Die Welt des christlichen Orients

Presseinformation Nr. 77 vom 25. Juni 2013

Neu eingerichtete Forschungsstelle für Aramäische Studien an der Universität Konstanz veranstaltet Symposium mit zwei öffentlichen Veranstaltungen

Seit dem aktuellen Sommersemester 2013 gibt es an der Universität Konstanz eine Forschungsstelle für Aramäische Studien. Sie ist im Fachbereich Geschichte und Soziologie an der Professur für Geschichte der Religionen von Prof. Dr. Dorothea Weltecke angesiedelt. Vom 28. bis 30. Juni 2013 wird nun mit dem VI. Symposium in der Reihe „Suryoye l-Suryoye“ die erste Veranstaltung des neuen Schwerpunkts stattfinden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu der internationalen und multidisziplinären Konferenz zusammen, um Linguistik, Religion, Kultur und Geschichte des aramäischen Lebens zu bearbeiten.

Im Programm stehen auch zwei Veranstaltungen, zu denen die Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist. Am Samstag, 29. Juni, stellt sich eine Diskussionsrunde der Frage „Syrien im Umbruch. Hat die Pluralität eine Zukunft?“. Beginn ist um 18.30 Uhr. Diskutieren werden neben dem Konstanzer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Seibel Daniyel Demir, Vorsitzender des Bundesverbandes der Aramäer in Deutschland, sowie der Publizist Amill Gorgis. Letzterer, Ökomene-Beauftragter der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Berlin, hält am Sonntag, 30. Juni, auch den Vortrag „Geschichte der syrischen Wissenschaften und Literatur“, der um 12.15 Uhr beginnt. Beide Veranstaltungen finden im Hotel Barbarossa in Konstanz statt.

Aramäisch oder Syrisch, das nicht die Landessprache Syriens bezeichnet, sondern die Sprache der christlich-syrischen Minderheit im Nahen Osten, gilt als eine der ältesten Sprachen überhaupt – die Sprache auch von Jesus Christus. Die Forschungsstelle für Aramäische Studien an der Universität Konstanz wird von der Stiftung für Aramäische Studien getragen. In Deutschland besteht eine über 500-jährige Forschungstradition zur Sprache und Theologie dieser christlichen Gemeinschaft. Neu ist an der Konstanzer Forschungsstelle, dass sie in der säkularen Geschichtswissenschaft und der Soziologie angesiedelt ist und sich aus dieser Perspektiive mit der Geschichte und Kultur dieser Gemeinschaften beschäftigt. In dieser Hinsicht ist die Forschungsstelle in Deutschland ein einmaliges Pilotprojekt. Aramäer leben heute in der Türkei, in Syrien, im Irak, Iran und Libanon. In Deutschland gib es schätzungsweise zwischen 80.000 und 100.000 Aramäer, die vorwiegend als Zuwanderer oder Flüchtlinge ins Land gekommen sind.

„Für die Welt des Christentums wie für die Welt des Islam ist die aramäische Tradition eine der tiefsten und wichtigsten Wurzeln“, so die Mediävistin Dorothea Weltecke. Die Forschungsstelle hat neben der Grundlagenforschung zum Ziel, die Geschichtswissenschaft für die Welt des christlichen Orients zu öffnen und damit die Aufteilung des historischen Weltbildes in christliches Abendland und muslimischen Orient zu korrigieren. Das europäische Christentum ist tatsächlich nur ein Ausschnitt aus der transkulturellen christlichen Tradition.

Dorothea Weltecke ist Initiatorin des Orient-Forums an der Universität Konstanz (KOFO), an dem Mitglieder verschiedener Fachbereiche, die Orientalistik betreiben, beteiligt sind.