Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wolfram Ressel

Grußwort von Prof. Dr. Wolfram Ressel

am 24. Juni 2016 im Audimax der Universität Konstanz

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Burchardt,
sehr geehrter Herr Professor Jahn,
Herr Professor Imboden,
Herr Rektor, lieber Ulrich,
verehrte Festversammlung,

ich freue mich außerordentlich, der Universität Konstanz und ihren Mitgliedern die besten Wünsche der Landesuniversitäten zu ihrem Jubiläum überbringen zu dürfen. Meine Freude ist auch deswegen so groß, weil ich am Freitag letzter Woche fast befürchten musste, wieder ausgeladen zu werden. Ulrich Rüdiger berichtete im Rahmen der letzten Sitzung der Rektorenkonferenz über die großzügigen Gaben der Freunde und Förderer der Universität für das Sommerfest. Dabei wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich heute weder mit mehreren hundert Flaschen Wein noch mit einem gebratenen Ochsen im Gepäck vor Ihnen stehen kann. Wie schön, dass ich trotzdem hier sein darf!

Als angefragter Redner habe ich zudem das Glück, hier im Festsaal einen Platz zu bekommen – keine Selbstverständlichkeit, denn die Universität musste aufgrund von hohen Sicherheitsauflagen die Gästezahl im Gebäude beschränken, so dass es schon seit längerem eine Warteliste gibt. Hier, sehr verehrter Herr Ministerpräsident, wäre auch ein schönes Geburtstagsgeschenk nicht an die Universität Konstanz, sondern für alle Landesuniversitäten. Wir wollen an allen neun Universitätsstandorten im Land eine universitas bleiben, eine Gemeinschaft, die offen ist für ihre Mitglieder, ihre Freunde und Gäste, in der Veranstaltungen, Konferenzen, und auch Feiern stattfinden, keine geschlossenen Gesellschaften mit Zugangskontrollen. Das wird uns von den ständig weiter verschärften Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen aber immer schwerer gemacht. Der Staatsanwalt winkt uns schon fröhlich zu, wenn man zu großzügig Veranstaltungen genehmigt, die noch vor 20 Jahren eine Selbstverständlichkeit waren. Daher meine Bitte an die Vertreter des Landes, vielleicht einmal über die Anforderungen der Versammlungsstättenverordnung nachzudenken, die man uns auferlegt. Wünschenswert wäre, das noch deutlich vor der 75-Jahrfeier der Konstanzer Universität zu schaffen, damit im Jahr 2041 die Zahl der Gäste noch höher sein darf als die der Brandwächter und des Sicherheitspersonals.

„Kreativität entsteht“, so schrieb Gerhart von Graevenitz im Jahr 2012, „wenn man kreative Menschen in Ruhe lässt“ und räumt sofort danach ein, dass er sich als Rektor nicht immer nach diesem Grundsatz verhalten habe. Leider, wie er sagte. Oder doch eher zum Glück der Universität Konstanz - wenn ich betrachte, was hier in der nach universitären Maßstäben kurzen Zeit von 50 Jahren mit der tatkräftigen Unterstützung von bisher acht Rektoren von den Studierenden, Mitarbeitern, und Wissenschaftlern aufgebaut und geleistet wurde.

Wie die Universität Konstanz in einem ehemaligen Dominikanerkloster begann auch die Universität Heidelberg im Jahr 1386 ihren Betrieb mangels eigener Räume in Klostermauern, hat aber bis zum Exzellenzsiegel einige hundert Jahre länger benötigt. Angesichts dieser Zeiträume wird deutlich, dass die Entwicklung von Konstanz geradezu blitzartig verlief. Auf dem blanken Gießberg hat sich, um an dieser Stelle auch das Gründungsmotto der Universität Freiburg zu zitieren, „die Weisheit ihr Haus gebaut“. Und sie hat es gut hinbekommen, finde ich. Sanierungsbedürftig ist hier höchstens der Beton der Gebäude, die Strukturen sind nach wie vor zukunftsfähig. Was vor fünfzig Jahren Organisation erdacht wurde, große Fachbereiche statt kleinteiliger Institute, eine eher reduzierte Grundausstattung mit einem starken Anreiz zur Drittmitteleinwerbung und zur Kooperation statt Erbhöfe von Großordinarien, eine generelle Offenheit und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, war und ist beispielgebend nicht nur für die deutsche Universitätslandschaft. Konstanz ist auch in dem einflussreichen QS World University Ranking in der Kategorie „Fifty under fifty“ der jungen Universitäten die beste deutsche Hochschule. Wenige Plätze danach folgt im Übrigen schon Ulm.

50 Jahre sind zwar länger als ein halbes Menschenleben, für Universitäten aber, neben der katholischen Kirche die konstantesten Institutionen auf dem europäischen Kontinent, ist dies nur eine kurze Zeit, die gerade ausreicht, um erwachsen zu werden. Die Herausforderungen sind groß: dass in den Rankings die Kategorie der Unterfünfzigjährigen Universitäten nicht mehr greift, ist verkraftbar, aber auch die Spielregeln der Exzellenzinitiative haben sich zugunsten der großen Universitäten geändert. Zwei erfolgreiche Clusteranträge, die es braucht, um sich überhaupt erst dem Wettbewerb um das Exzellenzsiegel stellen, sind für eine kleine Universität mit ihren begrenzten Zahlen an Forscherinnen und Forschern nur schwer zu stemmen. Hier sind ganz besondere Anstrengungen vonnöten, um mit den großen Tankern mitzuhalten, die auch mit mehr Ballast Fahrt aufnehmen können. Konstanz ist dagegen essentiell darauf angewiesen, an seinen bisherigen Qualitätsmaßstäben festzuhalten und diese konsequent anzuwenden und weiterzuentwickeln, um in der Riege der Spitzenuniversitäten zu bleiben. „Hierzulande“, sagt die Rote Königin in „Alice hinter den Spiegeln“, muss man so schnell rennen, wie man kann, um am selben Fleck zu bleiben. Wenn man irgendwo woanders hin will, muss man zweimal so schnell rennen.“

Ich wünsche der Universität, ihr Tempo so steigern zu können, dass sie nicht stehenbleibt oder gar zurückfällt. Am Einsatz aller ihrer Mitglieder wird die Sache sicherlich nicht scheitern. Unterstützung braucht sie dennoch. Üblicherweise machen Eltern heutzutage dem wohlgeratenen Nachwuchs zur Volljährigkeit ein schönes Geschenk, um den Start ins Leben zu erleichtern. Als Äquivalent für eine eben erwachsen gewordene Universitäten bietet es sich vielleicht an, wenn die wohlmeinenden Landeseltern der äußerst erfolgreichen jungen Universität Konstanz – und ihren acht Geschwistern vielleicht auch – einen guten Start in die neue Wettbewerbsrunde verschafft. Die Signale sind auf jeden Fall positiv.

Und da ich im Interesse der guten Nachbarschaft mit der Universität Hohenheim nicht gewagt habe, vom dortigen Versuchsbauernhof der landwirtschaftlichen Fakultät einen Ochsen zu entwenden und hierher mitzubringen, kann ich seitens der Regie auf wenig Milde hoffen und muss daher mein kurzes Grußwort an dieser Stelle beenden. Für die kommenden Jahre und Jahrzehnte wünsche ich im Namen aller Landesuniversitäten der Universität Konstanz weiterhin den verdienten Erfolg und Ihnen allen eine schöne Feier.

Ich danke Ihnen.