Universität Konstanz hat Jan Hendrik Schön zu Recht den Doktorgrad entzogen

Presseinformation Nr. 99 vom 15. September 2011

Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bestätigt Unwürdigkeit aufgrund schwerwiegenden wissenschaftlichen Fehlverhaltens

Die Universität Konstanz hat Jan Hendrik Schön 2004 zu Recht den Doktorgrad entzogen. Zu diesem Urteil kam am Mittwoch, 14. 9. 2011, der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg. Damit widerspricht der VGH dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. 9. 2010, das eine Rechtsgrundlage für einen Entzug des Doktorgrades nicht gegeben sah. „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim ist ein klares Bekenntnis zu den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis. Es wurde herausgestellt, dass das Vertrauen in unabdingbare wissenschaftliche Prinzipien wie die Echtheit und die Dokumentation von Originaldaten sowie die Reproduzierbarkeit experimenteller Ergebnisse unbedingt zu schützen ist. Dass dies vom Gericht bestätigt worden ist, freut mich sehr“, so Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, Rektor der Universität Konstanz.

Im Gegensatz zum Freiburger Urteil argumentiert das höherinstanzliche Gericht, dass der Begriff der Unwürdigkeit auch wissenschaftsbezogen ausgelegt werden könne. Wie Richter Reinhard Schwan in seiner mündlichen Urteilsbegründung ausführte, werde der Führende eines Doktorgrades als Mitglied der Wissenschaftsgemeinde ausgewiesen. Damit werde ihm nicht nur die Befähigung zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit bestätigt, sondern darüber hinaus ein erhöhter Vertrauensvorschuss entgegengebracht. Das Gericht betonte, dass der Doktorgrad nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten entzogen werden könne, das im Fall der Fälschung von Forschungsergebnissen vorliege. Bei einem Wissenschaftler, so der Tenor des Urteils, müssen die Standards wissenschaftlichen Arbeitens vorausgesetzt werden. „Hier wurde gegen allgemeine Grundsätze verstoßen“, sagte Richter Reinhard Schwan. Das Jan Hendrik Schön zur Last gelegte wissenschaftliche Fehlverhalten zweifelte das Gerichtsurteil nicht an.

Jan Hendrik Schön erhielt im Juni 2004 von der Universität Konstanz die Aufforderung, seine ihm im Jahr 1998 verliehene Promotionsurkunde zurückzugeben. Zuvor hatte die so genannte Beasley-Kommission der Bell Laboratories (New Jersey, USA), des damaligen Arbeitgebers von Jan Hendrik Schön, als Ergebnis einer Untersuchung in 16 Fällen wissenschaftliches Fehlverhalten des Physikers dokumentiert. Ende September 2002 wurde Jan Hendrik Schön von den Bell Laboratories entlassen. Der Promotionsausschuss der Universität Konstanz beschloss im Januar 2004, ihm den Doktorgrad zu entziehen. Der Promotionsausschuss stützte seine Entscheidung auf den Abschlussbericht der Beasley-Kommission sowie die Ergebnisse eines Ausschusses der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der universitären Kommission „Verantwortung in der Wissenschaft“ und eigenen Untersuchungen. 2004 legte Jan Hendrik Schön Widerspruch ein, 2009 reichte er Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg ein, der stattgegeben wurde. Das Freiburger Urteil wurde mit der Entscheidung vom 14. 9. 2011 aufgehoben. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Nähere Ausführungen zum Urteil: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Nr. 39 vom 14. 9. 2011