Innenhof und Ausblick auf die Mainau
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Karrieren in der Wissenschaft: Der Weg zu mehr Verlässlichkeit

Bessere Rahmenbedingungen für Wissenschaftskarrieren: Universität Konstanz legt Modell für attraktivere und verlässlichere Karrierewege vor.

In der aktuellen Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und Initiativen wie #IchbinHanna kommt klar zum Ausdruck: Die strukturellen Rahmenbedingungen für Wissenschaftskarrieren in Deutschland müssen verbessert werden. Ein Modell, wie dies in die Praxis umgesetzt werden kann, hat nun die Universität Konstanz auf den Weg gebracht. Ihr Konzept „Attraktive und verlässliche Karrierewege für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ wurde am 5. Juli 2023 vom Senat der Universität verabschiedet.

„An der Universität Konstanz herrscht Konsens darüber, dass wir den strukturellen Rahmen für Wissenschaftskarrieren reformieren müssen. Wir streben einen langfristigen Kulturwandel an und beginnen nun aktiv den Prozess der Umgestaltung. Uns geht es um eine stärkere Verlässlichkeit wissenschaftlicher Karrierewege und zugleich eine frühere Weichenstellung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Promotion“, erklärt Malte Drescher, Prorektor für Forschung, Karriereentwicklung und Forschungsinfrastruktur der Universität Konstanz. „Damit sind wir attraktiv für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit der Universität.“

Das Konstanzer Modell zielt auf Kernprobleme von Wissenschaftskarrieren in Deutschland: Kurze Vertragsbefristungen bieten jungen Wissenschaftler*innen wenig Planungssicherheit – in einem Lebensabschnitt, in dem häufig Familiengründungen stattfinden. Ebenfalls problematisch: Wenn die Professur nicht erreicht wird, erfolgt der Wechsel in andere Berufsfelder vielfach spät und gestaltet sich schwierig. Die Universität Konstanz adressiert mit ihrem Modell für attraktive und verlässliche Karrierewege diese und auch weitere Herausforderungen.

Kürzere Qualifizierungsphasen mit mehr Verlässlichkeit

Ein zentraler Gedanke des Modells ist die Verkürzung der Qualifizierungsphasen bei gleichzeitig erhöhter Verlässlichkeit und gezielter Unterstützung für frühzeitige Karriereentscheidungen. Es setzt seinen Fokus auf drei Phasen der wissenschaftlichen Karriere: (1) die Promotion, (2) die Postdoc-Phase, und (3) den Weg zur Professur bzw. zur langfristigen wissenschaftlichen Tätigkeit. Für diese gestaltet das Konstanzer Modell innovative, realistische Lösungen innerhalb der bestehenden gesetzlichen sowie finanziellen Rahmenbedingungen.

  1. Bei Promotionsstellen wird mehr Planungssicherheit für die Doktorand*innen geschaffen. Daher gelten künftig Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren als Regelbefristung bei Haushaltsstellen. Promotionen auf Drittmittelstellen und durch Stipendien werden durch gezielte Maßnahmen gefördert: So können „Kredite“ aus zentralen Haushaltsmitteln dazu dienen, temporäre Lücken bei der Finanzierung von dreijährigen Drittmittelstellen zu schließen.
  2. Auch in der Postdoc-Phase folgt das Konstanzer Modell dem Kerngedanken, mehr Verlässlichkeit zu schaffen und den zeitlichen Rahmen in angemessenem Maße zu verkürzen. Die Universität Konstanz unterstützt eine strukturell frühere Weichenstellung der weiteren wissenschaftlichen – oder außerwissenschaftlichen – Karrieren. „Das A und O ist, dass unsere Wissenschaftler*innen in dieser Phase intensiv begleitet werden – durch Informationen sowie Beratung und Coaching zu Karrierefragen und zu alternativen Karrierewegen außerhalb der Wissenschaft. Eine Transparenz über wissenschaftliche Karrierechancen ist maßgeblich für eine gut informierte Karriereentscheidung“, verdeutlicht Malte Drescher.
  3. Für die Zeit nach der Postdoc-Phase schaffen die Konstanzer Karrierewege zukünftig mehr Verlässlichkeit durch den Ausbau von kompetitiven Tenure Track-Professuren einerseits und von unbefristeten wissenschaftlichen Stellen für spezifische Aufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftstransfer andererseits. Dafür wird von den jeweiligen Fachbereichen deren Stellenstruktur überarbeitet und neu konzipiert. Auch die Habilitation wird in enger Zusammenarbeit mit den Fachbereichen neu ausgestaltet.

„Mit diesen Maßnahmen, die in einem gemeinschaftlichen Prozess an unserer Universität erarbeitet werden, schaffen wir faire Chancen und klar umrissene Karriereperspektiven für Promovierende und Postdocs“, unterstreicht Drescher.

Rollenmodell für notwendige Reformen

„Ich bin stolz darauf, dass wir an der Universität Konstanz einen Weg zu realistischen Lösungen vorangehen, um wissenschaftliche Karrierewege attraktiver und verlässlicher zu machen. Als junge Reformuniversität mit wandlungsfähigen Strukturen haben wir den Anspruch und die Möglichkeit, neue Konzepte zu erproben und dadurch Verbesserungen anzustoßen, die auch über unsere Universität hinauswirken. Unser Konzept wird uns auch im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe stärken“, betont Katharina Holzinger, Rektorin der Universität Konstanz. Die Universität am Bodensee hat eine langjährige Erfolgsgeschichte, wenn es um innovative Konzepte in der Nachwuchsförderung geht: sei es das Zukunftskolleg, der Young Scholar Fund oder die frühe Einführung von Juniorprofessuren und Tenure Track, die heute flächendeckend in Deutschland eingerichtet werden.

Faktenübersicht:

  • Konzept „Attraktive und verlässliche Karrierewege für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ der Universität Konstanz: https://www.uni-konstanz.de/forschen/akademische-karriereentwicklung/attraktive-und-verlaessliche-karrierewege/
  • Beschlossen vom Senat der Universität Konstanz am 5. Juli 2023
  • Fokus auf drei Phasen der wissenschaftlichen Karriere: (1) die Promotion, (2) die Postdoc-Phase, (3) den Weg zur Professur bzw. zur langfristigen wissenschaftlichen Tätigkeit
  • Leitgedanken: stärkere Verlässlichkeit wissenschaftlicher Karrierewege, zugleich eine frühere Weichenstellung für Wissenschaftler*innen nach der Promotion und gezielte Unterstützung für frühzeitige Karriereentscheidungen
  • Gestaltung innovativer und realistischer Lösungen innerhalb des bestehenden gesetzlichen sowie finanziellen Rahmens