Die soziale Macht der Gefühle
Presseinformation Nr. 115 vom 18. Juli 2012
Sind Solidarität und Gewalt ansteckend? Mit einem Vortrag über die emotionale Dynamik von Situationen eröffnet Randall Collins, Professor für Soziologie an der amerikanischen University of Pennsylvania, die diesjährige Meisterklasse zum Thema „Cultures of Emotion“. Zu dem Vortrag am 23. Juli 2012 um 17 Uhr im Astoria-Saal der Konstanzer Volkshochschule ist die Öffentlichkeit herzlich eingeladen. Die Veranstaltung wird moderiert von Bernhard Giesen, Professor für Makrosoziologie an der Universität Konstanz.
Warum jemand Trauer, Liebe oder Hass empfindet, hat nicht nur mit seiner psychologischen Anlage zu tun. Gewaltsame Ausschreitungen bei Demonstrationen, aber auch ein Solidaritätsgefühl etwa bei Kirchentagen haben, davon geht die Soziologie der Emotionen aus, eine gesellschaftliche Dimension.
Wissenschaftler, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben, untersuchen den Einfluss der Gesellschaft von beispielsweise sozialen Regeln und gesellschaftlichen Erwartungen auf die Gefühlslagen der darin lebenden Menschen. Denn Gefühle, so nehmen sie an, oder zumindest das daraus resultierende Verhalten lassen sich trainieren. So sieht das so genannte „Management der Emotionen“ beispielsweise in Japan ganz anders aus als in Italien.
Randall Collins, der die diesjährige Meisterklasse „Cultures of Emotion“ mit einem öffentlichen Vortrag zu „Solidarity and Violence. The Emotional Dynamics of Situations“ einleitet, hat sich besonders intensiv mit der Beziehung von Emotionen und Gewalt befasst. Emotionale Energie hält er für die treibende Kraft in der Gesellschaft. Menschen seien an sich ängstliche Wesen, die Konfrontationen grundsätzlich aus dem Weg gingen. „Alle Typen von Gewalt“, schreibt er in seinem neuesten Werk über Gewalttätigkeit, „umgehen Angstbarrieren, die Menschen in antagonistischen Konfrontationen normalerweise entwickeln, auf ähnliche Weise.“ Es geht Collins nicht um gewalttätige Individuen, sondern um gewalttätige Situationen, um „emotionale Tunnel“, die fast notwendig zu Gewalt führen.
Mit dem spannenden Thema der Emotionskulturen beschäftigt sich die Meisterklasse 2012, die Bernhard Giesen vom 23. bis 31. Juli 2012 in Konstanz organisiert. Dabei diskutieren renommierte Professoren – dieses Jahr neben Randall Collins der Historiker Gerd Althoff (Universität Münster), die bekannte Konstanzer Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, der Soziologe Alois Hahn (Universität Trier) und Jonathan H. Turner (University of California, Riverside) – mit Doktoranden und Postdocs zu aktuellen wissenschaftlichen Fragen.