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Versifying/Translating. Praxeologies of Speech in Verse
University of Konstanz, April 5, 2024

Einsatzpunkt des komparatistisch angelegten Workshops ist die alte und vermeintlich einfache Frage, was Texte in Versen überhaupt auszeichnet. Wir möchten diese Frage aus einer praxeologischen Dimension neu stellen, und zwar, indem wir sie als ein Problem der Übersetzung behandeln. Der Umstand, dass die Geschichte der Versifikation über weite Strecken auch als eine Geschichte der Übersetzung(en) zu betrachten ist, kann zwar grundsätzlich als bekannt vorausgesetzt werden (vgl. Gasparov 1996), ist in seiner historischen wie theoretischen Breite bislang allerdings kaum ergründet worden. Wir fragen danach, welche Bedeutung verschiedenen metrischen Formen bei der Versifizierung zukommt – vor allem dann wenn, wie eingangs angedeutet, Versformen selbst als Vehikel von Übersetzung fungieren können. „[M]igrierende Versmaße“ (Bunia 2014) verweisen in ihrer Portabilität auf die Möglichkeiten der Übersetzung von ‚äußeren‘ Formen, deren Verhältnis zu den je ‚inneren‘ Formen eigens zu klären wäre – kann doch die translationale Anverwandlung metrischer Versatzstücke grundsätzlich ohne zwingende inhaltliche Korrespondenz erfolgen. Solche Übersetzungsvorgänge zeitigen in weiterer Folge ein traveling von Formelementen in Raum und Zeit; vermeintlich ‚tote‘ metrische Formen werden in ihrer Übersetzung fortgeschrieben und eröffnen neue formale und inhaltliche Spielräume.

Versifizierung als Übersetzung zu denken, bietet sich an, weil damit ein struktureller Rahmen geschaffen ist, von dem aus sich Ähnlichkeit und Differenz sowie auch Ähnlichkeit in der Differenz bestimmen lassen. Die Versifizierung wird solcherart ebenso zum Austragungsort von Klärungen wie Streitigkeiten über den Stellenwert von Eigenem und Fremdem, von Original und Kopie, von Ausgangs- und Zielsprache, von Grenze und Transfer, von Territorium und Sprachgemeinschaft. Als Übersetzung begriffen, verlangt die Versifizierung nach einem angemessenen „kulturgeschichtlichen Mapping“ (Dusini/Michler 2012). Der Workshop soll dazu beitragen, eine Karte poetischer, kultureller, sozialer und politischer Wechselverhältnisse der Versifizierung zu zeichnen, auf der sprachliche und mediale, textuelle, formale und generische, aber auch institutionelle Austauschbeziehungen sichtbar werden.