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Italienische Mysterien - ein (fast) objektiver Bericht

Die Autorinnen protokollierten exemplarisch während zweier Wochen das typische Leben in einem italienischen Stadtzentrum. Wir geben beeiden, dass sich alles so, wie dargestellt abgespielt hat. Nicht immer, aber doch oft genug um einen Eintrag in unserer Sammlung italienischer Alltagsmysterien wert zu sein. Wir haben den Beweis geführt: in jedem Klischee steckt nicht nur ein Fünkchen Wahrheit, sondern eine lodernde Fackel.

Shopping Impossible - Vom kurzen Mittagseinkauf

Man stelle sich eine Touristen vor, der gegen 12 Uhr mittags in einer mittelgroßen italienischen Stadt ankommt. Was erwartet ihn? Einfache Antwort: Nada. Niente. Nichts.

Es scheint eine Geisterstadt aus einem Western der 60er Jahre zu sein, die Strohballen werden vom heißen Wind durch leere, staubige Gassen gefegt. Man fragt sich, ob derzeit das Fußball-WM Endspiel Italien-Brasilien übertragen wird oder der Dritte Weltkrieg ausgebrochen ist. Doch nichts davon ist wahr.

Wahr ist, dass das Normalität ist. Zu Mittag schließen sämtliche Geschäfte und zwischen 12:30 und 15:30 Uhr sieht man keinen echten Italiener auf den Straßen. Aber wieso?

Vielleicht sagst Du Dir: Da gibt es sicher ein Gesetz, das verbietet, die Geschäfte um die Mittagszeit geöffnet zu haben. Ausnahmen gibt es nur für Bars und die Supermarktkette um die Ecke. Doch eine Internetrecherche zeigt: kein Gesetz über Ladenöffnungszeiten zur Mittagszeit existiert im katholischen Italien, wo man manchmal auch am Sonntagnachmittag einkaufen kann. Lassen wir einmal gelten, dass die Geschäfte im Süden Italiens wegen der Sommerhitze schließen. Eine Siesta wie in allen mediterranen Ländern. Aber genügt diese Erklärung auch im herbstlich kühlen Norditalien?

Vermutlich gibt es keine zufrieden stellende Antwort. Vermutlich muss unser Tourist einfach akzeptieren, dass die italienische Kultur eine der Ruhepausen ist. Man nimmt sich Zeit für das Mittagessen und ein kurzes Schläfchen.

Lieber Tourist, was tun? Trink einen Kaffee, mach' einen Spaziergang und das nächste Mal: komm einfach später.

Eine gute Figur machen - Schön sein ist Alles

Gucci, Dolce & Gabbana, Versace, Armani, Fendi, Prada… Die Namen der italienischen Modemacher sind in der ganzen Welt bekannt. Andere Nationen beneiden die Italiener für ihre natürliche Eleganz und es scheint als ob diese sich darin einfügen. Darin können höchstwahrscheinlich nur die Franzosen mithalten. In welchem anderen Land ist es möglich, dass die Polizisten von einem weltbekannten Designer ausgestattet werden, wie in Mailand, wo die Uniformen der Feder von Armani entstammen.

Die Straßen und Plätze Italiens sind jedermanns Laufstege. Sich den anderen zu präsentieren ist Nationalsport. Ein deutsche Sprichwort sagt, dass Geschmäcker verschieden sind. Jeder nach eigenem Gusto. Elegant oder extravagant? Provokant oder unscheinbar? Das hängt nur von der Mode und Accessoires ab. Nicht nur bei Frauen oder den jungen Generationen. Ein akkurates, gepflegtes Aussehen ist auch für Männer, Kinder und die Alten erste Bürgerpflicht.

In diesem Umfeld zieht der deutsche oder englische Tourist den bösen Blick auf sich, wenn er mit bleichen Beinen und Socken in den Sandalen auf die Straße geht.

Unsere Recherchen haben ergeben, dass sich indem ruhigen Ort Forli, nahe Bologna, mehr als 160 Damenfrisöre befinden, plus 40 reine Männerfrieseure, die alttypischen Barbiere. Es lassen sich 30 Kosmetiksalons finden wo es von Haartransplantation bis Anticellulitebehandlung alles gibt.

Wo in den so beliebten Fernsehshows auf jedem Sender die selben großen, schlanken, blonden, gut gebauten, wenig bekleideten Damen neben kleinen, dunklen, glatzköpfigen Moderatoren stehen, fragen wir nicht mehr nach dem Warum. Wir wundern uns höchstens noch.

Die ständigen Begleiter

Die Italiener sind erwiesenermaßen Vorreiter in Sachen Mode. Aber welches sind die Accessoires ohne die ein Italiener keinesfalls das Haus verlässt?

Die Sonnenbrille: der wichtigste Begleiter des Italieners. Bei Tag oder Nacht, Sommer oder Winter, im Freien oder Drinnen... sie ist weniger Mittel zum Zweck sondern viel viel mehr. Sie ist ein Teil italienischer Identität, seiner Gelassenheit. Sie muss deshalb auch nicht praktisch sein, im Gegenteil, je größer je glitzernder je teurer je besser. Die italienische Sonnenbrille erklärt eine ganze Gattung an Geschäften: Optiker die zu 90% in Sonnenbrillen machen.

Die Louis-Vuitton-Tasche: Beim Spaziergang durch die italienische Stadt fällt auf, dass der Grossteil der Frauen die selbe Tasche mit dem Aufdruck Louis Vuittons trägt. Wir fragen uns: Wie often wurden diese Taschen schon versehentlich verwechselt?

Das Handy: ist Dreh- und Mittelpunkt des italienischen Lebens. Mittel zum Überleben, die Möglichkeit mit der Welt in Verbindung zu bleiben und die unnützesten Informationen auszutauschen. Der italienische "Squillo" ertönt überall: ein kurzes Anklingeln lassen auf der gewählten Nummer bestätigt Verabredungen, bedeutet der Anrufer denkt an Dich und beendet Beziehungen wenn er nicht zwei Mal pro Stunde erschallt.

Italienische Männer - oder eine blonde Geschichte

Ich habe ein Experiment gemacht: Ein Spaziergang durch den Stadtpark. Dort waren Familien mit ihren Kindern, Jugendliche spielten Fußball und die älteren Mitbürger spazierten gemütliche über die Pfade. Doch eines vereinte sie: die Väter, Großväter und Söhne. Sie folgten mir mit den Augen, die Verwegenen wagten einen kurzen Pfiff. Ich muss hinzufügen: Ich bin nicht Italienerin und blond.

Ich kam im heißen, sonnigen September in Italien an und nach drei Wochen war es genug: pfeifen, starren, grinsen, bewundert werden. Welcher Frau gefällt es nicht bewundert zu werden? Der Frau, der nichts anderes widerfährt, als ständig angebaggert zu werden. Das Klischee stimmt. Italienische Männer sind Casanovas, Schürzenjäger und immer für ein Abenteuer zu haben. Und sie wollen alles wissen: woher ich komme, wie ich heiße, wo ich wohne, ob ich mit ihnen ausgehen möchte. Als ich weiterging, folgten sie mir. Wenn ich sagte ich hätte keine Zeit zu schwatzen, fragten sie nach meiner Telefonnummer. Wenn ich erklärte, ich hätte einen Verlobten und sei schwanger, meinten sie nur, er sei ja nicht hier und würde gar nichts davon erfahren. Das ist kein Scherz! Jeder dieser Punkte ist mir irgendwann einmal widerfahren! Ich gelobe es bei Gott!

Weshalb tun italienische Männer so etwas? Weshalb diese Anziehungskraft der blonden Frauen auf italienische Männer. Ich habe einen Freund dazu befragt, einen Sardinier. Er hat mit bestätigt, dass diese Anziehungskraft existiert, konnte sie aber auch nicht erklären.

Es gibt viele Theorien. Z.B: es gibt nicht so viele blonde Frauen in Italien, die Macht der Seltenheit also. Oder die mittel- und nordeuropäischen Staaten haben das perfekte Bild der blonden Frau auch dem italienischen Geist aufgedrückt.

Ich persönlich bevorzuge die folgende Theorie: Die jungen Italiener haben nur wenig Zeit sich hormonell auszutoben. Sind sie ihren übermächtigen und kastrierenden Müttern entronnen, sind sie schon bald in den Händen ebenso übermächtiger Ehefrauen. Vielleicht sollten wir ja Mitleid mit ihnen haben...

Von der italienischen Bürokratie - "Sie benötigen da noch einen Stempel"

Bürokratie lässt einen heulen und lachen im selben Moment. Wer kennt keine Geschichten über Ämter die für nichts verantwortlich sind. Auch und besonders in Italien. Dies ist die Geschichte einer Aufenthaltserlaubnis. Ein Marathon für ein kleines Stück Papier.

Die Erlaubnis erhält man auf dem Polizeipräsidium, der Questura. Man benötigt hierzu: vier Passfotos, eine Erklärung, dass man die finanziellen Mittel für den Unterhalt besitzt, eine Erklärung über eine bestehende Krankenversicherung, einen auf dem Finanzamt registrierten Mietvertrag, eine Kopie der Europäischen Krankenversicherungskarte und des Personalausweises und den ausgefüllten Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung.

Um einen Mietvertrag mit dem Vermieter abschließen zu können, benötigt man eine Steuernummer die man auf dem Finanzamt erhält. Damit erhält man den Vertrag. Dieser muss ebenfalls auf dem Finanzamt registriert werden, es werden Gebühren für einen Stempel fällig. Fehlt auf der Questura nur eine Unterschrift, ein Stempel oder eine Kopie, ist die ganze zweistündige Warterei umsonst, bekommt man einen Termin vier Wochen später um sich ein weiteres Mal vorzustellen. Endlich ist alles geschafft. Zwei Monate später hielt ich das Papier in der Hand, nachdem ich auf dem Amt weitere zwei Stunden gewartet hatte. 8 Wochen später habe ich Italien wieder verlassen.

Oder an der Universität, wer unterschreibt mir die Formulare, wer stempelt sie? Das Büro unterschreibt nichts, das macht der Koordinator. Koordinator sei der Tutor erklärt mir das Internationale Büro. Der Tutor weiß von nichts, kann nur unterschreiben, hat keine Stempel. Zurück ins Internationale Büro, nein, sie dürfen nichts unterschreiben. Nur stempeln.

Es gibt einen Spruch in Italien: "Tutto a posto, niente in ordine." "Alles okay, nichts in Ordnung." Toll!

Überlebenstipps für den italienischen Verkehr

Der italienische Verkehr ist nicht so schlimm wie noch vor einigen Jahren als es noch unmöglich war in Rom den Petersplatz zu überqueren. Mittlerweile gibt es auch in Italien verkehrsberuhigte Zonen, die Fußgängerzonen nehmen zu. Aber immer noch sollte man sich an normalen Straßen an gewissen Regeln halten.

Erste Regel: Willst Du eine Straße überqueren und siehst eine Vespa in der Nähe. Bewege Dich keinen Millimeter, bleibe ganz ruhig, atme tief durch, zähle bis drei. Der Roller wird keineswegs, wird niemals anhalten. Nicht für Fußgänger.

Zweite Regel: Du eine Straße überqueren und siehst ein sich näherndes Auto, pass gut auf. Es wird nicht anhalten, wenn Du nicht zuvor die Hälfte der Straße überquert hast. Vielleicht nicht einmal dann.

Dritte Regel: In der Fußgängerzone pass auf die Fahrräder auf. Überlege Dir vor Betreten der Straße wo die Geschäfte liegen in die Du möchtest. Überlege Dir dann einen Weg sie alle nacheinander zu besuchen, ohne die Straße mehr als nötig zu überqueren. Fahrräder haben in Italien keine Bremsen.

Vierte Regel: Vertraue Deinem Schutzengel. Und viel Glück.

Judith Zwick und Christine Richter

   
Letzte Aktualisierung: 07.07.2006