Magnetismus mit Folgen

Presseinformation Nr. 13 vom 30. Januar 2015

Konstanzer Physiker erbringen Nachweis für magnetische Eigenschaften von Platin auf der atomaren Skala

Im makrophysikalischen Bereich ist Platin ein sogenannter Paramagnet. Es lässt sich wie Stahl von Magneten anziehen, besitzt selbst jedoch keine magnetische Ordnung. Physiker der Universität Konstanz können nun indirekt nachweisen, dass Platin im Gegensatz dazu im atomaren Bereich durchaus über eigenen Magnetismus verfügt. Sie beschreiben fünf Indizien, die eindeutig auf eine magnetische Ordnung schließen lassen. Interessant ist dieser Nachweis eines nanoskopischen Magnetismus für die Informationsverarbeitung, aufgrund der damit verbundenen Möglichkeit, zum Beispiel Datenspeichereinheiten weiter zu verkleinern. Die Ergebnisse der experimentellen Studie sind in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Nature Communications“ nachzulesen.


Florian Strigl

Nanoskopische Magnete spielen für die Datenspeicherung, die zum Beispiel bei Festplatten ebenfalls aufgrund magnetischer Informationen funktioniert, eine große Rolle. Konventionelle Materialien kommen bei der Verkleinerung der Speicherelemente an ihre Grenzen, da sie im atomaren Bereich und bei Zimmertemperatur unmagnetisch werden. Bei Platin hingegen nimmt die Tendenz zur magnetischen Ordnung umgekehrt zur Größe zu, so dass die magnetische Ordnung auch bei Zimmertemperatur erhalten bleiben sollte. Dies wurde bereits seit langem theoretisch vorhergesagt. Allerdings fehlte bislang ein experimenteller Nachweis.

Unter der Leitung der Experimentalphysikerin Prof. Dr. Elke Scheer und des Nachwuchsgruppenleiters Dr. Torsten Pietsch wurde ein Experiment realisiert, das über eine Indizienbeweisführung diesen Nachweis liefert. Angefangen von Doktorand Florian Strigl in seiner Diplomarbeit und unter seiner Betreuung experimentell weitergeführt von Christopher Espy und Maximilian Bückle wurden Platinproben bei tiefen Temperaturen untersucht.

Zentrales Element der Proben ist hierbei eine atomar feine „Perlenkette“ bestehend aus bis zu fünf hintereinander aufgereihten Platinatomen, die sich zwischen konisch zulaufenden Platinelektroden befindet. Daran wurde der elektrische Widerstand der Proben in Abhängigkeit der Richtung und der Stärke eines von außen angelegten Magnetfeldes untersucht. Die Physiker erhielten auf diese Weise sogenannte Magneto-Transport-Kurven, anhand derer man auf magnetische Eigenschaften schließen kann. Bei der experimentellen Studie traten fünf unterschiedliche Effekte auf, die jeder für sich als Indiz für Magnetismus gelten. Eines dieser beobachteten Indizien ist das Auftreten einer sogenannten Hysterese, die auch für Ferromagneten mit großem Volumen typisch ist. Mit diesen Ergebnissen hoffen die Konstanzer Physiker, weitere Impulse und Vergleichsgrundlagen für die Verfeinerung der theoretischen Modelle zu liefern.

Darüber hinaus verspricht der Umstand, dass der Stromtransport durch die magnetische Ordnung der atomaren Platinkette beeinflusst wird, einen weiteren Vorteil. Die daraus resultierenden sogenannten spinpolarisierten elektronischen Ströme spielen für die Anwendung in der Datenspeicherung ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Den direkten Beweis der magnetischen Eigenschaften von Platin im atomaren Bereich werden die Konstanzer Physiker nicht in Angriff nehmen. „Wir wollen schauen, ob zum Beispiel auch Palladium und Iridium diese magnetische Eigenschaft im atomaren Bereich besitzen. Für beide Elemente, die ebenfalls als elektronische Bauelemente zum Einsatz kommen könnten, gibt es ebenfalls solche theoretischen Vorhersagen“, sagt Elke Scheer. Noch nicht geklärt ist außerdem, wie weit der magnetisch geordnete Bereich in die Elektroden hineinreicht und bis zu welchem Durchmesser der Kette Platin diese magnetische Eigenschaft besitzt. Die von Florian Strigl entwickelte Methode soll auch dazu beitragen, diese für eventuelle Anwendungen zentrale Frage zu klären.


Originalpublikation
:
Florian Strigl, Christopher Espy, Maximilian Bückle, Elke Scheer, Torsten Pietsch: Emerging Magnetic Order in Pt Atomic Contacts and Chains (DOI: 10.1038/ncomms7172)