Kontrafaktisch gedacht, faktisch verlängert

Presseinformation Nr. 3 vom 13. Januar 2015

DFG verlängert Forschergruppe „Was wäre wenn?“ der Universität Konstanz, HU Berlin und LMU München

Die 2012 eingerichtete Forschergruppe „Was wäre wenn? Zur erkenntnistheoretischen, pragmatischen, psychologischen und kulturellen Relevanz kontrafaktischen Denkens“ wurde seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verlängert. Die von der Universität Konstanz aus koordinierte Forschergruppe mit Teilprojekten an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Ludwig-Maximilians-Universität München untersucht die Rolle von kontrafaktischem Denken und Gedankenexperimenten als Erkenntnismethode der Wissenschaft. Für die zweite Förderphase von 2015 bis 2017 stellt die DFG rund 2 Millionen Euro bereit.

Ihren Ausgangspunkt nimmt die Forschergruppe in der Vermutung, dass Menschen nicht nur einen Wirklichkeits-, sondern auch einen Möglichkeitssinn haben, sich somit immer auch darüber Gedanken machen, was der Fall sein könnte oder was der Fall gewesen wäre, wenn sich die Dinge anders entwickelt hätten. Die Forschergruppe geht der grundlegenden Frage nach, inwiefern das Nachdenken über kontrafaktische – also nicht tatsächlich ereignete – Möglichkeiten eine legitime Methode wissenschaftlichen Arbeitens ist. Es wird erörtert, wie Aussagen über Szenarien, die offensichtlich nicht real sind, sprachlich verfasst sind, welche kognitiven Vermögen beim Verständnis und bei der Bewertung solcher Aussagen eine Rolle spielen, in welchen historischen und literarischen Konstellationen kontrafaktische Aussagen eine Konjunktur erleben und wie sie auf pragmatischer Ebene ein Werkzeug für die Wissenschaft sind – zum Beispiel um Hypothesen über mögliche Ereignisabläufe zu stellen.

„Der interdisziplinäre Zuschnitt unserer Forschergruppe hat sehr erfolgreich einzelwissenschaftliche Forschungsdebatten der Philosophie, Linguistik, Literaturwissenschaft und Wissenschaftsgeschichte zusammengeführt und neue Perspektiven auf das Thema der Kontrafaktizität eröffnet“, erklärt der Sprecher der Forschergruppe Prof. Dr. Wolfgang Spohn, Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Universität Konstanz. In der zweiten Förderphase werden die Fragestellungen der Forschergruppe fortgeführt und um philosophiehistorische und psychologische Vorhaben ausgeweitet werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung des pragmatischen Potentials kontrafaktischer Aussagen.