Übergang zwischen zwei Gebäudeteilen der Universität Konstanz
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Stellungnahme zur Medienmitteilung des Schweizer Tierschutz (STS)

Stellungnahme zur Medienmitteilung des Schweizer Tierschutz (STS) vom 9.9.2016 "Blindflug: Tierquälerei an der Universität Konstanz." Der STS hat, ohne sich vorab über die Fakten zu informieren, die oben stehende Medienmitteilung herausgegeben. Auf dieser Internetseite finden Sie die offizielle Stellungnahme der Universität Konstanz sowie ausführliche Informationen über das Projekt, im Rahmen dessen die Flüge durchgeführt werden. Es handelt sich dabei um das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Reinhart Koselleck-Projekt "Visualisierung der Antwort des Gehirns auf Magnetrezeption".

"Bevor wir auf die vom Schweizer Tierschutz (STS) beanstandeten Punkte eingehen, die Feststellung: Die Taube, die am 2. September 2016 bei Mammern im Kanton Thurgau aufgefunden wurde, wurde tatsächlich im Rahmen des Forschungsprojektes „Visualisierung der Antwort des Gehirns auf Magnetrezeption“ am 2. September 2016 vormittags in Tengen auf den Flug zu ihrem Heimatschlag an der Universität Konstanz geschickt.

Nun zu den einzelnen Punkten:

  1. In der Pressemitteilung heißt es, dass sich die Taube nicht gegen das Einfangen gewehrt habe, was als „ungewöhnliches Verhalten“ bezeichnet wurde. Dazu ist zu sagen, dass die Taube im Rahmen des Projektes an Menschen gewöhnt ist und sich deshalb im Gegensatz zu ihren wild lebenden Artgenossen leicht fangen lässt. Ohnehin wurde sie in der Dämmerung aufgefunden, zu einer Tageszeit somit, in der Tauben für gewöhnlich nicht mehr fliegen.

  2. In der Pressemitteilung heißt es weiter, der Taube sei durch einen Plastikhelm „komplett die Sicht genommen“ worden und auch die Atemwege seien „zum Teil verdeckt“ gewesen. Tatsache ist, dass die Taube sehen konnte. Durch den „Plastikhelm“ wird ihr nicht die Sicht genommen. Es handelt sich um eine Art Brille, die wie eine Sonnenbrille bestimmte Wellenlängen des sichtbaren Lichts herausfiltert. Damit soll untersucht werden, welche Rolle das Licht bei der Orientierung der Tauben hat. Beim Anbringen der Brille wird ganz besonders darauf geachtet, dass die Atemwege nicht verdeckt sind. Insgesamt werden die Tauben vor ihrem Flug an die Haube gewöhnt. Sie wird für den Testflug nur dann eingesetzt, wenn die Tiere trotz Haube normales Verhalten zeigt. Die Brille an sich soll den Flug explizit nicht beeinflussen

  3. Außerdem wird in der Pressemitteilung behauptet, ein „vor dem Freisetzen in die Nase appliziertes Lokalanästhetikum dürfte zum gänzlichen Verlust des Geruchssinns geführt haben“. Auch das entspricht nicht den Tatsachen. Weder diese, noch andere im Rahmen des Projektes benutzte Tauben wurden bei einem Flugversuch mit einem Lokalanästhetikum behandelt.

  4. Schließlich wird das „doppelseitige Klettband“, mit dem ein Sender auf dem Rücken der Taube befestigt war, erwähnt, das „ohne großflächigen tiefen Gewebeschaden nicht mehr entfernt werden“ könne. Tatsächlich ist es so, dass das Klettband keine Schäden verursacht. Es fällt nach zirka einem halben Jahr mit dem Nachwachsen der Federn einfach ab. Das Tier empfindet dabei keinen Schmerz.

Über die Gründe, warum die Taube bei Mammern im Thurgau gefunden wurde, können nur Vermutungen angestellt werden. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass die Taube einen Raubvogel wahrgenommen hat und gelandet ist, um sich auf dem Boden einen sicheren Ort zu suchen. Falls das so gewesen wäre, wäre das ein weiterer Beleg für das ganz normale und nicht eingeschränkte Verhalten des Tieres. Solch ein „Verfliegen“ kommt ab und zu vor. Um das Tier auch in solchen Fällen zu orten, werden alle zwei Stunden GPS-Daten des Senders kontrolliert, um im Ernstfall die Taube holen zu können.

Die Tauben, die im Rahmen des Projektes eingesetzt werden, werden während der Gewöhnungsphase an die Haube täglich auf Beeinträchtigungen hin untersucht.

Das Projekt „Visualisierung der Antwort des Gehirns auf Magnetrezeption“ ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes wissenschaftlich hoch angesehenes Reinhart Koselleck-Projekt, das von 2011 bis 2017 an der Universität Konstanz die Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes durch Brieftauben untersucht. Aus physikalischer Sicht soll erforscht werden, wie Lebewesen dazu in der Lage sind das Erdmagnetfeld zur Navigation im freien Gelände zu benutzen. In diesem speziellen Teilprojekt geht es um die Rolle der verschiedenen sinnesphysiologischen Mechanismen bei der Orientierung der Taube am Erdmagnetfeld. Nach einer Hypothese spielt Licht einer speziellen Wellenlänge eine Rolle. Um dies zu testen, werden durch die Brille diese Wellenlängen herausgefiltert.

Damit die Förderung eines solchen Projekts in Kraft treten kann, muss jeder einzelne Teil, in dem Tiere eingesetzt werden, von einer Ethikkommission des Regierungspräsidiums Freiburg (Abteilung Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen) streng geprüft und genehmigt werden. Ohne diese Genehmigung wären wissenschaftliche Studien mit Tieren nicht möglich.

Diese Versuche sind demnach legal und von der Ethikkommission überprüft und das Thurgauer Veterinäramt hat nach entsprechender Prüfung dem STS mitgeteilt, dass die Taube an die Universität zurückzugeben sei.“