Seite 9

Seite 9

fur ein kertzen brennen vnd tett
vil grülich rede von ir, nün
ward sie des innen, das es got
wolt an ir rechen, vnd das tat
sie kund einer andern megdt, dü
magt kam vsz dem closter vnd
ward vil vnselig, ze mal do
man da mettin1 lut, do gieng
sie uff das slaffhusz2 vil heim(-)
lich vnd bat die megdte, daz
sie nit von disen dingen redten,
wann sie wz ser betriübet, das
es so offenlich an ir was ge(-)
schehen. Es wz ir offt vor wider(-)
farn heimlich. Nü geschah es
ir erst offenlich vnd moch nicht
1 Matutin = erste Hautgebetszeit am frühen Morgen
2 Dormitorium = Schlafsaal
Vermutl.: vor ihr eine Kerze anzünden
eigentl. Schreibweise „griuwelich / griulich“ = Schrecken oder Grauen erregend, grausig, gräulich
eigentl. Schreibweise „rëchen“ = ein Unrecht bestrafen, zur Vergeltung eines Übels zufügen, Rache wofür nehmen; hier: rächen
eigentl. Schreibweise „unsælec / unsælic“ = bösartig, verderbenbringend, gottlos; vom Substantiv „unsælicheit“ abgeleitet auch unglücklich; hier: unglücklich
adv. räuml. u. zeitl. vor, vorn, voran, voraus, vorher, zuvor; hier: zuvor