Luftaufnahme des Kinderhauses

Auswirkungen der Corona-Pandemie an Hochschulen durch Familienorientierung begrenzen

Vereinbarkeitsmaßnahmen der Universität Konstanz wurden in einer Publikation des CHE Centrum für Hochschulentwicklung als beispielhaft aufgegriffen

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie stellen Hochschulpersonal und Studierende mit Familienverantwortung vor große Herausforderungen. Die Universität Konstanz hat darauf früh reagiert und strukturelle sowie individuelle Maßnahmen für eine gute Vereinbarkeit auch unter den Bedingungen der Pandemie aufgebaut. Viele dieser Maßnahmen wurden in einer aktuellen Publikation des CHE Centrum für Hochschulentwicklung aufgegriffen, die am Mittwoch, 24. Februar 2021, veröffentlicht wurde.

Wie an vielen deutschen Hochschulen zählt Familienorientierung auch an der Universität Konstanz schon seit langem zu den zentralen Werten. Zahlreiche Unterstützungsangebote wie das Kinderhaus, die Notfallbetreuung, das Programm Wissenschaft mit Kind, eine zielgruppenspezifische Beratung und Förderformate wie flexible Arbeitsbedingungen für Eltern sind etabliert und werden sehr gut nachgefragt. Durch die coronabedingten Veränderungen und Einschränkungen wird die Vereinbarkeit von Beruf und Studium mit Familienaufgaben derzeit auf eine harte Probe gestellt. Die aktuelle Situation zeigt, unter welchem Druck eine Vielzahl der Professorinnen und Professoren, Mitarbeitenden und Studierenden mit familiären Pflege- oder Betreuungsaufgaben stehen. Sie fühlen sich während der Corona-Pandemie noch stärker belastet als zuvor. „Vor allem Frauen leisten nach wie vor den Großteil der Betreuungsaufgaben und erreichen etwa durch teilweise immer noch geschlossene oder nur eingeschränkt geöffnete Kindertagesstätten und Schulen zunehmend ihre Belastungsgrenzen“, so Tanja Edelhäußer, die stellvertretende Leiterin des Referats für Gleichstellung, Familienförderung und Diversity der Universität Konstanz.

In der Pandemie müssen die Hochschulen mit starken Ansätzen zur Familienorientierung reagieren. Auch das Rektorat der Universität Konstanz spricht sich ausdrücklich für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Studium mit Familienverantwortung aus. Der Kanzler und Familienbeauftragte im Rektorat, Jens Apitz, erläutert: „Diese schwierige Situation ist uns sowohl im Rektorat als auch in der Verwaltung sehr bewusst. Wir haben sehr früh mit flexiblen und zielgerichteten Maßnahmen zur Familienorientierung wie Homeoffice, Kinderbetreuung, Angebote für Lehrende und Regelungen für eine Berücksichtigung der Ausfallzeiten aufgrund der fehlenden Kinderbetreuung angesetzt. Unser Senat unterstützt eine Stellungnahme des Gleichstellungsrats, die auf die verschärfte Vereinbarkeitsproblematik aufmerksam machte. Er forderte zudem die Universitätsgremien auf, entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung vorzuschlagen.“  

Die Maßnahmen der Universität umfassen genauso die Entlastung von Eltern bei der Online-Lehre durch studentische Hilfskräfte wie gute Lösungen zur Kinderbetreuung. Zu den Maßnahmen gehören ebenfalls Vereinbarkeits-Rubriken bei den FAQs zum eingeschränkten Universitätsbetrieb und eine Handreichung zur Berücksichtigung von coronabedingten Einschränkungen bei Junior- und Tenure-Track-Professuren und Beamten. Darüber hinaus wurde eine Informationsseite zu Gleichstellung und Vereinbarkeit in der Wissenschaft während der Pandemie zusammengestellt.

Tanja Edelhäußer, die auch für das Programm „Wissenschaft mit Kind“ der Universität Konstanz zuständige Referentin, sieht noch Handlungsbedarf in der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung: „Eine Befragung unserer wissenschaftlichen Beschäftigten zeigt, dass insbesondere Postdoktorandinnen mit Kindern unter sehr großem Druck stehen. Nicht nur der sogenannte ‚Family Gap‘, sondern auch der ‚Gender Gap‘ steigt durch die Pandemie gerade rasant an: Die Schere zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, zwischen denen mit und ohne familiäre Sorgepflichten, wird auch an der Universität Konstanz derzeit immer größer. Es ist notwendig, dass wir für zukünftige Förder- und Auswahlentscheidungen Regelungen dafür finden, wie die Einschränkungen berücksichtigt werden können.“ Auch Prof. Dr. Ines Mergel, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Konstanz, hat die allgemeine Situation im Auge, wenn sie betont: „Nur, wenn die Auswirkungen durch die fehlende Kinderbetreuung und den zeitintensiven Fernunterricht anerkannt werden, kann einer langfristigen Benachteiligung in der Karriereentwicklung und einem möglichen verstärkten Ausstieg oder Herausdrängen von Frauen aus der Wissenschaft entgegengewirkt werden.“

Tanja Edelhäußer ist auch Vorstandsmitglied im Verein Familie in der Hochschule, in dem sich 122 Hochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengeschlossen haben und der sich intensiv mit der Lage der Familien unter Pandemiebedingungen beschäftigt. Gemeinsam mit dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung plädiert der Verein dafür, das Thema Familiengerechtigkeit flächendeckend und dauerhaft auf höchster Leitungsebene an den Hochschulen zu verankern. Grundlage ist eine Befragung von Familienverantwortlichen an Hochschulen, die zu einer Publikation des CHE führte (Lisa Mordhorst, Caroline Friedhoff, Nina Horstmann und Frank Ziegele: „Der Weg zur familienorientierten Hochschule – Lessons Learnt aus der Corona-Pandemie“).

Im Fokus standen dabei familienorientierte Strukturen, die sich während der Pandemie an den Hochschulen besonders bewährt haben oder in dieser Zeit neu entwickelt wurden. Als Ergebnis zeigt sich, dass während der Corona-Pandemie die Hochschulen einen Vorteil hatten, bei denen das Thema Familiengerechtigkeit bereits gut strukturell verankert war, z. B. durch eine personelle Zuständigkeit auf Leitungsebene. Für solche Hochschulen war es leichter, ad hoc neue Unterstützungsinstrumente zu schaffen oder bestehende Maßnahmen, wie die Arbeit im Homeoffice, auszubauen. Ebenso zeigte sich, dass auch in der Hochschulverwaltung eine stärkere Flexibilisierung wie z. B. Homeoffice eine große Erleichterung für den Familienalltag bedeutet.

Faktenübersicht:

  • Aktuelle Publikation des CHE Centrums für Hochschulentwicklung greift Maßnahmen der Universität Konstanz für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Studium mit Familienaufgaben auch unter den Bedingungen der Pandemie auf. 
  • Zur Publikation: www.che.de/download/familienorientierte-hochschule
  • Unterstützungsangebote wie das Kinderhaus, die Notfallbetreuung, das Programm Wissenschaft mit Kind, eine zielgruppenspezifische Beratung und Förderformate wie flexible Arbeitsbedingungen für Eltern sind an der Universität Konstanz etabliert und werden sehr gut nachgefragt
  • Kontakt: Tanja Edelhäußer, stellvertretende Leiterin des Referats für Gleichstellung, Familienförderung und Diversity, Vorstandsmitglied des Familie in der Hochschule e.V., Tel. 07531 88-5314, E-Mail: tanja.edelhaeusser@uni-konstanz.de