Ein Netz aus Signalen
Presseinformation Nr. 142 vom 3. Dezember 2013
Neue trinationale Forschergruppe zum Thema apoptotischer Zelltod wird an der Universität Konstanz koordiniert
Das Gleichgewicht zwischen Zelltod und Zellwachstum ist entscheidend für sehr viele Prozesse, die das Leben eines Organismus bestimmen. Was sind die Signale, die dazu führen, dass diese Balance aus dem Gleichgewicht kommt? Die trinationale Forschergruppe "New insights into the Bcl-2 family: from biophysics to Function", die an der Universität Konstanz koordiniert wird, wird sich ab Beginn 2014 dieser zentralen Fragestellung mit dem Fokus auf einer Gruppe von Molekülen, der sogenannten Bcl-2-Familie widmen. Unter der Koordination des Sprechers Prof. Dr. Thomas Brunner, Professor für Biochemische Pharmakologie an der Universität Konstanz, untersuchen neun Teilprojekte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie die einzelnen Moleküle der Bcl-2-Familie im Fall des sogenannten apoptotischen Zelltods interagieren und wie sich dies auf mögliche Therapien auswirken kann.
Apoptose ist eine spezielle Form von Zelltod, die eine wichtige Rolle in der normalen Gewebeumgestaltung spielt, aber auch in der Bekämpfung von Krebszellen. „Ob eine Zelle stirbt oder nicht, hängt damit zusammen, wie die tötenden und die schützenden Moleküle interagieren“, erklärt Thomas Brunner, der die durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), den österreichischen Wissenschaftsfond (FWF) und den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Forschergruppe koordiniert. Überwiegen beispielsweise während der Embryonalentwicklung zelltodfördernde Signale, stirbt der Embryo ab. Wenn auf der anderen Seite Zellen, die nicht mehr wachsen sollen, weiterwachsen, entsteht Krebs. Dass die Bcl-2-Familie den apoptotischen Zelltod reguliert, ist seit den 1970er Jahren bekannt. Die neue Forschergruppe geht ins Detail der Interaktionen, die von einer Vielzahl von netzartig zusammenhängenden Signalen bestimmt werden.
„Angefangen bei simplifizierten Analysemethoden auf biophysikalischer Ebene bis zu hochkomplexen Versuchen, in denen zum Beispiel die Bildung von Leukämie analysiert wird, versuchen wir im Konsortium das Wissen von diesen Interaktionen aufzubauen“, umreißt Thomas Brunner das methodische Konzept. Am Konstanzer Teilprojekt ist eigens der Bioinformatiker Prof. Dr. Tancred Frickey als Co-Leiter dafür zuständig, die gewonnenen Daten in ein Computermodell zu integrieren. „Wir bauen ein mathematisches Netzwerk auf, um diese hohe Komplexität der Signale mathematisch modellieren und so verstehen zu können“, so Thomas Brunner.
Sein eigenes Teilprojekt untersucht die „synergistische Induktion von Zelltod“, die großen Einsatz bei der Behandlung von Tumoren findet. Das zugrundeliegende Modellsystem besteht aus zwei chemotherapeutischen Substanzen, von denen angenommen wird, dass sie bei bestimmten Leberzellentumoren zwar nicht jede für sich, jedoch gemeinsam positive Wirkung zeigen können. Ziel des Projekts ist, auf der molekularen Ebene der Bcl-2-Familie zu verstehen, wie diese zwei verschiedenen Signale der Medikamente zum Tod der Tumorzellen führen.
Die Forschungsgruppe ist ein sogenanntes D-A-CH-Projekt, das gemeinsam von den nationalen Einrichtungen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung DFG, FWF und SNF mit rund drei Millionen Euro für zunächst drei Jahre gefördert wird. Auch mit ihrer zentralen geografischen Lage in Nachbarschaft zu Schweiz und Österreich realisiert die Universität Konstanz den Grundgedanken des D-A-CH-Projektes, Forschungsinteraktionen zwischen den drei Ländern optimal zu unterstützen. Neben dem Forschungsaspekt konnte der Antrag insbesondere mit der intensiven Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses punkten. In diesem Zusammenhang wurden neben den regelmäßigen Treffen des Wissenschaftskonsortiums insbesondere auch Gastaufenthalte in den Laboren der Kooperationspartner sowie die Förderung junger Wissenschaftlerinnen vereinbart.