Der Kampf um Liebe

Presseinformation Nr. 41 vom 22. April 2013

Eine Konstanzer Studie kommt zum Ergebnis, dass Frauen aggressive Männer für eine Affäre bevorzugen, jedoch nicht für die Familiengründung


Gilda Giebel

Menschen reagieren unterschiedlich auf Kriegserlebnisse. Die einen leiden unter Posttraumtischen Störungen, die anderen zeigen keinerlei belastende Symptome. Welche Auswirkungen haben diese unterschiedlichen Reaktionsweisen auf Kriegserfahrungen hinsichtlich der Suche dieser Männer nach einer Liebesbeziehung? Die Doktorandin Gilda Giebel sowie die Psychologen Dr. Roland Weierstall, Dr. Maggie Schauer und Prof. Dr. Thomas Elbert von der Universität Konstanz konfrontierten mehr als tausend Frauen mit Beschreibungen von männlichen Kriegsheimkehrern und fragten sie, welche der Männer sie als langfristigen oder kurzfristigen Partner bevorzugen würden. Die Studie ist im Journal „Evolutionary Psychology“ erschienen

Die langfristigen psychischen Auswirkungen bei Kriegsteilnehmern sind bekannt. Viele Soldaten, die nach Hause zurückkehren, stellen fest, dass sie immer noch von den Schrecken des Krieges als Posttraumatische Belastungsstörung beherrscht werden. Andere ehemalige Kriegsteilnehmer neigen eher dazu, ihre Erfahrungen nach außen hin zu verherrlichen und ihren Kriegseinsatz als Ehre zu interpretieren. Gemeinsam ist ihnen häufig der Wunsch nach Rückkehr in ein normales Leben, einschließlich Gründung einer Familie. Sie suchen sich einen neuen Job und eine Freundin oder Frau, falls sie nicht bereits eine haben.

Den Testteilnehmerinnen wurden Beschreibungen von vier Männertypen präsentiert: Ein Mann zeigte nach der Kriegsheimkehr Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung und wies gleichzeitig hohe Werte in appetitiver Aggression auf. Appetitive Aggression bezeichnet die intrinsische Motivation, gewalttätig aufzutreten, und zwar nicht in Form von Verteidigung, sondern in Form eines bewussten aggressiven Aktes, der als angenehmer Rausch empfunden werden kann. Ein anderer Soldat machte ebenfalls traumatische Erfahrungen, war aber nur wenig appetitiv aggressiv. Ein dritter Ex-Soldat litt unter keinerlei Traumasymptomen und hatte gleichzeitig hohe Werte in appetitiver Aggression. Schließlich war ein vierter Kriegsheimkehrer symptomfrei und wenig appetitiv aggressiv.

Die Studie zeigt: Frauen haben nicht weniger Interesse an Männern, die mit Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung beschrieben wurden. Dies gilt sowohl in der Rolle als langfristiger Partner als auch als kurze Affäre. Männer, die zudem nur wenig appetitiv aggressive Kriegserfahrungen gemacht haben, werden von Frauen für eine verbindliche Langzeitbeziehung bevorzugt. Die Studie ergab jedoch auch, dass Männer mit einem offensichtlichen Hang zur Aggression im Kriegskontext bessere Chancen auf einen One-Night-Stand hatten. Frauen, die sich in der fruchtbaren Phase ihres Menstruationszyklus befanden und bei denen die Möglichkeit bestand, während einer solchen Affäre schwanger zu werden, zeigten die stärksten Präferenzen für diese Männer. Die Autoren vermuten, dass offene appetitive Aggression bei Männern als Zeichen für eine höhere genetische Fitness aufgefasst wird. Dies steht im Einklang mit früheren Ergebnissen, wonach Frauen während der Phasen hoher Fruchtbarkeit Männer mit maskulinen Gesichtszügen und Körperformen bevorzugen.

Als langfristige Lebenspartner sind Frauen jedoch die empfindsameren Männer lieber. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Kriegsheimkehrer ihr Trauma nicht verbergen müssen, wenn sie eine Frau für sich gewinnen wollen. „Auf der anderen Seite könnte es für Männer mit Hang zur Aggression ratsam sein, dieser Eigenschaft weniger Ausdruck zu verleihen, wenn sie in naher Zukunft eine ernsthafte Beziehung eingehen wollen“, so Gilda Giebel.

Originalveröffentlichung:
„Female attraction to appetitive-aggressive men is modulated by women’s menstrual cycle and men’s vulnerability to traumatic stress,”, Evolutionary Psychology, 2013. 11(1): 248-262

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