Porträts von Zeitzeuginnen und –zeugen aus dem Projekt „Generation 1975 – Mit 14 ins neue Deutschland“. Bild: KRRO

Für und Wider von Zeitzeugen im Geschichtsunterricht

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert an der Universität Konstanz Nachfolgestudie von Juniorprofessorin Christiane Bertram

Zeitzeugen haben im Geschichtsunterricht positive Auswirkungen auf die Motivation der Schülerinnen und Schüler und somit auch auf deren Lernerfolg. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sich die jungen Menschen von der „Aura“ der Zeitzeugen überwältigen lassen, worunter ihre kritische Distanz zu dem Erzählten leiden kann. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert nun eine Wirksamkeitsstudie der Juniorprofessorin Dr. Christiane Bertram von der Binational School of Education (BiSE) der Universität Konstanz, in der die Effekte der Arbeit mit Zeitzeugen untersucht werden. Den Auftakt des Projektes, das von 2020 bis 2023 mit gut 200.000 Euro gefördert wird, macht ein Workshop am 19. und 20. März 2020 an der Universität Konstanz, der wiederum mit einem öffentlichen Vortrag des renommierten Historikers und Geschichtsdidaktikers Prof. Dr. Jörn Rüsen eingeleitet wird. 

Jörn Rüsen spricht am 19. März 2020 über „Die Macht des Menschlichen. Leistung und Grenzen der Zeitzeugenschaft“. Der Vortrag wird in Hörsaal A 702 stattfinden und um 18 Uhr beginnen.  

Dass Zeitzeuginnen und -zeugen im Geschichtsunterricht eine ambivalente Rolle spielen, ergab eine vorausgegangene Interventionsstudie, die Christiane Bertram im Rahmen ihres Dissertationsprojektes durchgeführt hat. „Es ist wichtig, Merkmale für effektiven Zeitzeugenunterricht zu identifizieren und empirisch bewährte Fortbildungsangebote zu entwickeln“, sagt die Juniorprofessorin für Fachdidaktik in den Sozialwissenschaften.  

In der nun von der DFG geförderten Wirksamkeitsstudie werden geschulte Lehrkräfte in ihrem Unterricht zum Thema „Lernen aus der deutsch-deutschen Geschichte“ mit Zeitzeuginnen und -zeugen des Videoprojekts „Generation 1975 – Mit 14 ins neue Deutschland“ arbeiten. Die darin befragten Personen sind in Baden-Württemberg, Brandenburg sowie Ost- und Westberlin aufgewachsen und werfen sehr unterschiedliche Blicke auf die DDR, die alte BRD und das wiedervereinte Deutschland.  

Der vorgeschaltete Workshop wird Fachpersonen zusammenführen aus der Geschichtswissenschaft, Fachdidaktik und Geschichtskultur, der Bildungsforschung und der zentralen Lehrerfortbildung in Baden-Württemberg, die die Unterrichtseinheit gemeinsam vorbereiten. Diese soll im Schuljahr 2021/2022 in insgesamt 72 baden-württembergischen Klassen der neunten Jahrgangsstufe durchgeführt werden.  

In einem Teil der Stichprobe wird ein Zeitzeuge oder eine Zeitzeugin in die Klasse kommen und direkt befragt werden. In einer weiteren Teilgruppe arbeiten die Schülerinnen und Schüler mit den Video-Interviews. In der dritten Gruppe, der Kontrollgruppe, wird das Thema „Deutsch-deutsche Teilungsgeschichte“ wie gewohnt auf der Basis des Schulbuchs unterrichtet. „Wir werden untersuchen, ob es hinsichtlich des Lernens und der Motivation der Schülerinnen und Schüler einen Unterschied ausmacht, ob sie mit einem lebendigen oder einem Zeitzeugen im Video oder mit dem Schulbuch arbeiten“, sagt Projektleiterin Christiane Bertram.  

Das Projekt ist eine Kooperation der Binational School of Education der Universität Konstanz und des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen.

Faktenübersicht:

  • Studie „Kompetenzerwerb mit Zeitzeugen im Geschichtsunterricht: Aus der deutsch-deutschen Teilungsgeschichte lernen“ an der Universität Konstanz wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
  • Förderung von März 2020 bis Februar 2023 mit insgesamt 200.000 Euro
  • Erarbeitung eines Fortbildungsangebots für Lehrpersonen, das in 72 baden-württembergischen Klassen der neunten Jahrgangsstufe getestet wird
  • Auftakt durch Workshop am 19. und 20. März 2020 an der Universität Konstanz
  • Interviews mit Fachpersonen des Workshops können auf Anfrage per E-Mail an christiane.bertram@uni-konstanz.de vermittelt werden.