Vom sehr Kleinen bis zum ganz Großen

Siebte Wolfgang-Iser-Lecture des Konstanzer Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Der international renommierte Literaturprofessor Prof. Dr. Franco Moretti hält am Montag, 13. Juli 2014, die diesjährige Wolfgang-Iser-Lecture mit dem Titel „Micromégas: the very small, the very large, and the space of digital humanities“. Die Veranstaltung in englischer Sprache wird um 19 Uhr im Senatssaal der Universität Konstanz (Raum V 1001) stattfinden.

Mit dem Ausdruck Micromégas, der die griechischen Wörter für „klein“ und „groß“ verbindet, will Moretti die vergleichsweise junge Forschungsrichtung der Digital Humanities („digitale Geisteswissenschaften“) charakterisieren. „Ein Verfahren, in dem sehr kleine Einheiten sich zu einem einzigen sehr großen System zusammenfügen, ist inzwischen typisch für die Digital Humanities, fast ein Markenzeichen ihrer Herangehensweise an Literatur“, erklärt der Literaturprofessor, der an der amerikanischen Standford University forscht und lehrt.

Die Besonderheit der interdisziplinär ausgerichteten Digital Humanities ist, dass sie computergestützte Verfahren und digitale Ressourcen auf geistes- und kulturwissenschaftliche Forschungsgebiete anwenden. Durch diesen Zugang versprechen sich die Forschenden neue Erkenntnisse. Anders als bei traditionellen Textinterpretationen erhalten laut Moretti besonders kleine Einheiten und extrem große Quantitäten in den Digital Humanities besondere Aufmerksamkeit. In seinem Vortrag widmet er sich einigen übergreifenden Fragen, die sich aufgrund dessen im Bereich der Literaturwissenschaft stellen: Was heißt es, Literatur unter diesen neuen Koordinaten zu erforschen? Wie wandelt sich Literatur, wenn sie heruntergebrochen wird auf Tabellen und Diagramme?

Einmal im Jahr wird an der Universität Konstanz in Erinnerung an den renommierten Konstanzer Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Iser ein Vortrag gehalten – die nach ihm benannte Wolfgang-Iser-Lecture. Neben damaligen Mitgliedern der von Iser mitgeprägten Forschergruppe Poetik und Hermeneutik kommen Wissenschaftler zu Wort, die heute eine ähnlich richtungsweisende Stellung in der geisteswissenschaftlichen Forschung innehaben. Moretti hat den Begriff des „distant reading“ geprägt. Dabei werden große Textmengen mit quantitativen und statistischen Methoden erfasst, im Gegensatz zum herkömmlichen „close reading“, mittels dessen geringere Textmengen detailliert und qualitativ betrachtet werden.

Die Wolfgang-Iser-Lecture wird vom Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz organisiert und gefördert. Sie steht allen Interessierten offen.

Weitere Informationen unter: www.exzellenzcluster.uni-konstanz.de