.1514453

Koning, R., Samila, S. & Ferguson, J.‑P. (2021). Who do we invent for? Patents by women focus more on women's health, but few women get to invent. Science (New York, N.Y.), 372

(6548), 1345–1348. doi.org/10.1126/science.aba6990

Lawner, E. K., Quinn, D. M., Camacho, G., Johnson, B. T. & Pan-Weisz, B. (2019). Ingroup role models and underrepresented students’ performance and interest in STEM: A meta-analysis of lab and field studies. Social Psychology of Education, 22

(5), 1169–1195. doi.org/10.1007/s11218-019-09518-1

Malouff, J. M. & Thorsteinsson, E. B. (2016). Bias in grading: A meta-analysis of experimental research findings. Australian Journal of Education, 60

(3), 245–256. doi.org/10.1177/0004944116664618

Stahlberg, D. & Sczesny, S. (2001). Effekte des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen. Psychologische Rundschau, 52

(3), 131–140. Zugriff am 06.09.2021. Verfügbar unter: de.fh-muenster.de/gleichstellung/downloads/Generisches_Maskulinum_Stahlberg.pdf