Dr. Marcelle Janina Gatter (links) von der Universität Konstanz nimmt die Urkunde zum Förderpreis aus den Händen des stellvertretenden Südwestmetall-Vorsitzenden Reiner Thede entgegen. Foto: Eppler

In der Zwickmühle

Südwestmetall-Förderpreis für Konstanzer Dissertation über Mitarbeiterbefragungen bei unternehmensinternen Ermittlungen

Dr. Marcelle Janina Gatter erhielt in Stuttgart den Südwestmetall-Förderpreis 2017. Die Juristin wurde in Anwesenheit des stellvertretenden Südwestmetall-Vorsitzenden Reiner Thede und – in Vertretung der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer –des Ministerialdirektors Ulrich Steinbach für ihre Dissertation über unternehmensinterne Ermittlungen ausgezeichnet, die sie an der Universität Konstanz verfasste. Sie ist eine von neun Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus Baden-Württemberg, denen in einer feierlichen Veranstaltung in Stuttgart der Förderpreis des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall verliehen wurde.

Mit dem Förderpreis werden herausragende Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses an den neun baden-württembergischen Landesuniversitäten gefördert, die für die industrielle Arbeitswelt oder deren sozialpolitische Rahmenbedingungen von Bedeutung sind Der Preis ist mit je 5.000 Euro dotiert.

Die Arbeit, die bereits als Buch erschienen ist, werde „sicher erhebliche Beachtung in Wissenschaft und Praxis finden“, schreibt Prof. Dr. Hans Theile, Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Kriminologie an der Universität Konstanz und Betreuer der Doktorarbeit von Marcelle Janina Gatter. „Die Ausgestaltung von Mitarbeiterbefragungen bei unternehmensinternen Ermittlungen und die Selbstbelastungsfreiheit – Eine rechtstheoretische und rechtsdogmatische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Belehrungen“, so der vollständige Titel der Arbeit, behandelt private Aufklärungsbemühungen durch Unternehmen im eigenen Unternehmen, die aus den USA bekannt sind.

Sie werden jedoch zunehmend auch für deutsche Unternehmen relevant, da diese vermehrt in den Fokus der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden geraten und auch deutsche Behörden angesichts knapper werdender Ressourcen „immer mehr Gefallen an dem Instrument der unternehmensinternen Ermittlung“ fänden, so Gatter.

Erfährt beispielsweise die amerikanische Börsenaufsicht von Bestechungsvorwürfen an ein amerikanisches Unternehmen, prüft sie zunächst die Vorwürfe. Anstatt jedoch wie eine deutsche Behörde die Sache selbst aufzuklären, wendet sie sich an das Unternehmen, von dem erwartet wird, dass es die Aufklärung selbst übernimmt. Dieses muss eine sogenannte Vertrauenskanzlei beauftragen und selbst bezahlen. Das Unternehmen wird möglichst komplett auf den Kopf gestellt. Für die Unternehmensmitarbeiter sind diese unternehmensinternen Untersuchungen gefährlich. Nach in Deutschland vorherrschender Rechtsauffassung sind Arbeitnehmer in solch einem Fall komplett zur Auskunft über ihre Tätigkeit im Unternehmen verpflichtet, selbst dann, wenn sie sich selbst einer Straftat bezichtigen müssten.

In diesem Fall droht ihnen zum einen die Kündigung durch das Unternehmen, zum anderen strafrechtliche Sanktionen, sobald die Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. Nach vorherrschender Rechtsauffassung soll hier die „Selbstbelastungsfreiheit“ nicht gelten. Gatter, die aktuell als Rechtsreferendarin am Landgericht Stuttgart tätig ist, nutzt für die Beantwortung der Frage, wie dieser Interessenskonflikt zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Strafverfolgungsbehörden rechtlich aufzulösen ist, auch rechtstheoretische und rechtstatsächliche Überlegungen. Sie kommt zum Schluss, dass ein Schweigerecht wesentlich von einer Interessenabwägung im Einzelfall abhängt. Auch könne ein Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren bestehen.