(Oberer Teil der Abbildung) Schematische Darstellung der Steuerung der magnetischen Anisotropie durch selektives Anregen von Phononen (blau) und 4f-Elektronen (rot). (Unterer Teil der Abbildung) Die nach der Laserbestrahlung im mittleren Infrarotbereich gemessene Spindynamik zeigt einen sofortigen Beginn der Reorientierung, wenn der Laser auf den elektronischen 4f-Übergang abgestimmt ist (rot), während die ultraschnelle Erwärmung des Phononensystems (blau) zu einem verzögerten Beginn führt, der die vergleichsweise langsame Energieübertragung an das Spinsystem widerspiegelt. © University of Tokyo, Universität Konstanz, Osaka University

Ultraschnelles Umschalten von Magneten per Laser

Physiker der Universität Konstanz demonstrieren zusammen mit Kollegen aus Japan die ultraschnelle elektronische Steuerung magnetischer Anisotropie durch Licht im mittleren Infrarotbereich.

Mithilfe intensiver Laserpulse im mittleren Infrarotbereich kann die magnetische Anisotropie – die Vorzugsrichtung der Magnetisierung – in der chemischen Klasse der Orthoferrite beeinflusst werden. Eine Untersuchung der ultraschnellen Dynamik dieses Vorgangs durch ein internationales Forschungsteam aus Konstanz, Tokyo und Osaka, die in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht wurde, zeigt nun, dass elektronische Anregung und Anregung des Kristallgitters hierbei unterschiedliche Effekte haben. Dies könnte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung schnellerer Speichermedien spielen.

Die Spinrichtung als physikalische Entsprechung eines Bits

Eine der wichtigsten Aufgaben in der modernen Informationstechnologie ist die Steuerung der Spinrichtungen und damit der Magnetisierung in Festkörpern, da die Ausrichtung der Spins im Magnetspeicher die physikalische Entsprechung eines Bits ist – der kleinsten möglichen Datenmenge. Festplattenlaufwerke und großvolumige Magnetspeicher auf dem derzeitigen Stand der Technik, wie sie in großen Rechenzentren verwendet werden, erfordern zeitlich gesehen, dass die Magnetisierung ihre Richtung im Bereich von Nanosekunden (einer milliardstel Sekunde) wechselt, was einer Frequenz im Gigahertz-Bereich entspricht.

Die wachsende Nachfrage nach schnelleren Schreibgeschwindigkeiten hat die Forschung dazu veranlasst, sich intensiv mit optischen Techniken unter Verwendung von Femtosekunden-Laserpulsen zu beschäftigen. Das sind Lichtpulse, deren Dauer wiederum einem winzigen Bruchteil einer Nanosekunde entspricht. Dadurch könnten theoretisch Speicherraten im Tera- und sogar Petahertz-Bereich erreicht werden – also bis zu eine Million Mal höher, als bei herkömmlichen Speichermedien.

Gezielte Anregung einzelner Teilsysteme per Laser

Wenn, wie in vorherigen Experimenten, sehr kurze intensive Laserpulse im Nahinfrarotbereich in Magneten absorbiert werden, findet ein komplexer Energieaustausch zwischen dem elektronischen System, dem Spin-System und dem Kristallgitter-System des Magneten statt, der zu einer Änderung der magnetischen Anisotropie führt. Für die Verwirklichung effizienter und ultraschneller magnetischer Datenspeicher mit Schreibdauern im Femtosekunden-Bereich ist es unabdingbar, zu verstehen, wie solche internen Energieübertragungen zwischen den Teilsystemen durch ultraschnelle Anregung mit Laserlicht zu einer Änderung der magnetischen Anisotropie führen.

Durch eine geschickte Wahl der Wellenlänge des Laserpulses im mittleren Infrarotbereich ist es möglich, gezielt einzelne dieser Teilsysteme anzuregen. In ihrer aktuellen Studie haben die Forschenden aus Deutschland (Universität Konstanz) und Japan (University of Tokyo und Osaka University) am Beispiel des Samarium-Erbium-Orthoferrits (Sm0.7Er0.3FeO3) gezeigt, dass die selektive Anregung des elektronischen beziehungsweise des Kristallgitter-Systems von Orthoferriten – einer Klasse schwach ferromagnetischer Materialien – zu deutlich unterschiedlichen Zeitverläufen bei der Veränderung der magnetischen Anisotropie führt.

Schnellere Änderung der Spinrichtung bei Anregung des elektronischen Systems

Allgemein weist Samarium-Erbium-Orthoferrit einen sogenannten Spin-Reorientierungs-Übergang (SRT) auf, bei dem es ab einer bestimmten Temperatur zu einer Änderung der Spinrichtung kommt. Durch Bestrahlung einer Probe des Materials mit einem intensiven Femtosekunden-Laserpuls im mittleren Infrarotbereich, der auf eine Schwingungsfrequenz des Kristallgitters (Phononenfrequenz) abgestimmt ist und dieses anregt, und die Untersuchung der ultraschnellen Dynamik der Spin-Reorientierung wurde festgestellt, dass der SRT unter diesen Bedingungen verzögert einsetzt. In diesem Fall begrenzt die relativ langsame Energieübertragung des Kristallgitters an das Spinsystem dessen Dynamik. Im Gegensatz dazu wurde bei der gezielten Anregung des elektronischen Systems – genauer des sogenannten 4f-Übergangs der dreifach positiv geladenen Samarium-Ionen – festgestellt, dass der SRT hier ohne Verzögerung einsetzt.

Dieses Ergebnis zeigt, dass bei einer gezielten Anregung des elektronischen Systems durch Laser-Pulse die magnetische Anisotropie des Orthoferrits durch rein elektronische Veränderungen modifiziert wird, ohne dass übermäßige Wärme in das Gittersystem abgegeben wird. Die Daten deuten außerdem darauf hin, dass die Dauer dieser ultraschnellen Anisotropieänderung im zweistelligen Femtosekunden-Bereich liegt – also viel kürzer als die der Spindynamik selbst. Somit könnten auf den 4f-Übergang abgestimmte Laser ein ultraschnelles "Triggern" der Magnetisierungsumschaltung in zukünftigen Spintronik-Bauteilen ermöglichen, die im Femtosekunden-Bereich arbeiten.

"Der Einfluss der ultraschnellen Gittererwärmung als Folge einer Anregung mit Infrarot-Lasern ist bereits in der Vergangenheit umfassend untersucht worden", sagt Dr. Takayuki Kurihara, der die Studie leitete. "Unsere Studie ist jedoch die Erste, welche die Rolle der Gitter- und elektronischen Systeme für die ultraschnelle magnetische Anisotropie klar auf der Femtosekunden-Skala unterscheiden konnte."

Da Übergangsmetallverbindungen, die Seltene Erden enthalten, zu den am häufigsten verwendeten Magneten in der heutigen Zeit gehören, dürfte das in der Studie aufgezeigte Schema den Weg für eine neue nichtthermische Möglichkeit zur ultraschnellen Steuerung der Spindynamik in einer wichtigen Materialklasse ebnen.

Der Text basiert auf der Original-Pressemitteilung, die von der Osaka University verfasst wurde.

Faktenübersicht:

  • Originalstudie: Gabriel Fitzky, Makoto Nakajima, Yohei Koike, Alfred Leitenstorfer, and Takayuki Kurihara (2021) Ultrafast control of magnetic anisotropy by resonant excitation of 4f electrons and phonons in Sm0.7Er0.3FeO3. Physical Review Letters. DOI: 10.1103/PhysRevLett.127.107401
  • Untersuchung zur ultraschnellen Steuerung der magnetischen Anisotropie – der Vorzugsrichtung der Magnetisierung – in einem Orthoferriten (Sm0.7Er0.3FeO3) per Infrarot-Laser.
  • Gezielte Anregung einzelner Untersysteme des magnetischen Festkörpers mithilfe von Laser-Pulsen im mittleren Infrarotbereich zeigt schnelleren Zeitverlauf der Veränderung der magnetischen Anisotropie bei Anregung des elektronischen Systems im Vergleich zur Anregung des Gittersystems.
  • Die selektive Anregung des elektronischen Systems könnte ein ultraschnelles "Triggern" der Magnetisierungsumschaltung in zukünftigen Bauteilen für schnellere und effizientere Datentechnologien ermöglichen.
  • Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) durch den SFB 1432, Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) und Zukunftskolleg der Universität Konstanz