Das Handy und die Politik
Presseinformation Nr. 124 vom 22. August 2012
Dr. Nils Weidmann wird im Rahmen des hoch renommierten Sofja Kovalevskaja-Preises an der Universität Konstanz über die Rolle der neuen Kommunikationstechnologien bei der Mobilisierung großer Menschenmengen forschen
Dr. Nils Weidmann
Die Universität Konstanz kann bereits zum dritten Mal einen Sofja Kovalevskaja-Preisträger begrüßen. Ab Oktober 2012 wird Dr. Nils Weidmann mit Unterstützung eines renommierten und mit rund 1,4 Millionen Euro dotierten Preises der Alexander von Humboldt-Stiftung für fünf Jahre an der Universität Konstanz forschen und lehren. Der Politikwissenschaftler, der derzeit noch mit einem Marie Curie Postdoctoral Fellowship am Peace Research Institute Oslo in Norwegen tätig ist, gehört „derzeit zu den eindrucksvollsten Forschern im Bereich Internationale Beziehungen und Vergleichende Politikwissenschaft“, wie sein Konstanzer Gastgeber Prof. Dr. Gerald Schneider hervorhebt. Nils Weidmann ist einer von 14 Preisträgern des alle zwei Jahre vergebenen Preises, einer der höchstdotierten wissenschaftlichen Auszeichnungen in Deutschland. In dieser Runde erhalten mit Nils Weidmann und einer Fachkollegin erstmals Politikwissenschaftler den 2002 ins Leben gerufenen Preis.
Mit dem Preisgeld wird Nils Weidmann an der Universität Konstanz im Rahmen des Zukunftskollegs eine Nachwuchsgruppe aufbauen. Er gehört zu einer Gruppe von Forschern, die auf dem Gebiet der Mikroanalyse politischer Konflikte Pionierarbeit geleistet haben. Weidmann, der vor seinem Studium und seiner Promotion an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich an der Universität Freiburg ein Informatikstudium absolvierte, schlägt ein innovatives Forschungsdesign für die Analyse der Rolle der neuen Kommunikationstechnologien bei der Mobilisierung großer Menschenmengen vor.
Viele Beobachter meinen angesichts von Entwicklungen wie dem „Arabischen Frühling“, dass moderne Kommunikationstechnologien hilfreich seien, Demokratisierungs- und Befriedungsprozesse der betroffenen Gesellschaften zu stärken. Tatsächlich ist es so, dass das Internet einerseits eine alternative Plattform bietet, wodurch die Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Gruppen verbessert werden kann. Andererseits aber erleichtern die modernen Kommunikationsmittel auch das kollektive Handeln, wodurch sich politisch motivierte Auseinandersetzungen verschärfen können.
Mit seinen Möglichkeiten der Analyse großer Datenmengen untersucht Nils Weidmann, welcher Effekt stärker ist und welche Rolle die neuen Kommunikationsmittel tatsächlich spielen. So sollen mittels neuartiger Methoden aus der Informatik neue Daten erhoben werden. Mit Informationen, die von Mobiltelefonen aufgezeichnet werden, soll beispielsweise auf die wirkliche Größe einer Protestkundgebung geschlossen werden. Darüber hinaus soll die Nachwuchsgruppe im Rahmen mehrerer Feldexperimente in Bosnien erforschen, wie moderne Kommunikationstechnologie Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen oder die Verbreitung von Informationen in einem sozialen Netzwerk beeinflussen kann.
Prof. Dr. Gerald Schneider, der seit 1997 am Fachbereich für Politik- und Verwaltungswissenschaft die Professur für Internationale Politik innehat, ist Nils Weidmanns Gastgeber an der Universität Konstanz. In den letzten Jahren haben Schneider und seine Arbeitsgruppe unter anderem Prognosemodelle für das Auftreten von bewaffneten Konflikten veröffentlicht und untersucht, wie sich politische Gewalt auf die Renditen auswirkt, die Anleger auf Finanzmärkten erzielen. Die Professur für Internationale Politik ist einer der wenigen Standorte in Deutschland, an dem quantitative Konfliktforschung betrieben wird.
Nils Weidmann, der im kommenden September den Heinz Eulau Award der American Political Science Association erhalten wird, war vor seiner Forschungstätigkeit in Oslo als Postdoktorand an der Woodrow Wilson School der Princeton University, USA, und am Jackson Institute der Yale University, USA, tätig. Seine Dissertation wurde sowohl mit einer Medaille der ETH Zürich als auch mit dem SIAF Award für die beste sozialwissenschaftliche Dissertation an der ETH und Universität Zürich des Jahres 2009 ausgezeichnet.
Mit dem Sofja Kovalevskaja-Preis soll es jungen internationalen Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ermöglicht werden, fünf Jahre an einem Ort ihrer Wahl in Deutschland ein eigenes Projekt durchzuführen. Davon soll sowohl der Forschungsstandort als auch der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland profitieren. Deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich ebenfalls bewerben, wenn sie seit mindestens fünf Jahren im Ausland forschen. Der Preis wird finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).