Hintergrund
In Schengen, einem Ort in Luxemburg, schlossen Frankreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Deutschland am 14.06.1985 das Abkommen von Schengen. Ziel ist der schrittweise Abbau von Personenkontrollen an den Grenzen zwischen den Vertragspartnern. Dadurch soll ein einheitlicher "Schengen-Raum" geschaffen werden, der grenzenlose Personenfreizügigkeit erlaubt. Zur Umsetzung des Abkommens wurde im Juni 1990 das Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ von den Gründerstaaten unterzeichnet. Bis heute traten Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Österreich, Dänemark und Finnland dem SDÜ bei.
Im Rahmen des Vertrags von Amsterdam (1997) wurden das Schengener Abkommen und das SDÜ ins EU-Recht integriert. Das freie Überqueren der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten wurde damit zum EU-Bürgerrecht.
Für Großbritannien und Irland sind allerdings Sonderregelungen vorgesehen: Großbritannien und Irland sind keine Parteien des Schengener Abkommens, sie führen weiterhin Personenkontrollen an ihren Grenzen durch. Die neuen EU Mitgliedstaaten können dem Schengener Abkommen beitreten, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen und das Regelwerk übernehmen. Hiermit ist Anfang 2007 zu rechnen.
Mit Norwegen und Island bestehen Schengen-Kooperationsabkommen, die beiden Staaten wenden das Regelwerk vollständig an. Ab 2007 soll dies auch für die Schweiz gelten.
Inhalt
Im Schengener Durchführungsübereinkommen wird festgelegt, dass auf Grenzkontrollen verzichtet wird. Systematische Personenkontrollen aus Anlass des Grenzübertritts werden damit untersagt. Nur in Ausnahmefällen, z. B. bei internationalen Fußballspielen oder Gipfeltreffen, kann das SDÜ vorübergehend außer Kraft gesetzt und Grenzkontrollen eingeführt werden.
Das SDÜ beinhaltet weiterhin konkrete Bestimmungen zur Verwirklichung eines einheitlichen Schengen-Raumes. Es sieht die Vereinheitlichung der Vorschriften für Einreise und Aufenthalt von Ausländern im Schengen-Raum vor. Für die Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum ist nur noch ein Visum nötig, das von einem Schengen-Staat ausgestellt wurde. Das Aufenthaltsrecht ist in allen Vertragsstaaten gültig.
Im Bereich des Justiz- und Polizeiwesen sowie bei Maßnahmen gegen grenzüberschreitenden Drogenhandel sollen die Vertragsstaaten zusammenarbeiten. Z.B. dürfen Polizisten unter bestimmten Voraussetzungen fliehenden Verbrechern innerhalb des Schengen-Raumes auch über die Grenze hinweg folgen.
Außerdem wurde ein einheitlicher elektronischer Fahndungsverbund eingerichtet. Das Schengener Informationssystem (SIS) sorgt dafür, dass alle Schengen-Staaten mit aktuellen Fahndungsdaten versehen werden.
Auswirkungen auf Kontrollen an den Schweizer Grenzen
Durch die Teilnahme der Schweiz am SDÜ entfällt auch für dieses Land die Visumspflicht. Halter eines Visums in einem Schengen-Staat dürfen ohne weiteres in die Schweiz einreisen und sich dort für einen bestimmten Zeitraum aufhalten. Die Schweiz wird in den Schengen-Raum integriert.
Allerdings werden an der Grenze zur Schweiz weiterhin Zollkontrollen durchgeführt. Die Schweiz ist nach wie vor nicht in einer Zollunion mit der EU. Um den Warenfluss zu kontrollieren, werden die Zollämter weiterhin besetzt sein. Fundamentale Änderungen der Grenzkontrollen sind durch den Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen und dem SDÜ nicht zu erwarten. Der Beitritt erlaubt keine systematischen Kontrollen von Personen nur auf Grund einer Grenzüberschreitung. Dennoch sind Kontrollen möglich, wenn ein hinreichender polizeilicher Verdacht besteht. Auch ist es aus Sicherheitsgründen unerlässlich, vor einer Warenkontrolle die Identität einer Person festzustellen. Weiterhin macht das SDÜ keine Auflage für Kontrollen im Landesinneren. Hier kann die Schweiz die Kontrolldichte selbst bestimmen.
Am Status Quo bei Grenzkontrollen ändert sich insgesamt wenig. Die bekannte Frage "Haben sie Waren dabei?" wird also noch lange nicht der Vergangenheit angehören.
Christine Thümler
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