Prof. Dr. Giovanni Galizia

Giovanni Galizia ist seit 2005 Professor für Zoologie/Neurobiologie an der Universität Konstanz und seit 1. Oktober 2009 Direktor am Zukunftskolleg der Universität Konstanz. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Duftverarbeitung im Gehirn der Insekten, etwa wie Bienen ihre Lieblingsblüte erkennen, oder wie Mücken einen Menschen dank seines Körpergeruchs identifizieren, selbst wenn er mitten in einer Kuhherde steht (siehe neuro.uni-konstanz.de). Vor seiner Berufung nach Konstanz war Giovanni Galizia als Professor für Entomologie (Insektenkunde) an der University of California tatig, davor als Forschungsgruppenleiter an der Freien Universität Berlin.

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Website Zukunftskolleg

Er ist selbst Spitzenforscher. Als neuer Leiter des Zukunftskollegs fördert Giovanni Galizia, Professor für Zoologie und Neurobiologie, den wissenschaftlichen Nachwuchs auf höchstem Niveau. Was das genau bedeutet, wollte „Im Gespräch“ von Giovanni Galizia wissen.

Herr Prof. Galizia, hat sich für Sie ein Traum erfüllt, als Sie Leiter des Zukunftskollegs geworden sind?

Ich würde eher sagen: Ich bin einem sehr schönen Ziel näher gekommen. In meiner neuen Aufgabe kann ich wirkungsvoll dazu beitragen, dass die Perspektiven des Nachwuchses für Wissenschaft und Forschung als Beruf strukturell verbessert werden. Universitäre Nachwuchsförderung war mir schon lange wichtig, zum Beispiel als aktiver Teilnehmer an der Jungen Akademie, als Gutachter bei der Auswahl der Lichtenbergprofessuren in der Volkswagenstiftung, aber auch im universitären Alltag. Während meiner Zeit an der University of California wurde ich dafür zum „Mentor of the Year“ gewählt.


Was konkret ist Ihre Aufgabe als Leiter des Zukunftskollegs?

Meine wichtigste Aufgabe sehe ich darin, unseren Fellows den erforderlichen Freiraum zu verschaffen, damit sie ihre produktivsten Lebensjahre durch eigenverantwortliches Forschen bestmöglich nutzen können. Dabei möchte ich ihnen Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie sollen in der Einwerbung von Drittmitteln und bei Leitungs-, Lehr- und Gremienaufgaben kompetent werden. Coaching und der Kontakt mit den besten Köpfen der Universität Konstanz sind dabei sehr hilfreich. Darüber hinaus müssen sich die Fellows international bewegen und sichtbar werden. Dazu geben wir ihnen die Möglichkeit, Mentoren einzuladen und zu besuchen. Oder sie nutzen das Instrument Kofinanzierung, um kleinere Projekte anzufangen, die den Weg zu großen Drittmittel-Projekten erleichtern.

Immer wichtiger für eine gelingende Hochschullaufbahn wird auch die Fähigkeit zu kommunizieren: Mit den Peers aus unterschiedlichen Disziplinen, mit Studierenden und Postdocs, mit Geldgebern, Politikern und Medien, aber auch mit der Gesellschaft allgemein. Und Kommunikation heißt:  zuhören, verstehen und aktiv diskutieren, eben auch über die Gruppe der direkten Fachkollegen hinaus. Dies fördern wir durch unseren Jour fixe und den Common Room in unserem eigenen, gerade bezogenen Gebäude.


Was bedeutet für Sie Spitzenforschung?

Spitzenwissenschaftlerinnen und –wissenschaftler forschen nach den akzeptierten Standards, erzielen herausragende und gesellschaftlich relevante Ergebnisse und bringen diese erfolgreich in die eigene und auch in fremde Disziplinen ein. Wichtig ist auch, dass sie Verantwortung für ihre Forschung in ethischer und moralischer Hinsicht übernehmen.


Gibt es ein Thema, das Sie unbedingt im Zukunftskolleg behandelt haben möchten?

Grundsätzlich nicht. Das Zukunftskolleg ist offen für die Besten, unabhängig von ihrem Forschungsgebiet. Als Randbedingung gilt nur, dass eine thematische Anbindung an einen Fachbereich der Universität Konstanz möglich sein muss, denn nur so können wir das notwendige disziplinäre Umfeld bieten. Allerdings wäre es sicher spannend, sich zusätzlich mit der Frage des Mehrwerts des Zukunftskollegs zu beschäftigen. Konkret: Was bewirkt eine Gemeinschaft aus Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaftlern im Hinblick auf Kreativität und Inspiration in der Forschung? Wie entstehen daraus Synergien und Ergebnisse? Bewirken 30 Fellowships am Zukunftskolleg mehr als 30 Juniorprofessuren an der Universität Konstanz?


„Im Zukunftskolleg entstehen die Ideen von morgen“, lautet ein Motto. Sind diese Ideen abgehoben oder können sie auch umgesetzt werden?

Diese Ideen sind dreierlei: Ideen aus der disziplinären Forschung, Ideen aus dem interdisziplinären Kontakt, und Ideen zur Nachwuchsförderung. Zuerst steht also die hervorragende disziplinäre Forschung  unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren Fachbereichen: unser Ziel ist es, einen Rahmen zu bieten, in dem diese Ergebnisse optimal entstehen können. Viele davon, zum Beispiel in der Krebs- oder Hirnforschung, werden in konkrete Umsetzungsprojekte münden. In anderen Disziplinen wie etwa der Philosophie geht es um Erkenntnis, und die praktische Umsetzung entsteht erst indirekt und über Umwege.

Der zweite Ansatz entsteht im Kolleg aus dem Kontakt mit den anderen Disziplinen, etwa durch unvorhergesehene Ideen zwischen der Psychologie und der Biologie oder auch zwischen dem Erkenntnistheoretiker und der experimentellen Forscherin. Solche Ideen kann man nicht erzwingen, aber durch die persönliche Freundschaft, die zwischen den Fellows aus verschiedenen Disziplinen wächst, entsteht etwas, was in getrennten Fachbereichen nie möglich wäre.

Die dritte Gruppe Ideen betrifft das Zukunftskolleg selber. Wir sind gewissermaßen ein Labor für neue Wege der Nachwuchsförderung und unternehmen darin neue Experimente. So hat sich das Zukunftskolleg selber aus der Vorgängerinstitution, dem Zentrum für Wissenschaftlichen Nachwuchs (ZWN), in das Zukunftskolleg verwandelt. Im ZWN haben wir die Fellows selber nicht finanziert, während wir das seit zwei Jahren dank der Exzellenzförderung für die Universität Konstanz tun können. Wie finden wir die besten Kandidaten? Was bewährt sich im Austausch, was nicht? Auch sehr schwierige Fragen, etwa wie viel Interdisziplinarität möglich ist, ohne die disziplinäre Exzellenz und Konzentration zu gefährden. Schon jetzt sehen wir, dass andere Universitäten mit Interesse unser Konzept verfolgen. Wenn durch das Umsetzen unserer Ideen die Karrieremöglichkeiten junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch an anderen Orten verbessert werden, dann freuen wir uns. An diesen Ideen wird sich der Erfolg des Zukunftskollegs messen.


Die Zahl der Plätze im Zukunftskolleg ist begrenzt. Wie werden die Fellows ausgewählt? Ist die Konkurrenz sehr hart?

Auf unsere letzte Ausschreibung im Herbst 2009 sind 181 qualifizierte Bewerbungen aus aller Welt eingegangen. Nach einer zweistufigen Vorselektion haben wir 13 Kandidatinnen und Kandidaten zum „Workshop on Future Research Directions“ eingeladen. Neben der Qualität des geplanten Forschungsprojekts wurden in einer Kommission von 15 internen und 13 externen Gutachterinnen und Gutachtern und mit Hilfe zusätzlicher, externer Stellungnahmen auch Fähigkeiten wie interdiziplinäres Denken oder  Vernetzung mit der Scientific Community bewertet. Am Ende wurden fünf neue Fellows aufgenommen. Ja, die Konkurrenz ist hart und durch den interdisziplinären Ansatz schwierig, darum haben wir ein sehr aufwändiges Verfahren, um die Besten zu finden.


Ist die Anzahl der Plätze genau zwischen den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften aufgeteilt?

Es gibt keine Quoten im Zukunftskolleg – weder bezüglich der Disziplinen noch bezüglich Nationalität oder Geschlecht.


Wird daran gedacht, die Zahl der Plätze im Zukunftskolleg zu erweitern?

Während der laufenden Förderperiode ist nicht an eine Erweiterung gedacht.


Was machen die Fellows nach ihrer fünfjährigen Forschungszeit?

Ziel nach fünf Jahren der Förderung, Qualifikation, Positionierung, Sichtbarkeit und wissenschaftlicher Produktivität ist es, dass sich die Fellows auf jede Spitzenstelle mit Erfolg bewerben können. Ob dies gelingt, wissen wir frühestens, wenn die ersten Fellows, die mit dieser Option aufgenommen wurden, 2013 ihre fünf Jahre abgeschlossen haben. Aber ich zweifle nicht daran, dass das Zukunftskolleg wissenschaftliche Karrieren enorm befördert und für die Fellows sicherer und planbarer macht.


Im Zukunftskolleg arbeiten auch Senior Fellows mit. Was ist deren Aufgabe?

Das Senior Fellowship fördert den Austausch zwischen Fellows und renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt. Die Gastwissenschaftler bereichern mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung die Fellows und gestalten die Ausrichtung des Zukunftskollegs mit - ein Gewinn für beide Seiten: Die Fellows erhalten Einblick in die Spitzenforschung, und die Senior Fellows profitieren von den neuen Ideen des Nachwuchses.


Was wünschen Sie sich künftig fürs Zukunftskolleg?

Wettbewerbsfähigkeit unserer Fellowships mit Junior-Professuren, erfolgreiche Karrierewege unserer Fellows und Alumni, die in 20 Jahren zu den besten Forscherinnen und Forschern in Deutschland und der ganzen Welt zählen werden und nicht zuletzt Erfolg in der nächsten Runde der Exzellenzinitiative für die Universität Konstanz! Vor allem aber wünsche ich mir, dass das Zukunftskolleg weiterhin ein intellektueller Leckerbissen bleibt, der immer weiter wächst und besser wird!