Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz
 5. Tätigkeitsbericht 1993 - 1995
  
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Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz
5. Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995

Vorwort

Das Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz hat im April 1993 seinen 4. Tätigkeitsbericht vorgelegt. Mit dem nunmehr vorliegenden 5. Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 1993 bis 1995 wird diese Übersicht über die Forschungstätigkeit des Instituts fortgeschrieben. Erneut ist es Ziel dieses Tätigkeitsberichts, über die im Berichtszeitraum abgeschlossenen bzw. in Durchführung befindlichen Forschungsprojekte in den einzelnen Forschungsbereichen zu informieren, die hieraus hervorgegangenen Publikationen zu dokumentieren sowie über sonstige Einzelaktivitäten zu unterrichten.

Der Tätigkeitsbericht folgt der bereits den früheren Tätigkeitsberichten zugrunde gelegten Gliederung. Ausgehend von den im Institut vertretenen Forschungsrichtungen werden die einzelnen Forschungsprojekte dargestellt. Nachgewiesen werden ferner die Neuerscheinungen in der Reihe der "Konstanzer Schriften für Rechtstatsachenforschung".

Die allgemeine Übersicht über die Aufgaben des Instituts in Forschung und Lehre sowie über die Rahmenbedingungen für die Forschung im Institut konnte auch in diesem Tätigkeitsbericht kurz gehalten und auf eine knappe Übersicht beschränkt werden. Die hierzu auf dem Symposium "Rechtstatsachenforschung heute" gegebenen Informationen sind im wesentlichen unverändert gültig. Die dort gehaltenen Referate sind in Band 1 der "Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung" veröffentlicht.

Konstanz, im März 1997

Prof. Dr. W. Heinz
Geschäftsführender Direktor


A. Aufgaben des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz

I. Aufgaben des Instituts in Forschung und Lehre

Das 1982 gegründete Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz hat die Aufgabe, Forschungsvorhaben durchzuführen, welche die tatsächlichen Grundlagen, Wirkungen und Zielabweichungen von bestehenden und geplanten rechtlichen Regelungen und ihre Ursachen aufzeigen sollen. Hierbei macht sich das Institut die Erfahrungen der Praxis in der Rechtssetzung und Rechtsanwendung nutzbar durch eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit wissenschaftlich arbeitenden Praktikern. Die Praktikerforschungsgruppe Stuttgart, die aus dem ehemaligen Verein "Institut für Rechtstatsachenforschung Stuttgart e.V." hervorgegangen ist, bildet eine Außenstelle des Instituts für Rechtstatsachenforschung. Sie führt Forschungsprojekte nach eigener Bestimmung durch und kann bei der wissenschaftlichen Aufbereitung der Praxisbezüge anderer Forschungsvorhaben des Instituts beratend mitwirken. Ergeben sich sachliche Berührungspunkte mit Forschungsvorhaben des Instituts, so wird eine gemeinsame Bearbeitung angestrebt. Die Erfahrungen der Praxis kann sich das Institut ferner dadurch nutzbar machen, daß - zeitlich befristet - Praktiker zur Mitarbeit an einzelnen Forschungsvorhaben abgeordnet werden.

Die dem Institut zugeordneten Professoren wirken darüber hinaus an der Juristenausbildung mit und sollen auch aus ihren Forschungen Lehrveranstaltungen entwickeln, die den Studierenden die Rechtsordnung mit ihren Wechselbezügen zu den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Tatbeständen aufzeigen.

II. Forschungsrichtungen des Instituts

Satzungsgemäß sollen im Institut insbesondere folgende Forschungsrichtungen gepflegt werden:
1. Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie.
2. Privatrechtliche Rechtstatsachenforschung, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts.
3. Wirtschaftsrechtliche Rechtstatsachenforschung unter besonderer Berücksichtigung des internationalen Wirtschaftsrechts.
4. Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung.
5. Verfahrensrechtliche Rechtstatsachenforschung.

Die Rechtstatsachenforschung in diesen Forschungsfeldern ist nicht nur für die Rechtswissenschaft bedeutsam, sondern auch für den Gesetzgeber, für den sie das Tatsachenmaterial aufbereitet, das er benötigt, wenn er neue Gesetze erlassen und bestehende ändern will. Ihre Ergebnisse sind ferner für die Rechtsprechung bedeutsam, die bei der Entscheidungsfindung häufig auch Folgeerwägungen anstellen muß. Schließlich dient die Rechtstatsachenforschung auch der Verwaltung, insbesondere hinsichtlich der Fremd- und Selbstkontrolle.

B. Rahmenbedingungen für Forschung im Institut für Rechtstatsachenforschung

I. Institutsangehörige

Nach der Institutssatzung gehören dem Institut an:

1. Die Professoren, denen Arbeitsbereiche im Institut zugewiesen sind, und die ihnen zugeordneten wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie Hilfskräfte, soweit sie mit Aufgaben des Instituts befaßt sind,

2. Die Mitarbeiter der Praktikerforschungsgruppe mit Wirksamkeit der Freistellungsverfügung des Justizministeriums.

1. Professoren mit Arbeitsbereichen im Institut

Zu Beginn des Berichtszeitraumes (1.1.1993) gehörten folgende Professoren der Juristischen Fakultät dem Direktorium des Instituts an:

Prof. Dr. H.-J. Albrecht
Prof. Dr. W. Brohm
Prof. Dr. Dr. C. T. Ebenroth
Prof. Dr. K. Hailbronner
Prof. Dr. W. Heinz
Prof. Dr. H. Maurer
Prof. Dr. B. Rüthers
Prof. Dr. B. Schulin

Durch die Annahme eines Rufes an die Universität Dresden ist Herr Prof. Dr. H.-J. Albrecht zum 4. Oktober 1993 aus dem Institut für Rechtstatsachenforschung ausgeschieden.

Von den im Berichtszeitraum dem Institut angehörenden Professoren der Juristischen Fakultät werden insbesondere folgende Forschungsrichtungen gepflegt:

Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie:
Prof. Dr. H.-J. Albrecht
Prof. Dr. W. Heinz

Privatrechtliche Rechtstatsachenforschung, insbesondere im Bereich des Arbeits- und des Sozialrechts:
Prof. Dr. B. Rüthers
Prof. Dr. B. Schulin

Wirtschaftsrechtliche Rechtstatsachenforschung unter besonderer Berücksichtigung des internationalen Wirtschaftsrechts:
Prof. Dr. Dr. C. T. Ebenroth

Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung:
Prof. Dr. W. Brohm
Prof. Dr. K. Hailbronner
Prof. Dr. H. Maurer

2. Mitarbeiter der Praktikerforschungsgruppe Stuttgart

Der Praktikerforschungsgruppe gehörten zu Beginn des Berichtszeitraums (1.1.1993) an:

- Vorsitzender Richter am OLG Gerhard Schedler,
- Richter am OLG Dieter Treuer,
- Richter am OLG Dr. Walther Gottwald (bis 31.1.1994),
- Richterin am OLG Brigitte Legler,
- Richter am OLG Albrecht Kober (ab 1.11.1994).

Eine der beiden Praktikerstellen des Instituts wurde der Praktikerforschungsgruppe zur Mitwirkung im Projekt "Arbeitsplatz Gericht" zur Verfügung gestellt und war in der Zeit vom 1.6.1994 bis 31.8.1995 mit Herrn Staatsanwalt Dr. Claus-Jürgen Hauf besetzt.

Von der Praktikerforschungsgruppe Stuttgart werden vor allem Untersuchungen auf dem Gebiet der verfahrensrechtlichen Rechtstatsachenforschung durchgeführt. Dazu gehören Gesetzgebungslehre und Rechtsprechungslehre, insbesondere Aussage- und Vernehmungspsychologie. Einen neuen Schwerpunkt bildete im Berichtszeitraum die Untersuchung der Arbeitsabläufe an den Amtsgerichten (Zivil), die unter dem Generalthema "Arbeitsplatz Gericht" durchgeführt wurde.

3. Abgeordnete Praktiker bzw. wissenschaftliche Angestellte

Nach der Institutssatzung gehören dem Institut schließlich an die vorübergehend an die Universität für das Institut abgeordneten Praktiker. Wegen der Personalknappheit in der Justiz, die u.a. eine Folge der durch das Land Baden-Württemberg geleisteten personellen Unterstützung des Freistaates Sachsen beim Aufbau der Justizverwaltung ist, willigte das Ministerium für Wissenschaft und Forschung Baden-Württemberg auf Antrag der Universität Konstanz in die Besoldung von wissenschaftlichen Angestellten bei gleichzeitiger Nichtinanspruchnahme der Abordnungsmittel ein.

Im Berichtszeitraum (1993-1995) waren folgende Praktiker bzw. wissenschaftliche Angestellte in Forschungsprojekten tätig:

- Herr Harald Arnold für die Zeit vom 1.1.1993 bis 31.12.1993 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Lokale Kokainmärkte und Strafverfolgung" (Projektleiter: Prof. Dr. Hans-Jörg Albrecht).

- Herr Jürgen Wölfle für die Zeit vom 1.1.1994 bis 29.2.1996 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Organisation des Umweltschutzes. Die Rolle der Umweltschutzbeauftragten der Gemeinden" (Projektleiter: Prof. Dr. Winfried Brohm).

- Frau Carina Tetal für die Zeit ab 1.2.1996 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Rückfallstatistik - BZR (Bundeszentralregister)" (BAT II a/2) (Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Heinz).

- Herr Bertrand Lisbach für die Zeit vom 1.5.1996 bis 31.12.1996 zur Mitwirkung in den Forschungsprojekten "Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg" und "Entwicklung eines multiplen Indikatorensystems zur Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung (Kriminalitätsindikatoren) (BAT II a/2) (Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Heinz).

- Herr Bruno Bartscher für die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.3.1994 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Der Verwaltungsvertrag in der Praxis" (Projektleiter: Prof. Dr. Hartmut Maurer).

- Herr Staatsanwalt Dr. Claus-Jürgen Hauf vom 1.6.1994 bis 31.8.1995 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Arbeitsplatz Gericht" der Praktikerforschungsgruppe Stuttgart.

- Herr Peter Sutterer für die Zeit ab 1.10.1995 zur Mitwirkung im Forschungsprojekt "Rückfallstatistik - BZR (Bundeszentralregister)" (Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Heinz).

II. Ausstattung des Instituts mit Personal- und Sachmitteln

1. Ausstattung mit Haushaltsmitteln

Das Institut wurde zu einer Zeit gegründet, als die Haushaltslage allenthalben Einsparungen erforderte. Hieran hat sich auch im Berichtszeitraum nichts geändert. Die neben die Grundausstattung der einzelnen Lehrstühle tretende Personalausstattung des Instituts ist dementsprechend bescheiden:

- eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle (BAT IIa/Ib)   und
- zwei Abordnungsstellen für Praktiker, die in rechtstatsächlichen Forschungsprojekten mitarbeiten sollen, wobei seit 1991, wie zuvor erwähnt, zumeist wissenschaftliche Angestellte eingestellt wurden.

Die regelmäßige Abordnungszeit für Praktiker beträgt zwei Jahre. Forschungsprojekte, die mit Unterstützung eines abgeordneten Praktikers durchgeführt werden sollen, sind deshalb so zu planen und durchzuführen, daß die für den Praktiker vorgesehenen Forschungsaufgaben innerhalb eines Zweijahreszeitraumes erledigt werden können. Da jedes Mitglied des Direktoriums die Möglichkeit haben sollte, mit Unterstützung eines Praktikers ein Forschungsprojekt durchzuführen, hat sich das Direktorium auf folgende Grundsätze verständigt:

- Die Praktikerstellen dienen dazu, die Erfahrungen der Praxis für die Forschung nutzbar zu machen; in besonders begründeten Ausnahmefällen schließt dies eine Zuweisung an die Praktikerforschungsgruppe nicht aus.
- Die Zuweisung erfolgt grundsätzlich nur für die Dauer von zwei Jahren und nur für die Mitarbeit in einem konkreten Forschungsprojekt. Die Projekte sollten deshalb so angelegt sein, daß sie nur während dieses Zeitraumes der Mitarbeit eines Praktikers bedürfen.
- Eine projektbedingte Verlängerung der Zuweisung ist zwar nicht ausgeschlossen, sie sollte aber nur für einen kurzen Zeitraum und nur mit dem Ziel erfolgen, den ansonsten gefährdeten Abschluß des Projekts zu gewährleisten.

Die Praktikerforschungsgruppe Stuttgart ist personell ausgestattet mit zum Teil von ihren richterlichen Aufgaben freigestellten Richtern.

Das Institut verfügt, abgesehen von Mitteln für den Geschäftsbedarf und von Reisekostenmitteln, über keine eigenen Sachmittel zur Durchführung von Forschungsvorhaben. Die Mitglieder des Instituts müssen sich deshalb zur Finanzierung ihrer Forschungsvorhaben den auch sonst üblichen wissenschaftlichen Auswahlverfahren stellen, d.h. in jedem Einzelfall Forschungsmittel einwerben, seien es universitäre Forschungsmittel, seien es - überwiegend - Sachbeihilfen von Drittmittelgebern.

An der seit 1988 durch einen Beschluß des Senats der Universität Konstanz geschaffenen Veränderung in der Möglichkeit, inneruniversitär Mittel für studentische Hilfskräfte einzuwerben, hat sich nichts verändert. Auf seiner Sitzung am 9.11.1988 hat der Senat folgenden Beschluß gefaßt:

"1. Die im Rahmen der Globalaufteilung bei Titel 42771 - studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte - dem Ausschuß für Forschungsfragen zur Empfehlung für Forschungsvorhaben gewidmete Mittel sollen nur für Forschungsvorhaben von Wissenschaftlern, die nicht über einen Grundbetrag verfügen, bereitgestellt werden.
2. Der unter 1. gefaßte Beschluß bedarf der jährlichen Bestätigung im Rahmen der Globalaufteilung."

Dieser Beschluß wurde in den Folgejahren bestätigt, zuletzt durch Senatsbeschluß vom 30.11.1994 hinsichtlich der Mittel für das Haushaltsjahr 1995.

2. Drittmittel

Von Mitgliedern des Instituts wurden für die Durchführung von Forschungsprojekten Drittmittel von Einrichtungen der Forschungsförderung eingeworben. Im Berichtszeitraum waren Drittmittelgeber UNICRI, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Bundesministerium der Justiz und das Innenministerium Baden-Württemberg.

C. Leitung und Verwaltung des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz

Das Institut wird durch einen geschäftsführenden Direktor geleitet. Im Berichtszeitraum nahm Prof. Dr. W. Heinz diese Aufgabe wahr.

Bei der Erfüllung seiner Aufgaben wird er von der Verwaltung der Juristischen Fakultät unterstützt, namentlich vom Fakultätsreferenten, Herrn Akad. Oberrat Nikolaus Assfalg.

Für die Entscheidung grundsätzlicher Angelegenheiten ist das Direktorium des Instituts ausschließlich zuständig, das auch über alle Angelegenheiten des Instituts entscheiden kann.

Dem Direktorium gehören satzungsgemäß an
1. die Professoren, denen Arbeitsbereiche im Institut zugewiesen sind,
2. der Leiter der Praktikerforschungsgruppe, wenn er die Voraussetzungen des Universitätsgesetzes zur Übernahme einer Leitungsfunktion in einer wissenschaftlichen Einrichtung erfüllt.


D. Tätigkeitsberichte aus den einzelnen Forschungsbereichen

I. Rechtstatsachenforschung zu Grundlagenproblemen der Rechtswissenschaft (Rüthers)

1. Didaktik der allgemeinen Rechtslehre

Dazu ist ein Grundriß der Allgemeinen Rechtslehre in Vorbereitung.

2. Gerechtigkeitstheorie

Dazu sind erschienen:

Rüthers, Bernd: Das Ungerechte an der Gerechtigkeit. Defizite eines Begriffs. 2. Aufl., Zürich 1993.

Rüthers, Bernd: Sprache und Recht. Verleihung des Hanns Martin Schleyer-Preises 1994 und 1995. Veröffentlichungen der Hanns Martin Schleyer-Stiftung. Band 44, Köln 1995, 57-66.

3. Rechtsordnung und Systemwechsel

Dazu sind erschienen:

Rüthers, Bernd: Ideologie und Recht im Systemwechsel. Ein Beitrag zur Ideologieanfälligkeit geistiger Berufe. München 1992.

Rüthers, Bernd: Die Wende-Experten - Zur Ideologieanfälligkeit geistiger Berufe am Beispiel der Juristen. 2., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage des Buches "Ideologie und Recht im Systemwechsel", München 1995.

Rüthers, Bernd: Immer auf der Höhe des Zeitgeistes? Wissenschaft im Wandel der politischen Systeme am Beispiel der Jurisprudenz. Konstanzer Universitätsreden. Konstanz 1993.

Rüthers, Bernd: Wissenschaft und Weltanschauung am Beispiel der Jurisprudenz. 7. Peter Kaiser-Vortrag vom 28.4.1995, Vorträge am Liechtenstein-Institut. Kleine Schriften 21, Vaduz 1995.

Rüthers, Bernd: Kontinuitäten. Zur Wirkungsgeschichte von Carl Schmitt in der Bundesrepublik Deutschland. Anmerkung zu Dirk van Laak, Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Rechtshistorisches Journal 13, 1994, 142-164.

Rüthers, Bernd: Cuius regio, eius iustitia. In: Goydke, Jürgen u.a. (Hrsg.): Festschrift für Walter Remmers. Köln 1995, 15-30.

Rüthers, Bernd: Die unbegrenzte Auslegung - Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus - 5. Auflage in Vorbereitung.

II. Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie (Albrecht)

Lokale Kokainmärkte

1. Kurzbericht über das Projekt

In der Untersuchung über lokale Kokainmärkte wurde die Stadt Frankfurt als Erhebungseinheit gewählt. Die Fragestellung der Studie bezog sich auf die Struktur des Kokainmarkts, Beziehungen zu anderen Drogenmärkten sowie insbesondere die polizeiliche Ermittlungstätigkeit und ihre Auswirkungen auf den Drogenmarkt.

Der Untersuchungsansatz schloß die Erhebung von polizeilichen Informationen über Tatverdächtige und Straftaten, beschlagnahmte Drogen sowie weitere von Behörden (beispielsweise Zoll) gesammelte Daten ein. Darüber hinaus wurden Interviews mit Schlüsselpersonen (beim Landeskriminalamt Hessen, bei der Polizeidirektion Frankfurt, bei der Straßensozialarbeit u. a.) geführt. Hinzu traten Gespräche mit Personen, die im Drogenhandel tätig waren bzw. sind. Die vorhandenen Informationen wurden dokumentiert und ausgewertet. Die Befunde zeigen, daß der Kokainmarkt von den anderen Drogenmärkten deutlich getrennt ist. Dem widerspricht nicht, daß Kokain auch in der offenen Heroinszene benutzt wird. Im übrigen haben die Strafverfolgungsbehörden bislang keinen Weg gefunden, vergleichbar dem Heroinmarkt, in die Kokainszenen einzudringen. Dafür sprechen die großen beschlagnahmten Mengen von Kokain einerseits, die ganz wesentlich aus Großaufgriffen bestehen, und die zeitweise gar die Menge des beschlagnahmten Heroins übersteigen, während auf der anderen Seite die Zahl der polizeilich registrierten und erfaßten Kokainkonsumenten bei weitem nicht die Größenordnung der polizeilich registrierten Herointatverdächtigen erreicht.

2. Veröffentlichungen

1. Albrecht, Hans-Jörg: Ethnic minorities, culture conflicts and crime. In: Crime, law & social change 19, 1995, 19-36.

2. Albrecht, Hans-Jörg: Drug couriers: The response of the German criminal justice system. In: Green, Penny (Hrsg.): Drug couriers: A new perspective. Howard League Handbook, vol. 2, London 1996, 61-75.

3. Albrecht, Hans-Jörg: Les politiques de la drogue en Allemagne. Construction d'un problème en mouvement. In: Ehrenberg, Alain (Hrsg.): Vivre avec les drogues. Communications 62, 1996, 47-65.

4. Albrecht, Hans-Jörg: Ethnic minorities, crime and criminal justice in Germany. In: Tonry, Michael (ed.): Ethnicity, crime and immigration. Comparative and Cross-National Perspectives. Crime and Justice: A review of research. Vol. 21, Chicago 1996, 31-99.

II. Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie (Heinz)

1. Entwicklung eines multiplen Indikatorensystems zur Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung (Kriminalitätsindikatoren)

1.1 Kurzbericht über das Projekt

Zustand und Entwicklung der objektiven Lebensbedingungen sowie der subjektiven Lebensqualität werden mittels Indikatorensystemen gemessen, beschrieben und analysiert. In den gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland verwendeten Systemen sozialer Indikatoren wird der Bereich "Innere Sicherheit und Kriminalität" nur unzulänglich durch Aufnahme ausgewählter Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik berücksichtigt. Diese Indikatorensysteme sind jedoch ergänzungsbedürftig, und zwar sowohl bezüglich der objektiven als auch der subjektiven Komponenten der Inneren Sicherheit.

1. Objektive Komponenten der Inneren Sicherheit:

1.1 Die amtlichen Kriminal- und Rechtspflegestatistiken erfassen im wesentlichen nur Straftaten, die der Polizei zur Anzeige gebracht werden. Da das Anzeigeverhalten dem Wandel unterworfen ist, kann von Veränderungen der amtlich registrierten Kriminalität nicht auf gleichsinnige Veränderungen der "Verbrechenswirklichkeit" geschlossen werden. Hierzu bedarf es einer unmittelbaren Erfassung der Viktimisierung durch Befragung der Opfer.

Ein Teil der Straftaten wird gar nicht entdeckt, von den entdeckten Taten wird nur ein Teil angezeigt. Das, was den offiziellen Stellen zur Kenntnis kommt, ist weitgehend von dem Anzeigeverhalten Privater abhängig. Im Bereich der Eigentums- und Vermögenskriminalität, die immerhin drei Viertel der gesamten, in der Bundesrepublik Deutschland polizeilich registrierten Kriminalität ausmacht, werden z. B. der Polizei über 90% dieser Straftaten nur durch Anzeigen Privater bekannt. Angezeigt wird aber nur ein Teil aller Delikte, von den Eigentums- und Vermögensdelikten im Schnitt - einigen Studien zufolge - nicht mehr als 50%, nach anderen Untersuchungen nur 10%. Daß die Anzeigebereitschaft über Jahrzehnte hinweg konstant geblieben ist, kann ernstlich nicht angenommen werden. Allerdings fehlen eindeutige empirische Belege für Richtung und Ausmaß des Wandels. Es gibt lediglich aus Einzelbereichen Anhaltspunkte und eine Reihe plausibler Erwägungen.

Die Daten der amtlichen Kriminal- und Rechtspflegestatistiken sollten deshalb ergänzt werden durch "statistikbegleitende Dunkelfeldforschung". Derartige Untersuchungen gibt es, im Unterschied zu den USA, England oder Holland, in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht. Nur durch Einbeziehung von Daten auch zur nicht angezeigten und nicht amtlich registrierten Kriminalität ist es möglich, über Ausmaß, Struktur und Entwicklung der Gesamtkriminalität, einschließlich der im "Dunkel" gebliebenen Kriminalität, über Veränderungen des Anzeigeverhaltens sowie über das tatsächliche Risiko, Opfer ausgewählter Straftaten zu werden, etwas zu erfahren.

Ein Ziel wird deshalb sein, durch "statistikbegleitende Dunkelfeldforschung" bei ausgewählten Delikten zum einen die Veränderungen im Dunkelfeld zu messen und den Hellfelddaten gegenüberzustellen, zum anderen das Anzeigeverhalten zu erfragen, um Art und Ausmaß der Richtung von Veränderungen im Anzeigeverhalten bestimmen zu können.

1.2 Was in den amtlichen Statistiken registriert wird, ist das Ergebnis eines Selektionsprozesses. Da die Kriminalstatistiken Arbeitsergebnisse der Instanzen strafrechtlicher Sozialkontrolle widerspiegeln, informieren sie primär über einen mehrseitigen Prozeß der Ausfilterung. Ein valides Indikatorensystem wird diesen Ausfilterungsprozeß ebenfalls widerspiegeln müssen.

Die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik geben nur die "Situation des Verdachts" wieder, weshalb eine "Kontrolle" durch die Daten der Strafverfolgungsstatistik, also über die letztendlich rechtskräftig Verurteilten, notwendig ist. Darüber hinaus, etwa um die "Kontrolldichte" oder die "Punitivität" zu messen, sollten auch die Daten über die unter Bewährungsaufsicht stehenden Personen sowie über die Inhaftierten berücksichtigt werden. In einem multiplen Indikatorensystem sollten deshalb - zusätzlich zu den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik - auch Daten der Strafverfolgungs-, der Bewährungshilfe- und der Strafvollzugsstatistik eingestellt werden.

2. Subjektive Komponenten der Inneren Sicherheit: Das (Un-)Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand sowohl wissenschaftlichen Interesses als auch kriminalpolitischer Überlegungen geworden. Das (Un-)Sicherheitsgefühl ist - wie unzutreffend es im Lichte des tatsächlichen Risikos auch sein mag - aus mehreren Gründen von großer Bedeutung:

- In ihren Konsequenzen ist das (Un-)Sicherheitsgefühl für die Betroffenen real. Kriminalitätsfurcht mindert objektiv Lebensqualität. Sie führt zu Schutzvorkehrungen und zu Vermeideverhalten, zur Reduzierung von Aktivitäten, zur Lockerung sozialer Beziehungen bis hin zur Isolation. Ängstliche schließen sich selbst ein, um den Täter auszuschließen.

- Kriminalitätsfurcht ist ferner deshalb ernst zu nehmen, um "self-fulfilling prophecies" zu vermeiden. Denn Kriminalitätsfurcht, die zum Meiden von Örtlichkeiten und Situationen führt, kann diese wegen des Verlustes sozialer Kontrolle erst kriminogen werden lassen.

- Kriminalitätsfurcht verdient schließlich wegen weiterer unerwünschter Effekte - Verlust des Vertrauens in den Rechtsstaat, Förderung von Selbstjustiz/Bürgerwehren und Förderung der "Bystander"-Mentalität - besondere kriminalpolitische Aufmerksamkeit.

Deshalb sind zusätzlich zu objektiven Komponenten der Inneren Sicherheit auch die subjektiven Komponenten der Inneren Sicherheit zu berücksichtigen, insbesondere die Einschätzung der allgemeinen Kriminalitätsentwicklung, die personale Kriminalitätsfurcht, die Einschätzung des Risikos, Opfer einer Straftat zu werden sowie Aspekte des Schutz- und Vermeideverhaltens.

Zur Vorbereitung einer derartigen Langzeitstudie, die jährliche Wiederholungsbefragungen bei repräsentativen Stichproben der Wohnbevölkerung voraussetzt, wurden 1995 im Rahmen des ALLBUS Fragen zu Viktimisierung und Kriminalitätsfurcht mitgeführt. 1996 wurde diese Befragung hinsichtlich der Viktimisierung wiederholt.

1.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

2. Jugendkriminalität und (straf-)rechtliche Sozialkontrolle

2.1 Kurzbericht über das Projekt

Das Forschungsprojekt wurde bereits im Tätigkeitsbericht des Instituts für Rechtstatsachenforschung 1990-1992 eingehend erörtert (vgl. dort S. 15 ff.). Es sollen deshalb nur die neueren Ergebnisse vorgestellt und die weiteren Veröffentlichungen nachgewiesen werden.

Die gegenwärtige Diskussion in Wissenschaft, Politik und Medien um steigende (Jugend-)Kriminalität dramatisiert durch Verwendung nicht hinreichend differenzierter Daten der amtlichen Kriminal- und Rechtspflegestatistiken:

- Sinnvolle Aussagen über die Entwicklung der "registrierten" Kriminalität können nicht anhand absoluter Zahlen über ermittelte Tatverdächtige oder gerichtlich Verurteilte getroffen werden. Mindestvoraussetzung des Vergleichs ist, daß die jeweilige Bevölkerungsgröße, der die registrierte Kriminalität zugerechnet wird, berücksichtigt wird. Dies geschieht durch Berechnung der sog. Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) bzw. der Verurteiltenbelastungszahl (VBZ), d. h. der auf 100.000 der altersgleichen Wohnbevölkerung bezogenen Zahl der Tatverdächtigen bzw. der Verurteilten.

- Eine valide Aussage über die Entwicklung der Kriminalitätsbelastung ist jedoch nur möglich, wenn aufgrund der Bevölkerungsstatistik die jeweiligen Bezugsgrößen hinreichend genau bekannt sind. Voraussetzung hierfür ist wiederum die melderechtliche Erfassung durch die Einwohnermeldeämter. Melderechtlich nicht erfaßt werden insbesondere die Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte, Touristen/Durchreisende sowie illegal sich im Bundesgebiet aufhaltende Nichtdeutsche. Da in den letzten Jahren sowohl die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen als auch der Anteil der nicht bei den Einwohnerbehörden registrierten ausländischen Tatverdächtigen deutlich angestiegen ist, werden nicht entsprechend differenzierte Belastungszahlen in zunehmendem Maße überschätzt.

- Daraus folgt, daß valide Aussagen über die Entwicklung der registrierten Kriminalität bestimmter, nach Alter und Geschlecht differenzierter Tatverdächtigen- bzw. Verurteiltengruppen auf der Grundlage der veröffentlichten Daten der amtlichen Statistiken nur für die Teilgruppe der Deutschen deshalb nicht möglich sind, weil diese infolge der vorgegebenen Kategorien keine Differenzierungen nach Alters- und Geschlechtsgruppen einerseits, nach Aufenthaltsstatus andererseits erlauben.

Der Vergleich der Tatverdächtigenzahlen Jugendlicher und Heranwachsender mit den Verurteiltenzahlen dieser Altersgruppen zeigt, und zwar sowohl für die Belastung insgesamt (Straftaten ohne Straftaten im Straßenverkehr) als auch für einzelne Deliktsgruppen, daß die Anstiege auf der Ebene der polizeilichen Registrierung keine Entsprechung auf der Ebene der Verurteilten haben. Die Schere zwischen TVBZen und VBZen hat sich in dem statistisch überblickbaren Zeitraum, also dem Zeitraum für den Statistiken für deutsche Tatverdächtige bzw. Verurteilte vorliegen, nämlich für die Jahre zwischen 1984 und 1994, bei allen in den Vergleich einbezogenen Deliktsgruppen immer weiter geöffnet, und zwar seit 1989. Zuvor verliefen die beiden Kurven auf unterschiedlichem Niveau weitgehend parallel:

Die Gründe für diese Auseinanderentwicklung seit 1989 sind mangels entsprechender Forschungen noch unbekannt. Die amtlichen Kriminal- und Rechtspflegestatistiken sind nicht hinreichend differenziert, um diese Fragen klären zu können. Erforderlich wären Primärdatenerhebungen. Keiner der in Betracht kommenden Gründe dürfte für sich allein ausreichen, um diese Entwicklung, die sich bei diesen höchst unterschiedlichen Delikten in gleicher Weise zeigt, hinreichend zu erklären. Am ehesten bieten sich folgende Erklärungen an:

Mangels näherer Forschungen sind derzeit nur Vermutungen möglich. Plausibel erklärbar sein dürfte die Diskrepanz bei Diebstahl/Unterschlagung durch die Zunahme von Verfahrenseinstellungen. Bei den gravierenden Deliktsformen - Mord/Totschlag, Raub und Erpressung - dürfte dies dagegen keine hinreichende Erklärung sein. Diesbezüglich sind Änderungen sowohl der Verdachtsschöpfung als auch der Bewertung zu vermuten, die im weiteren Verfahrensgang durch Staatsanwaltschaft und Gericht korrigiert werden.

Angesichts der gegenwärtigen Forschungs- und Datenlage erscheint es einseitig, voreilig und gefährlich, nur die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik kriminalpolitischen Diskussionen und weitreichenden Entscheidungen zugrunde zu legen.

Die Diskussion leidet ferner unter einer folgenreichen Blickverengung: Die Konzentration auf Jugendkriminalität verstellt den Blick auf die wirklich gravierenden Rechtsgüterverletzungen Erwachsener und auf junge Menschen als Opfer von Straftaten (auch durch Erwachsene). Diese Konzentration der Diskussion auf Jugendkriminalität ist nur erklärbar durch die überholte Alltagstheorie, wonach Jugendkriminalität Einstieg in schwere oder wiederholte Kriminalität sei. Die jugendkriminologische Forschung der letzten Jahre hat demgegenüber die "Normalität" der Jugendkriminalität und die kriminalpolitische "Vernünftigkeit" des deutschen Jugendstrafrechts belegt. Es gibt empirisch keinen Anlaß, an der Richtigkeit der bisherigen Befunde jugendkriminologischer Forschung zu zweifeln, insbesondere daran nicht, daß es richtig ist, davon auszugehen, daß

Angesichts der sich gegenwärtig abzeichnenden Wende in der Sanktionspraxis der Jugendkriminalrechtspflege in Richtung auf ein mehr tatorientiertes, zunehmend mehr ahndende (statt stützende, helfende, chancenverbessernde) Sanktionen einsetzendes Strafrecht ist eine zweite "innere Reform" des deutschen Jugendstrafrechts geboten: Mehr denn je ist es erforderlich, daß sich die Praxis der empirischen Grundlagen sowohl hinsichtlich der Entstehungsgründe von Jugendkriminalität als auch der Möglichkeiten der Beeinflussung durch (jugend-)strafrechtliche Reaktionen vergewissert und folgenorientiert handelt. Hierzu zählt auch, daß die gesetzgeberischen Intentionen des 1. JGGÄndG ins Bewußtsein gerückt und umgesetzt werden.

(Jugend-)Strafrecht kann soziale Probleme nicht lösen. Prävention hat deshalb Vorrang vor Repression. Die Jugendkriminalrechtspflege sollte freilich nicht nur auf ihre begrenzte Problemlösungskapazität hinweisen, sondern auch ihr Fachwissen in kriminalpräventive Konzepte einbringen. Da Probleme dort am ehesten und besten gelöst werden können, wo sie entstehen, ist die Gemeinde der Ort, wo entsprechende Konzepte mit Aussicht auf (begrenzten) Erfolg ansetzen können.

2.2 Veröffentlichungen

1. Heinz, Wolfgang: Abschied von der "Erziehungsideologie" im Jugendstrafrecht? Zur Diskussion über Erziehung und Strafe. Recht der Jugend und des Bildungswesens 40, 1992, 123-143.

2. Heinz, Wolfgang: Jugendstrafe und ihre Alternativen: Rechtliche Anforderungen - empirische Befunde. In: Trenczek, Thomas (Hrsg.): Freiheitsentzug bei jungen Straffälligen. Die Situation des Jugendstrafvollzugs zwischen Reform und Alternativen. Bonn 1993, 50-92.

3. Heinz, Wolfgang: Verfahrensrechtliche Entkriminalisierung (Diversion) im Jugendstrafrecht: Zielsetzungen, Implementation und Evaluation. Neue Kriminalpolitik 6, 1994, H. 1, 29-36.

4. Heinz, Wolfgang: Jugendkriminalität, Jugendkriminalrechtspflege und Jugendkriminalrechtspolitik. In: ajs-Informationen. Mitteilungsblatt der Aktion Jugendschutz, Dezember 1994, 6/94, 1-10.

5. Heinz, Wolfgang: Jugendkriminalität. In: Kofler, Georg; Graf, Gerhard (Hrsg.): Sündenbock Fernsehen? Aktuelle Befunde zur Fernsehnutzung von Jugendlichen, zur Wirkung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen und zur Jugendkriminalität. Berlin 1995, 107-143.

6. Heinz, Wolfgang: Jugendkriminalität und strafrechtliche Sozialkontrolle in der Bundesrepublik Deutschland. In: Festschrift für Koichi Miyazawa. Baden-Baden 1995, 93-139.

7. Heinz, Wolfgang: Anstieg der Jugendkriminalität? Die Grenzen des Jugendstrafrechts, die Möglichkeiten der Prävention. DVJJ-Journal 7, 1996, 344-360.

8. Heinz, Wolfgang: "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" - Forschungen und Forschungskonzept der Arbeitsgruppe "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz. In: Müller-Dietz, Heinz (Hrsg.): Dreißig Jahre Südwestdeutsche und Schweizerische Kriminologische Kolloquien. Freiburg 1994, 128-174.

9. Spieß, Gerhard: Reaktionen der Strafjustiz bei jungen Wiederholungstätern: Wieviel Strafe muß sein? In: Polizei-Führungsakademie (Hrsg.): Jugendkriminalität. Seminar vom 30. August bis 3. September 1993, 123-142.

10. Spieß, Gerhard: Junge Wiederholungstäter. Oder: Wieviel Strafe muß sein? Kriminalistik 48, 1994, 111-117.

11. Spieß, Gerhard: Theoriebezüge von Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung in der Kriminologie: Braucht die kriminologische Forschung soziologische Theorien? In: Bora, Alfred; Liebl, Karlhans (Hrsg.): Theoretische Perspektiven rechtssoziologischer und kriminologischer Forschung. Frankfurt/New York 1994, 105-153.

3. Studien zur Sanktionspraxis von Staatsanwaltschaft und Gericht in der BRD

3.1 Kurzbericht über das Projekt

Das Forschungsprojekt wurde bereits im Tätigkeitsbericht des Instituts für Rechtstatsachenforschung 1990-1992 eingehend erörtert (vgl. dort S. 20 ff.). Es sollen deshalb nur die neueren Ergebnisse vorgestellt und die weiteren Veröffentlichungen nachgewiesen werden.

Einer der Schwerpunkte des Forschungsprojekts im Berichtszeitraum war die Untersuchung der Handhabung der Verfahrenseinstellungen (Diversion) durch Staatsanwaltschaft und Gericht im Jugendstrafverfahren und im allgemeinen Strafverfahren.

Hinsichtlich der jugendstrafrechtlichen Diversion wurde insbesondere festgestellt:

Hinsichtlich der Diversion im Allgemeinen Strafrecht wurde festgestellt:

Was die formellen, also durch Urteil verhängten Sanktionen angeht, so ist die Entwicklung der Sanktionspraxis gekennzeichnet durch die nachhaltige Zurückdrängung der vollstreckbaren, freiheitsentziehenden Sanktionen. 1882 betrug der Anteil der unbedingten freiheitsentziehenden Sanktionen 76,8%, 1994 nur noch 6,9% aller nach Jugend- und Erwachsenenstrafrecht verhängten Sanktionen. Werden auch die Einstellungen gem. §§ 153, 153a, 153b StPO, §§ 45, 47 JGG berücksichtigt, dann dürften (Stand: 1994) lediglich noch 3,4% aller sanktionierbaren Personen zu einer unmittelbar mit Freiheitsentziehung verbundenen Sanktion verurteilt worden sein.

Die Entwicklung der Sanktionspraxis ist ferner gekennzeichnet durch den zunehmenden Gebrauch der Strafaussetzung zur Bewährung. Der Anteil der ausgesetzten Freiheitsstrafen hat sich in den letzten 40 Jahren mehr als verdoppelt, obwohl durch die zunehmende Verlagerung auf informelle Sanktionen und auf Geldstrafen eher "schwere Fälle" für ihren Anwendungsbereich blieben, was insbesondere am Anstieg des Anteils der erheblich vorbelasteten Probanden ablesbar ist. Strafaussetzung zur Bewährung ist nicht mehr die ausnahmsweise zu gewährende, besonders zu rechtfertigende Vollstreckungsmodifikation, sondern hat sich - als Regelfall bei verhängter Freiheitsstrafe - zu einer besonderen ambulanten Behandlungsart entwickelt.

Die Zurückdrängung der kurzen Freiheitsstrafe beruhte auf der Einsicht in die Resozialisierungsfeindlichkeit dieser Strafart. Erwartbar war, daß die "Krise präventiven Strafdenkens" hinsichtlich stationärer Sanktionen auch die Sanktionspraxis bei den anderen Freiheitsstrafen beeinflussen würde. Diese Erwartungen wurden enttäuscht. Bezogen auf die nach Allgemeinem Strafrecht Verurteilten werden heute sogar mehr mittel- und langfristige Freiheitsstrafen verhängt als noch zu Beginn der 70er Jahre. Der Anteil der bereits im Urteil zur Vollstreckung angeordneten Freiheitsstrafen ist heute fast genauso groß wie vor der Strafrechtsreform: 1960 wurden 2,1% der Verurteilten zu einer nicht ausgesetzten Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr verurteilt, 1994 waren es ebenfalls 2,1%.

Allerdings bleibt bei einer solchen Betrachtungsweise unberücksichtigt, daß wegen des hohen und zunehmenden Anteils der aus Opportunitätsgründen eingestellten Verfahren - empirisch gesehen - die leichteren Fälle nicht mehr zur Verurteilung gelangen, weshalb sich unter den Verurteilungen der relative Anteil der "schweren", mit Freiheitsstrafe sanktionierten Fälle deutlich erhöht. Die deshalb an sich erforderliche Bezugnahme auf die "Sanktionierten", d. h. die Personen, die entweder verurteilt worden sind oder bei denen das Verfahren gem. §§ 153 ff. StPO eingestellt worden ist, ist jedoch erst ab 1981 möglich. Hierbei zeigt sich, daß der Anteil der Freiheitsstrafen von mehr als 12 Monaten im wesentlichen konstant geblieben ist.

Trotz des an der Strafverfolgungsstatistik ablesbaren Befunds der nachhaltigen Zurückdrängung der vollstreckbaren Freiheitsstrafe schneidet die Bundesrepublik Deutschland im internationalen pönologischen Vergleich relativ schlecht ab. Dem am häufigsten verwendeten Indikator zufolge, der Gefangenenrate, d. h. der Zahl der Vollzugsinsassen pro 100.000 der jeweiligen Wohnbevölkerung, weist die Bundesrepublik Deutschland eine überdurchschnittlich hohe Gefangenenrate auf, und zwar auch dann, wenn der Vergleich auf die rechtskräftig verurteilten Gefangenen beschränkt wird. Dies ist vor allem eine Folge des Gebrauchs von mittel- und langfristigen Freiheitsstrafen; im internationalen Vergleich zählt die Bundesrepublik Deutschland zu jenen Ländern, die eher von Strafen mit langer Dauer Gebrauch machen.

Erwartungswidrig blieb von der Sanktionenrechtsreform die Untersuchungshaftpraxis weitgehend unberührt; die Untersuchungshaftpraxis erwies sich als disfunktional gegenüber dem Reformprogramm im materiellen Strafrecht. Die Erwartung, daß die Untersuchungshaftraten, d.h. die Anteile der Untersuchungsgefangenen an den jeweiligen Verurteilten eines Kalenderjahres, parallel zum Rückgang stationärer Sanktionen zurückgehen würden, hat sich nicht erfüllt. Die Untersuchungshaftraten der nach Allgemeinem Strafrecht Verurteilten blieben weitgehend konstant; erst Mitte der 80er Jahre erfolgte, nicht zuletzt unter dem Einfluß von wissenschaftlichen Befunden und rechtspolitischer Kritik, ein deutlicher Rückgang auf zuletzt 3,7%; seit 1990 steigen die Untersuchungshaftraten jedoch wieder kontinuierlich und deutlich an. Sie haben 1994 den höchsten Stand seit der Sanktionenrechtsreform von 1989 erreicht (allg. Strafrecht: 4,7%). Im Jugendstrafrecht wurde 1994 mit 7,2% die höchste Untersuchungshaftrate im statistisch überblickbaren Zeitraum seit 1975 ermittelt.

3.2 Veröffentlichungen

1. Heinz, Wolfgang: Strafzumessungspraxis im Spiegel der empirischen Strafzumessungsforschung. In: Jehle, Jörg-Martin (Hrsg.): Individualprävention und Strafzumessung. Ein Gespräch zwischen Strafjustiz und Kriminologie. Wiesbaden 1992, 85-150.

2. Heinz, Wolfgang: Jugendstrafe und ihre Alternativen: Rechtliche Anforderungen - empirische Befunde. In: Trenczek, Thomas (Hrsg.): Freiheitsentzug bei jungen Straffälligen. Die Situation des Jugendstrafvollzugs zwischen Reform und Alternativen. Bonn 1993, 50-92.

3. Heinz, Wolfgang: Neues zur Diversion im Jugendstrafverfahren. Kooperation, Rolle und Rechtsstellung der Beteiligten. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 76, 1993, 355-375.

4. Heinz, Wolfgang: Verfahrensrechtliche Entkriminalisierung (Diversion) im Jugendstrafrecht: Zielsetzungen, Implementation und Evaluation. Neue Kriminalpolitik 6, 1994, H. 1, 29-36.

5. Heinz, Wolfgang: "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" - Forschungen und Forschungskonzept der Arbeitsgruppe "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz. In: Müller-Dietz, Heinz (Hrsg.): Dreißig Jahre Südwestdeutsche und Schweizerische Kriminologische Kolloquien. Freiburg 1994, 128-174.

6. Heinz, Wolfgang: Aufnahmebereitschaft, Kritik und Widerstände von Richtern und Staatsanwälten bei der Konfrontation mit kriminologischen Befunden, in: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Das Jugendkriminalrecht als Erfüllungsgehilfe gesellschaftlicher Erwartungen? Bonn 1995, 99-143.

7. Heinz, Wolfgang: Der minder schwere Fall. Ergebnisse empirischer Strafzumessungs- und Sanktionsforschung. In: Strafverteidigervereinigungen (Hrsg.): Aktuelle Probleme der Strafverteidigung unter neuen Rahmenbedingungen. 19. Strafverteidigertag vom 24.-26. März 1995 in Freiburg. Köln 1995, 103-147.

8. Heinz, Wolfgang: Sanktionspraxis im Jugendstrafrecht. Die Jugendstrafrechtspflege im Spiegel der Rechtspflegestatistiken. Ausgewählte Informationen für den Zeitraum 1955-1993. DVJJ-Journal 7, 1996, H. 2, 105-119.

9. Heinz, Wolfgang: Neues zur Diversion im Jugendstrafverfahren. Kooperation, Rolle und Rechtsstellung der Beteiligten. In: DVJJ (Hrsg.): Jugend im sozialen Rechtsstaat. Für ein neues Jugendgerichtsgesetz. Dokumentation des 22. Deutschen Jugendgerichtstages vom 26. bis 30. September 1992 in Regensburg. Bonn 1996, 349-394.

10. Heinz, Wolfgang: Die Wechselwirkung zwischen Sanktionen und Rückfall bzw. Kriminalitätsentwicklung. In: Strafrechtliche Probleme der Gegenwart. 23. Strafrechtliches Seminar 1995. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz. Wien 1996, 1-163.

4. Bewährungshilfe im Länder- und im Zeitreihenvergleich

4.1 Kurzbericht über das Projekt

Eine der bedeutsamsten Alternativen zur vollzogenen Freiheitsstrafe ist die Strafaussetzung zur Bewährung. Trotz deren überwiegend positiven Einschätzung fehlt in weiten Bereichen das erforderliche Faktenwissen, auf das begründet die Fortentwicklung von Gesetzgebung und Sanktionspraxis im Bereich von Strafaussetzung zur Bewährung gestützt werden könnte. Bei den verfügbaren Statistiken handelt es sich um retrospektive Statistiken. Wegen der unterschiedlich langen Zeiträume zwischen Aussetzungsentscheidung und Bewährung bzw. zwischen Aussetzungsentscheidung und Widerruf können Veränderungen in Zahl und Struktur der unterstellten Population unter Umständen zu erheblichen Verzerrungen führen.

Gegenstand des Forschungsprojekts ist es, aufgrund der Rohdatensätze der amtlichen Bewährungshilfestatistik eine prospektive Statistik aufzubauen, die eine verzerrungsfreie Längsschnittanalyse über die Entwicklung der Widerrufsquote unter Kontrolle von für die Aussetzungspraxis relevanten Faktoren (Alter, Geschlecht, Straftat, strafrechtliche Vorbelastung) erlaubt. Eine derartige prospektive Längsschnittuntersuchung ist - nachträglich - möglich, weil der maschinenlesbare Datensatz die Information über den Beginn der Unterstellung enthält. Bewährung/Widerruf der in jeweils in einem Jahr unterstellten Gruppe können, wie die Auswertung der ersten Datensätze ergeben hat, dann vollständig verfolgt werden, wenn der auf die Unterstellung folgende Zeitraum von 10 Jahren statistisch überblickt werden kann.

Da die Datensätze in der Mehrzahl der Bundesländer für die länger zurückliegenden Jahre nicht mehr verfügbar sind, ist bislang eine derartige prospektive Längsschnittanalyse nur für einige wenige Länder und für nur drei Unterstellungsjahrgänge möglich. In einer ersten Stufe des Projekts (1993/1994) wurden die bis 1991 bei den Statistischen Landesämtern jeweils noch vorliegenden, anonymen Datensätze beigezogen und ausgewertet. In einer zweiten Stufe des Projekts (ab 1995) werden die Datensätze des jeweils neuesten Berichtsjahrs bei den Statistischen Landesämtern abgesammelt und dem vorhandenen Datenbestand hinzugefügt, um damit die prospektive Auswertung auf eine breitere Grundlage zu stellen. Bislang konnten die verfügbaren Datenbestände der Jahre 1992 (bisher: 9 Länder), 1993 (bisher: 7 Länder) und 1994 (bisher: 4 der alten Bundesländer) beschafft werden.

Damit kann derzeit eine prospektive Längsschnittuntersuchung in fünf Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) durchgeführt werden. Sobald die Datensätze für 1993 zur Verfügung stehen, wird dies für sieben Länder (zusätzlich: Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz), mit den Datensätzen für 1994 für 8 Länder (zusätzlich: Hessen) der Fall sein.

4.2 Veröffentlichungen

1. Forschungsvorhaben "Bewährungshilfe im Länder- und im Zeitreihenvergleich" - Abschlußbericht für das Bundesministerium der Justiz (unveröff. Mskr., Nov. 1994).

2. Heinz, Wolfgang: Die Wechselwirkung zwischen Sanktionen und Rückfall bzw. Kriminalitätsentwicklung. In: Strafrechtliche Probleme der Gegenwart. 23. Strafrechtliches Seminar 1995. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz. Wien 1996, 1-163.

3. Spieß, Gerhard: Prophetie oder Prognose? Prognostische Fragen bei der Straf(rest)aussetzung - oder: Was kann die Strafrechtspraxis aus der Prognoseforschung lernen? Neue Kriminalpolitik 8, 1996, 31-36.

5. Rückfallstatistik - BZR (Bundeszentralregister)

5.1 Kurzbericht über das Projekt

Die dem deutschen Sanktionsrecht zugrunde liegende Idee der spezialpräventiven Sanktionierung verlangt nach einer empirischen Bewertung solcher Zielsetzungen. Die Art und das Ausmaß von Rückfälligkeit oder Legalbewährung Verurteilter und Strafentlassener können als Erfolgskriterium für derartige Zielsetzungen des Sanktionenrechts herangezogen werden.

Die Mehrzahl der bisherigen Untersuchungen zu Legalbiographie und Rückfälligkeit kann in Qualität und Reichweite nur wenig überzeugen. Es existiert eine Fülle von kriminologischen Studien zu diesem Themenbereich. In der Regel sind das Ausgangsmaterial und die angewandten methodischen Standards jedoch sehr unterschiedlich und lassen kaum einen sinnvollen Vergleich der Ergebnisse oder gar eine Längsschnittbetrachtung zu.

Vor allem die Untersuchungseinheiten und -zeiträume sind höchst heterogen, so daß eine vergleichende Gegenüberstellung der Rückfallraten nicht möglich ist. Als Untersuchungseinheiten werden dabei einzelne Vollzugsformen, wie Normalvollzug, offener Vollzug, Jugendvollzug oder speziellere Formen des Vollzugs, wie Sozial- und Drogentherapie, in den Mittelpunkt einzelner Forschungsarbeiten gestellt. Ebenso beziehen sich diese Studien häufig nur auf einzelne Anstalten, Bundesländer oder bestimmte Tätergruppen. Auch unterscheiden sich diese Untersuchungen i.d.R. bezüglich der Definition von Rückfälligkeit und hinsichtlich der zugrunde gelegten Referenzzeiträume.

Die bundesweit geführten Rechtspflegestatistiken, insbesondere die Strafvollzugs- und Strafverfolgungsstatistik, enthalten lediglich marginale Hinweise zu Vorstrafen. Diese beruhen häufig auf Angaben des Täters und sind entsprechend unzuverlässig. Auch werden sie retrospektiv - mit all den damit verbundenen Nachteilen - erhoben.

Eine für die Strafrechtspraxis wie für die kriminologische Forschung geeignete Rückfallstatistik muß prospektiv auf einer personen-/fallbezogenen und über einen längeren Katamnesezeitraum erhoben werden. Ferner ist eine nach Delikt, Sanktion und Tätermerkmalen weitergehende Differenzierung erforderlich. Die Ausrichtung als Längsschnittstatistik eröffnet die Möglichkeit, Karriereverläufe - auch in Abhängigkeit von vorausgehenden Sanktionen - nachzuzeichnen. Erfolg/Mißerfolg spezialpräventiver Maßnahmen ließen sich so am besten testen.

Bisher liegen fünf Rückfallstatistiken (für die Jahre 1986 bis 1990) vor, die vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof herausgegeben wurden. Als Grundlage dienten die dem Bundeszentralregister mitgeteilten und dort eingetragenen Verurteilungen. Die bisherige Rückfallstatistik bezog sich auf einen Rückfallzeitraum von 5 Jahren. Berücksichtigt wurden dabei alle im Register eingetragenen Verurteilungen zu Freiheitsstrafe, Strafarrest, Jugendstrafe und Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, die im Basisjahr (z. B.: für die Statistik 1990 erstreckte sich das Basisjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1984) als erledigt registriert wurden.

Da aber auch die bisherige Form der Rückfallstatistik gravierende Unzulänglichkeiten aufweist und auf Kritik der wissenschaftlichen Öffentlichkeit gestoßen ist, ist eine Neukonzeption dieser Statistik erforderlich. Das Statistische Bundesamt hat hiermit eine Forschungsgruppe beauftragt, die aus der Kriminologischen Zentralstelle, Wiesbaden, einer Forschungseinrichtung des Bundes und der Länder, und der Arbeitsgruppe "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" an der Universität Konstanz besteht. Ziel ist, das EDV-Programm einer sämtliche Sanktionen einbeziehenden und - in den durch das Datenmaterial gezogenen Grenzen - durch Tilgungen nicht beeinträchtigten Rückfallstatistik zu erarbeiten und an einem Jahrgang zu erproben.

Das Bezugsjahr für die neue Rückfallstatistik wird das Jahr 1991 sein; der Risikozeitraum wird 5 Jahre betragen.

In der neuen Statistik werden grundlegende Änderungen gegenüber der herkömmlichen Rückfallstatistik, u. a. bei den Kriterien für die Bezugsentscheidung, vorgenommen. Die bisher geführte Rückfallstatistik hatte lediglich einen Teil der freiheitsentziehenden Sanktionen als Ausgangsbasis. Die neue Rückfallstatistik soll dagegen das ganze justizielle Sanktionsspektrum umfassen. So werden als Sanktionsarten der Bezugsentscheidungen auch berücksichtigt Geldstrafe, Entscheidungen nach den §§ 45, 47 JGG, Jugendarrest, jugendrichterliche Maßnahmen, die stationären Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie die Fälle der §§ 35 ff. BtMG. Darüberhinaus werden die Ausgangsdelikte in die Statistik mit einbezogen.

Auf dieser Basis soll eine differenziertere und gehaltvollere Rückfallstatistik als Grundlage für rechtstatsächliche und kriminologische Untersuchungen erstellt werden. Insbesondere die Bearbeitung weiterreichender Fragestellungen, u. a. zur kriminellen Karriere und zur Wirkung von Sanktion, wird mit Hilfe der vom Bundeszentralregister zur Verfügung gestellten Daten angestrebt. So soll die Legalbiographie vor und nach der Bezugsentscheidung weit umfänglicher und im Sinne der kriminologischen Sanktions- und Karriereforschung untersucht werden. Dabei wird die Art der Straftat, die Deliktsschwere, die Sanktionsart und die Sanktionsschwere differenzierter als bisher einbezogen. Kriminologische Fragestellungen, u. a. bezüglich Delikts- und Sanktionsübergängen bzw. einer Eskalation in diesen Bereichen, sowie unmittelbare Zusammenhänge zwischen Delikts- und Sanktionsschwere, Mehrfachtäterschaft etc., werden im Mittelpunkt dieses Forschungsprojektes stehen. Das Projekt Rückfallstatistik paßt sich deshalb nahtlos in die anderen laufenden Projekte und den hier gepflegten Schwerpunkt auf dem Gebiet der Sanktionsforschung und Zeitreihenanalysen aggregierter Justizdaten ein.

Die Arbeiten zum Projekt befinden sich in der Vorbereitungsphase und sind zunächst eher technischer Natur. So mußten und müssen die Hard- und Softwarevoraussetzungen für ein Projekt dieser Größenordnung (es werden Daten im Umfang von ca. 4 GB vom BZR erwartet) geschaffen bzw. angepaßt werden. Das bereits am Lehrstuhl zu einem früheren Zeitpunkt entwickelte Programm KOSIMA (Konstanzer System zur Inhaltsanalyse und Maschinenlesbaren Aufbereitung von BZR-Daten), das maschinenlesbare Daten des Bundeszentralregisters in SPSS-lesbare und auswertbare Datenfiles wandelt, mußte dafür geändert und um zusätzliche neue Programmmodule erweitert werden.

Es wurden u. a. in größerem Umfang als bisher vorgesehen die sog. nachträglichen Entscheide der Justiz berücksichtigt (z. B. Strafrestaussetzung, Widerruf von vorausgegangen Entscheidungen etc.). Auch die Deliktsauswahl wurde - über die übliche Form der Deliktshierarchisierung der Strafverfolgungsstatistik hinaus - weitergehend differenziert und klassifiziert.

Die Programmierarbeiten zum Programm KOSIMA sollen mit allen Testläufen und notwendigen Korrekturen bis Ende des Jahres 1996 abgeschlossen sein.

5.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

6. Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg

6.1 Kurzbericht über das Projekt

In der Kriminalpolitik wird die Bedeutung von Kriminalprävention (wieder-)entdeckt. Auf Initiative des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg wurde 1993 in drei Städten das Pilotprojekt "Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg" begonnen. Dieses Projekt wird wissenschaftlich begleitet von einer Forschungsgruppe, bestehend aus dem Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, der Forschungsgruppe Kriminologie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, der Arbeitsgruppe "Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie" des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz sowie der Fachhochschule Villingen-Schwenningen - Hochschule für Polizei.

Durch die 1994, also noch vor Planung und Umsetzung von Präventionsaktivitäten durchgeführten Untersuchungen sollten den Arbeitskreisen in den betreffenden Kommunen Anhaltspunkte und Hintergrundwissen geliefert werden. Durchgeführt wurden:

(1) Identische Bevölkerungsbefragungen bei repräsentativen Stichproben der Wohnbevölkerung der drei Städte, durch die deliktsspezifisch die Häufigkeit von Viktimisierungen, das Anzeigeverhalten, die verschiedenen Aspekte der Verbrechensfurcht, die Bewertung der Polizei, der Stellenwert von Problemen in der Gemeinde und Vorschläge zur Kriminalprävention erfaßt werden sollten.

(2) Eine Befragung sämtlicher Polizeibeamter der Schutz- und der Kriminalpolizei.

(3) Eine bundesweite Befragung bei einer repräsentativen Stichprobe der westdeutschen Bevölkerung (rd. 2.000 Personen) zu ausgewählten Fragen der Viktimisierung und der Kriminalitätsfurcht, um lokale Besonderheiten der drei Gemeinden erkennen zu können.

Ergänzend und vertiefend wurden durchgeführt:

- Eine landesweite Befragung von Kommunen und Polizeidienststellen zu Maßnahmen sozialer und kommunaler Prävention;

- eine Pilotstudie zu Notrufen und Funkstreifeneinsätzen;

- eine Pilotstudie zur Zufriedenheit der Bürger mit der Polizei nach entsprechendem Kontakt.

Nachdem die ersten Präventionsaktivitäten in den Gemeinden begonnen hatten, wurde 1995 eine bundesweite Befragung bei einer repräsentativen Stichprobe der Bevölkerung der BRD (rd. 20.000 Personen) zu Viktimisierung, Kriminalitätsfurcht und Bewertung der Polizei mit dem Ziel durchgeführt, nach Gemeindegröße und Region hinreichend differenzierungsfähige Daten zu erhalten.

Ergebnisse der repräsentativen Bevölkerungsbefragung in Ravensburg / Weingarten waren insbesondere:

1. In Ballungsgebieten, die regelmäßig eine hohe Kriminalitätsbelastung aufweisen, messen die Bürger dem Problem "Kriminalität" auch einen hohen Stellenwert zu. In Ravensburg / Weingarten dagegen ist Kriminalität für die Bürger kein vorrangiges Problem, sondern nur ein Problem unter vielen in ihrer Gemeinde. Auf die Frage nach den drei dringendsten Problemen wurde vor allem die gemeindliche Infrastruktur genannt, insbesondere das Verkehrsproblem, auf das allein 29% aller Nennungen entfielen, das Freizeit- und Sportstättenangebot und die Wohnungsversorgung. Demgegenüber war Kriminalität mit 10% aller Nennungen für die Befragten von relativ geringer Bedeutung.

2. Faßt man die Angaben zur persönlichen Opferwerdung in den verschiedenen erfragten Deliktsbereichen zusammen, so berichten insgesamt 29% der Teilnehmer der Befragung in Ravensburg / Weingarten von einer persönlichen Opfererfahrung in den letzten 12 Monaten. Dieser Opferanteil liegt zwischen den entsprechenden Raten, die bei den parallel durchgeführten Erhebungen in Calw (26%) und Freiburg i.Br. (41%) ermittelt worden sind. Diese Raten liegen ihrerseits innerhalb der Bandbreiten sonstiger einschlägiger deutscher Untersuchungen. Ravensburg / Weingarten zeichnet sich demnach durch keine auffällig hohe Gefährdung durch Kriminalität aus.
Die Opferbelastung geht vor allem auf drei Deliktsbereiche zurück, nämlich auf Diebstahl, Sachbeschädigung und tätlichen Angriff/ Bedrohung, wobei es in mehr als zwei Dritteln der berichteten Fälle von Angriff oder Bedrohung nicht zur tatsächlichen Gewaltanwendung kam.
Durch die Befragung bestätigt wurde der bekannte Befund, daß Männer häufiger Opfer werden als Frauen und daß jüngere Altersgruppen deutlich höhere Viktimisierungsraten aufweisen als Personen nach dem 35. Lebensjahr.

3. Nur jedes dritte Delikt, von dem die Bürger berichten, wurde auch angezeigt. Auf die Frage nach den Gründen für die Nicht-Anzeige wurden die meisten Nennungen (52%) - Mehrfachnennungen waren möglich - der Antwortvorgabe 'Die Polizei hätte auch nichts machen können/keine Beweise' zugeordnet. 47% der Befragten in Ravensburg / Weingarten nannten als Grund für die Nicht-Anzeige 'nicht schwerwiegend genug/kein Schaden/Kinderstreiche'. Diese Zahlen zeigen zum einen, daß knapp die Hälfte der Opfer ihre Viktimisierung selbst als nicht sehr gravierend einstufte. Sie deuten zum anderen auf eine eher pragmatische Einschätzung der Opfer hin - jedenfalls beim großen Teil der als weniger schwerwiegend empfundenen Delikte - als auf ein generelles Mißtrauen in die Einsatzbereitschaft der Polizei.

4. Der Stellenwert der Kriminalität als Problem der Gemeinde wird von den Opfern nicht anders eingeschätzt als von Nicht-Opfern. Opfererfahrung führt auch nicht dazu, daß mehr 'Sühne oder Vergeltung' für das begangene Unrecht und weniger 'Hilfe bei der Wiedereingliederung' von Straftätern in das alltägliche Leben gefordert wird. Opfererfahrung führt also weder zu einer dramatisierenden Bewertung der Kriminalität noch zu einem Ruf nach "law and order".

5. Die Kriminalitätsfurcht der Befragten in Ravensburg / Weingarten ist nicht ausgeprägter als im westdeutschen Durchschnitt. Wie schon andere Forschungen gezeigt haben, fühlen sich vor allem Frauen gefährdet; sie reagieren eher mit Vermeideverhalten als Männer. Im Unterschied zu den Ergebnissen anderer Untersuchungen zeigen insbesondere die jüngeren Altersgruppen ausgeprägte Kriminalitätsfurcht.
Nicht nur die tatsächlich erfahrene Schädigung durch eine Straftat, sondern auch die Furcht, möglicherweise Opfer einer Straftat zu werden, muß als Beeinträchtigung der Lebensqualität gewertet werden. Jeder neunte Befragte (11%) denkt 'oft' oder 'sehr oft' daran, Opfer einer Straftat zu werden. Hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Verteilung des Unsicherheitsgefühls zeigen sich gravierende Unterschiede, denn 15,7% der Frauen, jedoch nur 6,5% der Männer äußern Kriminalitätsfurcht in dieser Ausprägung. Ferner zeigt sich eine deutliche Kriminalitätsfurcht insbesondere bei den unter 25jährigen. Wie die nach Geschlecht differenzierte Altersverteilung zeigt, ist dies insbesondere auf eine relativ hohe Furchtbelastung der unter 25jährigen Frauen zurückzuführen. Die aus verschiedenen Untersuchungen bekannte, relativ hohe Belastung der älteren Jahrgänge, insbesondere der älteren Frauen, wird in Ravensburg / Weingarten nicht beobachtet; die älteren Jahrgänge weisen hier sogar die jeweils niedrigste Furchtausprägung auf.
Auswirkungen der Kriminalitätsfurcht zeigen sich im Vermeideverhalten, vor allem von Frauen. So gaben z. B. 18% der Frauen (gegenüber nur 3% der Männer) an, aus Furcht vor möglicher Viktimisierung nach Einbruch der Dunkelheit nicht alleine auszugehen.

6. Die Befragung hat den bekannten Befund bestätigt, daß Kriminalitätsfurcht und objektive Kriminalitätsbelastung nur wenig miteinander verknüpft sind. Ein systematischer Zusammenhang zwischen Kriminalitätsfurcht und den Viktimisierungsraten der Bewohner der jeweiligen Wohngebiete ist nicht erkennbar. Ortsteile, die sich entweder unter dem Gesichtspunkt der Kriminalitätsfurcht oder unter dem der Viktimisierung eindeutig als besondere Problemzonen identifizieren ließen, gibt es in Ravensburg und Weingarten nicht, ausgenommen die jeweiligen Innenstadtbezirke.
Auf die Innenstädte, ferner auf den Bahnhof Ravensburg und sein Umfeld sowie auf Stadtgärten und Parkanlagen (insbes. in Weingarten) konzentrieren sich auch die Befürchtungen der Bewohner der anderen Bezirke. Dies gilt in besonderem Maße für die Gruppe der jungen Frauen. Als furchtauslösend empfunden wird vor allem die massierte Anwesenheit von Jugendlichen und das Auftreten alkoholisierter Personen; dem Alkoholproblem kommt dabei in der Erfahrung der Bürger ein erheblich höheres Gewicht zu als den illegalen Drogen.

7. Die Bürger, und zwar auch diejenigen, die angeben im Befragungszeitraum persönlich Opfer von Straftaten geworden zu sein, sind mit der derzeitigen Arbeit der Polizei sowie der Arbeit der Polizei bei der Verbrechensbekämpfung überwiegend zufrieden. Eine einmalige Viktimisierung beeinträchtigt die Bewertung der Polizeiarbeit kaum; erst bei mehrmaliger Viktimisierung innerhalb eines Jahres wird die Beurteilung deutlich schlechter.

8. Unter den Gründen für die angenommene Zunahme der Kriminalität stehen an erster Stelle (31% der Nennungen) ökonomische Gründe, nämlich Arbeitslosigkeit sowie eine ungünstige ökonomische und soziale Entwicklung. Etwa 14% der Nennungen entfallen auf Ausländer (Asylanten, Übersiedler), die für eine angenommene Zunahme der Kriminalität verantwortlich gemacht werden. An dritter Stelle (9%) steht ein unzureichendes Kultur- und Freizeitangebot, besonders für die jungen Menschen. Nur 4% der Nennungen sehen in zu wenig Polizei, 3% in Mängeln von Gesetzgebung und Rechtsprechung die Ursachen einer ungünstigen Kriminalitätsentwicklung.

9. Die Vorschläge der Teilnehmer der Befragung zur Erhöhung der Sicherheit in den Gebieten, in denen sie sich unsicher fühlen, zielen zum einen ab auf strukturelle Verbesserungen, vor allem auf die Schaffung von Möglichkeiten sinnvoller Freizeitbeschäftigung in der Gemeinde sowie auf Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit. Des weiteren werden die unterschiedlichsten präventiven Aktivitäten vorgeschlagen, und zwar angefangen von Aufklärung über präventives Verhalten potentieller Geschädigter, über Maßnahmen der Objektsicherung, der Verbesserung der Beleuchtung unübersichtlicher Örtlichkeiten bis hin zur Anbringung von Notrufmeldern. Insbesondere Frauen wünschen eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs auch in den Abendstunden.
Zum anderen wird von den befragten Bürgern eine Verbesserung der Polizeipräsenz (insbesondere durch Fußstreifen, also durch sichtbare und ansprechbare Polizeibeamte) vorgeschlagen. Häufigere Polizeistreifen im Wohngebiet werden von Männern (mit 61%) im Mittel etwas häufiger befürwortet als von Frauen (56%); dies nicht nur in den Jahrgängen ab 30, sondern auch von der jüngsten Gruppe der Befragten. Die relativ hohe Viktimisierungsrate und Kriminalitätsfurcht der jüngeren Jahrgänge scheint sich demnach auch in einer überwiegend positiven Einstellung zur Polizeipräsenz niederzuschlagen.

10. Wie andere Folgen der Urbanisierung (etwa Verkehrs- und Umweltprobleme, steigende Nachfrage nach Sozial- und Freizeiteinrichtungen) stellen sowohl die Höhe der (in der Befragung sichtbar gewordenen) Kriminalitätsbelastung als auch das Maß an Kriminalitätsfurcht neuartige Anforderungen sowohl an die gemeindliche Planung und Infrastrukturentwicklung als auch an die Polizei. Den Befragungsergebnissen läßt sich entnehmen, daß kommunale Kriminalprävention, bei der Kommune und Polizei zusammenarbeiten, auf Akzeptanz bei den Bürgern stößt.

Aufbauend auf den Erfahrungen und Ergebnissen der bisherigen Untersuchungen wurde 1996 mit der Erarbeitung eines Standardinventars zu Viktimisierung und Kriminalitätsfurcht begonnen, das es - nach entsprechenden pretests - interessierten Gemeinden ermöglichen soll, die empirischen Daten für eine zielorientierte Planung kriminalpräventiver Maßnahmen mit vertretbarem Aufwand selbst zu erheben. Die Standardisierung der Fragen soll künftig die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sowohl im zeitlichen Längsschnitt als auch im regionalen Querschnitt der Kommunen untereinander ermöglichen.

2.2 Veröffentlichungen

1. Heinz, Wolfgang; Spieß, Gerhard: Viktimisierung, Anzeigeerstattung und Einschätzung der Arbeit der Polizei durch die Bürger - Analysen anhand der Bevölkerungsbefragung in den Projektstädten. In: Feltes, Thomas (Hrsg.): Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg. Erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung von drei Pilotprojekten. Holzkirchen/Obb. 1995, 93-122.

2. Heinz, Wolfgang: Regionale Kriminalitätsanalyse als Grundlage für kommunale Kriminalprävention. In: Landeskriminalschule Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Arbeitstagung "Polizeiliche Kriminalitätsbekämpfung" - Schwerpunktthema: "Kriminalprävention". Nordrhein-Westfalen 1996.

3. Heinz, Wolfgang: Kriminalprävention auf kommunaler Ebene. In: Jehle, Jörg-Martin (Hrsg.): Kriminalprävention und Strafjustiz. Wiesbaden 1996, 55-110.

4. Heinz, Wolfgang: Anstieg der Jugendkriminalität? Die Grenzen des Jugendstrafrechts, die Möglichkeiten der Prävention. DVJJ-Journal 7, 1996, 344-360.

5. Heinz, Wolfgang; Spieß, Gerhard: Opfererfahrungen, Kriminalitätsfurcht und Vorstellungen zur Prävention von Kriminalität. Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung in den Gemeinden Ravensburg / Weingarten im Rahmen des Begleitforschungsprojekts "Kommunale Kriminalprävention" in Baden-Württemberg. Abschlußbericht. Konstanz 1995.

6. Heinz, Wolfgang: Kriminalpolitik, Bürger und Kommune. In: Kury, Helmut (Hrsg.): Konzepte kommunaler Kriminalprävention. Freiburg i.Br. 1997 (im Druck).

7. Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht

7.1 Wirtschaftsstrafrecht in der Bundesrepublik Deutschland

7.1.1 Kurzbericht über das Projekt

Seine Brisanz verdankt das Thema "Wirtschaftskriminalität" vor allem der mit dem "white collar"-Konzept verbundenen Sozialkritik, d. h. der Kritik an dem Zuschnitt des Strafrechts als eines Rechtes "gegen die Armen und Dummen ..., denen nichts besseres einfällt, als dem Nachbarn mit plumper Hand in die Tasche zu greifen" (Baumann 1972), das aber vor Manipulationen von Intelligenztätern im Wirtschaftsverkehr allzu oft die Waffen strecken muß. Durch zahlreiche Reformen im Bereich des materiellen Wirtschaftsstrafrechts, insbesondere durch die Gesetze zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität von 1976 und 1986, durch das 1. und 2. Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität von 1980 und 1994, durch zahlreiche Novellen und Gesetze im Bereich der Immaterialgüterrechte bis hin zum Wertpapierhandelsgesetz von 1994, durch das erstmals ein Insiderstrafrecht geschaffen wurde, hat der Gesetzgeber dieser Kritik viel von ihrer einstigen Schärfe genommen. Durch die Ende der 80er Jahre erfolgte Schaffung spezialisierter Strafverfolgungsorgane (Schwerpunktstaatsanwaltschaften) und Strafgerichte (Wirtschaftsstrafkammern) wurde die Effizienz der Verfolgung von Wirtschaftskriminalität verbessert. Änderungen im Bereich des Sanktionenrechts dienten schließlich dazu, die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen und Verbänden zu erweitern sowie die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung zu verschärfen.
Auch - aber nicht nur - als Konsequenz dieser Entwicklung findet sich das deutsche Wirtschaftsstrafrecht in seiner Gesamtheit weder in einem Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches noch in einem besonderen Wirtschaftsstrafgesetzbuch, sondern - neben dem StGB - in einer Fülle von Gesetzen und diese ergänzenden Verordnungen; der gesamte Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ist in mehr als 200 Bundesgesetzen enthalten.

Ziele des Forschungsprojekts sind insbesondere, die Entwicklung und den Stand des gegenwärtigen Wirtschaftsstrafrechts der Bundesrepublik in seiner Gesamtheit darzustellen und Möglichkeiten seiner Verbesserung aufzuzeigen.

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts werden derzeit eine Reihe von Teilprojekten durchgeführt, über die in den folgenden Abschnitten berichtet wird:

- Die Strafbarkeit und Haftung von Banken (bzw. ihrer Mitarbeiter) gegenüber geschädigten Gläubigern bei Fehlverhalten im Kreditgeschäft mit Unternehmen in der Krise (Roland Grimm).

- Recht und Praxis der originären Kartellordnungswidrigkeiten (Patrick Schuler).

- Steuerfahndung bei Kreditinstituten (Marie-Luise Stephan).

- Insiderstrafrecht (Tatjana Wolf).

7.1.2 Veröffentlichungen

1. Heinz, Wolfgang: Wirtschaftskriminalität. In: Kaiser, Günther; Kerner, Hans-Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines Kriminologisches Wörterbuch. Heidelberg, 3. Aufl., 1993, 589-595.

2. Heinz, Wolfgang: System und Gliederung der Wirtschaftsstraftaten im deutschen Recht. In: Eser, Albin; Kaiser, Günther (Hrsg.): Zweites deutsch-ungarisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie. Baden-Baden 1995, 155-215.
Gekürzte Fassung abgedruckt in ungarischer Übersetzung:
Heinz, Wolfgang: Gazdasági Büntetójog. A Gazdasági Büncselekmüenyek Rendszere És Felosztása A Német Jogban. In: Könyvkiadó, Jogi (Hrsg.): II. Német-Magyar Büntetöjogi És Kriminológiai Kollokvium. Budapest 1994, 147-193.

3. Heinz, Wolfgang: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in der Bundesrepublik Deutschland. Erscheinungsformen, Prävention und strafrechtliche Kontrolle von Wirtschaftskriminalität. In: Korean Institute of Criminology (Hrsg.): Proceedings des 15. Seminars am 28.4.1995. Seoul 1995, 3-37.

7.2. Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht
Teilprojekt "Die Strafbarkeit und Haftung von Banken (bzw. ihrer Mitarbeiter) gegenüber geschädigten Gläubigern bei Fehlverhalten im Kreditgeschäft mit Unternehmen in der Krise" (Roland Grimm).

7.2.1 Kurzbericht über das Projekt

Der Zusammenbruch des "Baulöwen" Schneider hat die Diskussion um die Stellung der Banken beim Konkurs eines Kreditkunden wieder aufleben lassen. Während die Banken Zusammenbrüche ihrer Kreditkunden aufgrund der Besicherung der entsprechenden Kredite häufig ohne (größere) Verluste überstehen, erleiden andere Gläubiger (hauptsächlich Lieferanten) teilweise erhebliche Verluste.

Erkennt die Bank die Krise des Unternehmenskunden, befindet sie sich im Zwiespalt: Werden Kredite frühzeitig gekündigt, wird der Vorwurf erhoben, die Bank habe durch die schnelle Kreditkündigung eine mögliche Sanierung des notleidenden Unternehmens vereitelt. Hält die Bank still oder gewährt sie zusätzliche Kredite, um eine Sanierung zu ermöglichen, kann sich, wenn die Sanierung fehlschlägt, durch die verzögerte Konkurseröffnung der Schaden anderer Gläubiger vergrößert haben.

Ziel der Arbeit ist es zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine Bank durch ein Fehlverhalten im Kreditgeschäft in der Krise des Unternehmens Haftungsansprüchen anderer geschädigter Gläubiger ausgesetzt ist und ob die Bankmitarbeiter durch Fehlverhalten Straftatbestände (§§ 263, 266 StGB, 283 ff. StGB, § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, § 401 Abs. 1. Nr. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 AktG) erfüllen können. Als Haftungsgrundlagen kommen insbesondere § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes in Betracht. Dabei ist zu prüfen, ob die möglicherweise verletzten strafrechtlichen Vorschriften Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellen.

Untersucht werden die typischen Verhaltensweisen der Bank (Kreditkündigung, Nachbesicherung bereits gewährter Kredite, Stillhalten, Gewährung neuer Kredite). Abschließend werden die Ergebnisse beurteilt, wobei ein Vergleich der haftungsrechtlichen Ergebnisse mit den strafrechtlichen Ergebnissen erfolgen soll.

7.2.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

7.3 Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht
Teilprojekt "Recht und Praxis der originären Kartellordnungswidrigkeiten" (Patrick Schuler)

7.3.1 Kurzbericht über das Projekt

In zunehmendem Maße sind die wirtschaftlichen Schäden durch Kartellabsprachen und sonstige kartellrechtlich unzulässige Verhaltensweisen in den Blickpunkt der öffentlichen Diskussion getreten. Verstöße gegen das materielle Kartellrecht werden bislang allein unter ordnungswidrigkeitenrechtlichem Aspekt verfolgt. Die dabei verhängten Geldbußen können dabei erhebliche Ausmaße erreichen. So hat das Bundeskartellamt beispielsweise im "Zementkartell" gegen einen Heidelberger Zementhersteller eine Geldbuße in Höhe von 128 Millionen DM verhängt. Ob durch die gesteigerte Aufmerksamkeit in den Medien auch im Hinblick auf die Bestrebungen zur Bekämpfung der Korruption ein neuer Straftatbestand des Submissionsbetruges in das Strafgesetzbuch eingefügt wird, bleibt abzuwarten.

Die Arbeit beschäftigt sich mit neueren Entwicklungen in Rechtsprechung, Rechtslehre und der Praxis des Bundeskartellamts zu den originären Kartellordnungswidrigkeiten, § 38 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7 und Nr. 9-12 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Diese Tatbestände zeichnen sich dadurch aus, daß sie eine selbständige Tatbestandsformulierung enthalten, obwohl auch sie ohne Verweise auf andere Vorschriften des GWB nicht auskommen.

Weiter soll untersucht werden, welche Auswirkungen die Neuerungen im Ordnungswidrigkeitenrecht, vor allem der §§ 9, 30, 130 OWiG, auf die Rechtsanwendung der genannten kartellrechtlichen Bußgeldvorschriften haben.

7.3.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

7.4 Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht
Teilprojekt "Steuerfahndung bei Kreditinstituten" (Marie-Luise Stephan)

7.4.1 Kurzbericht über das Projekt

Die zahlreichen Fahndungsaktionen der Steuerfahndung bei Kreditinstituten haben vor allem in jüngster Zeit das Interesse der Öffentlichkeit und der Fachpresse geweckt. Begründen läßt sich dies sicher mit der Brisanz und der großen praktischen Bedeutung dieses Themas, nicht zuletzt jedoch damit, daß sich in zunehmenden Maße auch die Gerichte (einschließlich des Bundesverfassungsgerichts) mit der Klärung von Streitigkeiten bzw. Fragen, die Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung bei Banken betreffend, auseinandergesetzt haben bzw. sich auseinandersetzen müssen.

Daß es einer gesonderten Untersuchung der Ermittlungen der Steuerfahndung gerade bei Kreditinstituten bedarf, läßt sich mit der Sensibilität dieses Bereiches begründen. Naturgemäß reicht der Bankenbereich in fast alle Lebenssachverhalte hinein, welche durch das Anlegen von Bankenunterlagen eine Dokumentation erfahren.

Die nähere Analyse sowohl der entsprechenden Literatur als auch der diesbezüglichen Urteile läßt es als fraglich erscheinen, ob (besonders hinsichtlich der strafverfahrensrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen) die rechtlichen Voraussetzungen bzw. die gesetzlichen Regelungen für das Tätigwerden der Steuerfahndung ausreichen, um dem tatsächlichen Vorgehen der Steuerfahndung eine ausreichende Rechtsgrundlage zu bieten.

Ob ein solcher Widerspruch nur scheinbar existiert oder ob Rechtslage und Realität sich tatsächlich widersprechen und welche Lösungen sich in diesem Fall anbieten, sind die Hauptfragen, mit denen sich die Untersuchung beschäftigen wird.

Behandelt wird sowohl die Tätigkeit der Steuerfahndung im Steuerstrafverfahren als auch im Besteuerungsverfahren. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Feststellung der einschlägigen Normen, welche die Aufgaben und Befugnisse der Steuerfahndung bezeichnen. Es erfolgt eine Aufteilung der Arbeit in drei Teile; der erste Teil widmet sich dem Besteuerungsverfahren, der zweite dem Steuerstrafverfahren, im dritten und letzten Teil schließlich sollen Fragen beantwortet werden, die sich im Zusammenhang mit der Klärung des Verhältnisses des Besteuerungs- zum Steuerstrafverfahren ergeben. Der Inhalt der relevanten Vorschriften ist zu ermitteln; hierbei soll herausgearbeitet werden, inwiefern der Umstand, daß gerade bei Kreditinstituten "gefahndet" wird, durch den Gesetzgeber Berücksichtigung gefunden hat bzw. von der Steuerfahndung zu berücksichtigen ist und welche speziellen Probleme sich hierbei ergeben.

Ein weiteres Ziel der Arbeit wird es sein, der rein rechtlichen Möglichkeit des Zugriffs der Steuerfahndung auf Bankunterlagen bzw. Daten (im jeweiligen Verfahren) die diesbezügliche Praxis gegenüberzustellen. Hierbei ist natürlich nicht nur der "tatsächliche" Zugriff von Interesse, sondern auch die weitere Verwertung bzw. Verwertbarkeit der so erlangten Informationen. Es ist zu prüfen, inwieweit eine Lösung durch den Gesetzgeber bereits erfolgt ist, die Probleme mithin also "nur" durch fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. -auslegung entstanden sind und ob sich diese Regelungen auch als ausreichend und praktikabel erweisen. Führt diese Prüfung aber zu dem Ergebnis, daß sich die aufgetauchten Probleme mit dem bestehenden Regelungswerk nicht lösen lassen, so soll über eine Änderung der derzeitigen Rechtslage nachgedacht und dementsprechende Änderungsvorschläge entwickelt werden.

7.4.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

7.5 Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht
Teilprojekt "Insiderstrafrecht" (Tatjana Wolf)

7.5.1 Kurzbericht über das Projekt

Das Vertrauen der Kapitalanleger beruht auch auf der Annahme, daß Chancengleichheit beim Wertpapierhandel besteht, insbesondere daß Insider nicht ihr Insiderwissen für sich oder einen anderen ausnutzen in der Hoffnung und mit der Zielrichtung, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Mit Insidervorschriften sollen deshalb zum einen private Anleger vor Vermögensnachteilen durch Insiderspekulationen, zum anderen sollen aber auch die Börsen selbst in ihrer Funktionsfähigkeit geschützt werden.

Durch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) von 1994 sind auch in der Bundesrepublik Deutschland Insiderhandelsgeschäfte verboten (§§ 12 ff. WpHG) und strafrechtlich sanktioniert (§ 38 WpHG) worden. Entsprechend der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG wird im Wertpapierhandelsgesetz der Insidertatbestand weit gefaßt. Der Insiderbegriff erstreckt sich sowohl auf Primärinsider, d. h. auf Personen, die aufgrund bestimmter Tätigkeiten oder Aufgaben unmittelbar Zugang zu einer Insidertatsache haben oder über diese verfügen (§ 13 Abs. 1 WpHG), als auch auf Sekundärinsider, d. h. Dritte, die Kenntnis von einer Insidertatsache haben (§ 14 Abs. 2 WpHG).

Sowohl der Insiderbegriff als auch die normativen Tatbestandsmerkmale bereiten in der Praxis Schwierigkeiten. Die Arbeit soll dazu beitragen, die materiellen und verfahrensrechtlichen Anwendungsschwierigkeiten des Insiderstraftatbestandes anhand erster praktischer Erfahrungen aufzuzeigen. Diesbezüglich wird das von den an den Börsenplätzen ansässigen Staatsanwaltschaften (insbesondere Frankfurt und Stuttgart) zur Verfügung gestellte Aktenmaterial ausgewertet. Im internationalen Vergleich sollen diese Anwendungsschwierigkeiten auf ihre Falltypizität geprüft werden. Lösungs- bzw. Auslegungsmöglichkeiten der zu erörternden Punkte sollen durch Auswertung der Literatur, Anwendung auf praktische Fallgruppen und Prüfung internationaler Lösungsansätze ausgearbeitet werden.

7.5.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

8. Datenschutzkonzept an der Universität Konstanz

8.1 Kurzbericht über das Projekt

Werden personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet, dann sind nach § 9 des Gesetzes zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 20.12.1990 bzw. den damit wortgleich oder zumindest inhaltlich übereinstimmenden Bestimmungen der Landesdatenschutzgesetze die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Ausführungen des BDSG, insbesondere die in der Anlage zu § 9 BDSG genannten Anforderungen zu gewährleisten. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben ergeben sich insbesondere Anforderungen an die Systemkonfiguration bezüglich der Speicher-, Zugriffs-, Übermittlungs- sowie der Eingabekontrolle. Hierzu bedarf es eines Zusammenspiels von technischen und organisatorischen Maßnahmen.

Soweit es um die rechenzentrumsseitig zu treffenden hard- und softwareseitigen Maßnahmen geht, sind diese an der Universität Konstanz in den letzten Jahren durch Installation einer entsprechenden Systemumgebung (Datenschutz-Server) installiert worden. Angestrebt wird die Erarbeitung eines allgemeinen, für sozialwissenschaftliche Forschung praktikablen Regelwerks organisatorischer Maßnahmen der Universität, des Rechenzentrums und der personenbezogene Daten verarbeitenden Forscher, durch die datenschutzrechtlichen Anforderungen auch in organisatorischer Weise nachprüfbar, kontrollierbar und belegbar umgesetzt werden. Hierzu zählen Maßnahmen, wie

(1) Aufnahme in das Verzeichnis der eingesetzten Datenverarbeitungsanlagen und der automatisierten Verfahren.

(2) Meldung zum Datenschutzregister über den Datenschutzbeauftragten der Universität Konstanz.

(3) Organisatorische Regelungen zur Sicherung personenbezogener Daten gegen Mißbrauch bei Import und Export von Datenträgern mit personenbezogenen Daten (Datenträgertreuhänder-Modell) in Fällen der Übermittlung von Daten.

(4) Mitteilung an das Rechenzentrum über Dateien mit personenbezogenen Daten.

(5) Belehrung über die Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Datengeheimnis.

(6) Organisatorische Regelungen hinsichtlich der Zugriffskontrolle, insbesondere zur Sicherung personenbezogener Daten gegen Kenntnisnahme, Veränderung oder Löschung durch Unbefugte und des Zugangs zur Datenverarbeitungsanlage.

(7) Organisatorische Regelungen zur Sicherstellung der ausschließlichen Nutzung des Security-Servers bei Verarbeitung personenbezogener Daten.

(8) Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich Datenhaltung und Datenverarbeitung, insbesondere Kennzeichnung der Datenträger, Verwahrung der Datenträger im Rechenzentrum in einem besonders gesicherten Schrank unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips, manuelle Protokollierung von Hereingabe und Herausnahme von Datenträgern, Druckausgabe, Versand von Dokumenten und Datenträgern, Löschung von Datenträgern.

(9) Organisatorische Regelungen zur Verringerung des Reidentifizierungs-Risikos.

(10) In speziellen Dienstanweisungen wird für die einzelnen Forschungsprojekte, in denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, in einem in die einzelnen Schritte gegliederten Plan der Ablauf der Verarbeitung festgelegt. Dieser Plan enthält u. a.:

(10.1) Arbeitsablauf,

(10.2) alle benötigten Datenbestände,

(10.3) die zur Anwendung vorgesehenen Programme sowie die Programmdokumentationen,

(10.4) organisatorische Angaben über die mit der Verarbeitung beauftragten Projektmitarbeiter und über Inhalt und Umfang der Zugriffsbefugnisse dieser Mitarbeiter auf personenbezogene Daten und auf Programme, über Datenverarbeitungsanlagen, Datenträger und über Räume, in denen die Verarbeitung stattfinden soll.

8.2 Veröffentlichungen

1. Heinz, Wolfgang: Datenschutz in der kriminologischen Forschung. In: Kaiser, Günther; Kerner, Hans-Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines Kriminologisches Wörterbuch. Heidelberg, 3. Aufl., 1993, 82-87.

III. Arbeitsrechtliche Rechtstatsachenforschung (Rüthers)

Die Forschung zum Arbeitsrecht gliedert sich in mehrere Bereiche:

1. Didaktik des Arbeitsrechts

Dazu ist erschienen:

Rüthers, Bernd; Brox, Hans: Arbeitsrecht. 12. Aufl., Stuttgart 1995.

2. Neue Formen und Regelungsbedürfnisse der Mitbestimmung

Dazu ist erschienen:

Rüthers, Bernd: Ist das deutsche Sozialmodell überholt? Probleme des Arbeitsrechts am Beispiel Deutschlands. In: Neue Zürcher Zeitung vom 26./27.3.1994, 89.

3. Wandel oder Zerfall der Tarifautonomie?

Dazu ist erschienen:

Rüthers, Bernd: Die Zukunft der Tarifautonomie, in: Schriftenreihe des Verbands der Metallindustrie Baden-Württemberg Stuttgart, 1993, 18 - 30.

4. Fehlentwicklungen im Arbeitskampfrecht

Dazu sind erschienen:

Rüthers, Bernd: Sozialschutz gibt es nicht ohne Produktivität. Der Wert der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. April 1993, 13.

Rüthers, Bernd: Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Deutschland. In: Bitburger Gespräche. Jahrbuch 1993/1, 105-117.

Rüthers, Bernd: Arbeitsrecht und Ideologie. In: Leser, Hans G. (Hrsg.): Arbeitsrecht und Zivilrecht in Entwicklung. Festschrift für Hyung-Bae Kim. Berlin 1995, 103-124.

Rüthers, Bernd: Beschäftigungskrise und Arbeitsrecht - Zur Arbeitsmarktpolitik des Bundesarbeitsgerichts. Bad Homburg 1996.

Rüthers, Bernd: Die großen Interessenorganisationen: Ordnung oder Verwischung der Gewaltenteilung in der offenen Gesellschaft? ("Verbändestaat"). In: Hilterhaus, Friedhelm; Kaltefleiter, Werner (Hrsg.): Hanns Martin Schleyer-Stiftung, Symposium 25./26.5.1994. Bd. 42, Köln 1994, 57-64.

Rüthers, Bernd: Haben die Verbände Zukunft? In: Farthmann; Hanau; Isenhardt; Preis (Hrsg.): Festschrift für Eugen Stahlhacke. Neuwied 1995, 479-488.

Rüthers, Bernd: Richter auf dem ökonomischen Holzweg. Die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen und die wirtschaftlichen Folgen des Rechts bleiben vielen Juristen zeitlebens verborgen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.3.1995, 13.

Rüthers, Bernd: 35 Jahre Arbeitsrecht in Deutschland. Recht der Arbeit 48, 1995, 326-333.

5. Das Sonderarbeitsrecht der Presse, des Rundfunks und der Kirchen

Dazu sind erschienen:

Rüthers, Bernd: Arbeitsverhältnisse der Pressejournalisten. In: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht. Bd. 2, München 1993, 1268-1299.

Rüthers, Bernd; Beninca, Jürgen: Die Verwirklichung des Tendenzschutzes in Pressebetrieben im Rahmen des Direktionsrechts bei Versetzungen von Redakteuren. Archiv für Presserecht 26, 1995, 638-644.

IV. Sozialrechtliche Rechtstatsachenforschung (Schulin)

1. Forschungsprojekte
1.1. Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel
1.2. Sozialpädiatrische Versorgung
1.3. Soziale Pflegeversicherung
1.4. Grundlagen des Beratungswesens
1.5. Tatsächliche Nutzung von Dispositionsmöglichkeiten der gesetzlich Krankenversicherten

1. Forschungsschwerpunkte

1.1. Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel (B. Schulin)

Einen erheblichen Kostenfaktor im Gesundheitswesen, insbesondere in der gesetzlichen Krankenversicherung, stellen u.a. die Aufwendungen für Arzneimittel dar. Bemühungen um Kostenbegrenzungen - z.B. durch Versorgung der Krankenversicherten mit billigeren Generika - anstelle von Originalpräparaten - werden nicht zuletzt durch den Patentschutz begrenzt. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Einfluß der Krankenversicherungsträger auf die Kosten der Arzneimittelversorgung und dem Patentschutz der pharmazeutischen Industrie war Gegenstand einer entsprechenden Untersuchung.

1.2. Sozialpädiatrische Versorgung (B. Schulin)

Der bekannte Pädiater Hellbrügge ("Aktion Sonnenschein") war ein Pionier der sog. sozialpädiatrischen Behandlung, also der interdisziplinären Zusammenarbeit bei Diagnose und Therapie von frühbehinderten Kindern. Dazu entwickelte er eine eigene Organisationsform, die sog. Sozialpädiatrischen Zentren. Mit deren Tätigkeit steht im wirtschaftlichen Konkurrenzverhältnis die Tätigkeit der niedergelassenen Ärzte, insbesondere der Kinderärzte. Die Problematik läßt sich in rechtlicher Hinsicht nur dadurch lösen, daß vor allem die jeweiligen tatsächlichen Behandlungsfelder analysiert und die Ergebnisse im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben bewertet werden. Dies war Gegenstand eines weiteren Forschungsprojekts.

1.3. Soziale Pflegeversicherung (B. Schulin)

Breiten Raum nahm im Berichtszeitraum die neu eingeführte Pflegeversicherung ein. Diese fünfte Säule der Sozialversicherung konnte nur gegen größte Widerstände insbesondere der Wirtschaft durchgesetzt werden. Das Gesetzgebungsverfahren war einem ungewöhnlich großen Druck der verschiedensten gesellschaftlichen Kräfte ausgesetzt, was zu entsprechenden Mängeln des verabschiedeten Gesetzes - des SGB XI - führen mußte. Dieser Problematik widmeten sich mehrere Vorträge und wissenschaftliche Beiträge.

1.4. Grundlagen des Beratungswesens (B. Schulin, O. Gebler)

Erste Voraussetzung für eine wirkungsvolle soziale Sicherung ist, daß die Bürger über ihre Rechte informiert sind. Dazu ist ein gut ausgebautes Beratungswesen unverzichtbar. Dieses wiederum kann nur auf der Grundlage entsprechender rechtlicher Regelungen organisiert und finanziert werden. Insbesondere das Bundesfamilienministerium befaßt sich seit Jahren mit diesem Problemfeld. Um politische Entscheidungen vorzubereiten, hatte es daher ein Forschungsprojekt initiiert, dessen Gegenstand die derzeitigen rechtlichen Grundlagen des Beratungswesens waren.

1.5. Tatsächliche Nutzung von Dispositionsmöglichkeiten der gesetzlich Krankenversicherten (B. Schulin)

Das System der gesetzlichen Krankenversicherung steht seit Jahren in der politischen Reformdiskussion. Als ein Reformelement werden verstärkte Dispositionsmöglichkeiten der Versicherten in bezug auf deren Versicherungsschutz einschließlich des Beitragswesens diskutiert. Gegenstand eines Forschungsprojekts war im Berichtszeitraum die Ermittlung der tatsächlichen Nutzung der gegenwärtig bestehenden Entscheidungsmöglichkeiten der gesetzlich Krankenversicherten. Hierbei ging es u.a. um folgende Fragen: In welchem Umfang wird die freiwillige Versicherung gewählt? Welche Krankenkassen werden gewählt? Inwieweit entscheiden sich Versicherte für eine Kostenerstattung anstelle von Sachleistungen? Inwieweit wird von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gegenüber dem Pflichtleistungskatalog aufwendigere Leistungen zu wählen? Welche Rolle spielt die Möglichkeit, Beitragsrückerstattungen in Anspruch zu nehmen? Grundlage der Untersuchungen waren umfangreiche Anfragen insbesondere bei den Spitzenverbänden der Krankenkassen.

2. Veröffentlichungen

1. Schulin, Bertram: Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel. Dargestellt am Beispiel der ACE-Hemmer. 1. Aufl., Baden-Baden 1993.

2. Schulin, Bertram: Krankenversicherungsrechtliche Beurteilung von Leistungen in Sozialpädiatrischen Zentren. Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie e.V., München 1995.

3. Schulin, Bertram; Gebler, Olaf: Rechtliche Grundlagen und Probleme des Beratungswesens. Vierteljahresschrift für Sozialrecht 3 (neu), 1992, 33-70.

4. Schulin, Bertram: Reformkonzept Baden-Württembergs für eine eigenständige soziale Sicherung der Bäuerin. Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft 23, 1992, 269-287.

5. Schulin, Bertram: Techniken und Instrumente sozialer Sicherheit. In: Maydell, Bernd von; Hohnerlein, Eva-Maria (Hrsg.): Die Umgestaltung der Systeme sozialer Sicherheit in den Staaten Mittel- und Osteuropas. Fragen und Lösungsansätze. Schriftenreihe für Internationales und Vergleichendes Sozialrecht. Band 13, Berlin 1993, 173-220.

6. Schulin, Bertram: Kodifikatorische Anforderungen an ein Buch "Rehabilitationsrecht" - SGB IX - aus juristischer Sicht. Schriftenreihe des deutschen Sozialrechtverbandes 37, 1993, 7-33 (= Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2, 1993, 185-194).

7. Schulin, Bertram: Die soziale Pflegeversicherung des SGB XI - Grundstrukturen und Probleme. Neue Zeitschrift für Sozialrecht 3, 1994, 433-444.

8. Schulin, Bertram: Verträge mit den Leistungserbringern im Pflegeversicherungsrecht (SGB XI). Vierteljahresschrift für Sozialrecht 5 (neu), 1994, 285-307.

9. Schulin, Bertram: Dispositionsmöglichkeiten für die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung - rechtliche Regelungen und ihre tatsächliche Nutzung. Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 83, 1994, 29-52.

10. Schulin, Bertram: Die soziale Pflegeversicherung (SGB XI). In: DAI, Fachinstitut für Sozialrecht (Hrsg.): Brennpunkte des Sozialrechts 1995. Thesen und Ergebnisse der 7. Sozialrechtlichen Jahrestagung vom Februar 1995 in Kassel. Schriftenreihe des Deutschen Anwaltsinstituts e.V. / Sitz Bochum. Herne, Berlin 1996, 73-119.

11. Schulin, Bertram: Die Beziehungen der Pflegekassen zu den Leistungserbringern. Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken 1995, 496-507.

12. Schulin, Bertram: Soziale Pflegeversicherung - Einführung. In: SGB XI (Textsammlung). 1. Aufl., 1995, IX-XVIII.

13. Schulin, Bertram: Versicherungs- und Leistungsfälle. In: Schulin, Bertram (Hrsg.): Handbuch des Sozialversicherungsrechts. Bd. 2: Unfallversicherungsrecht, München 1996, 523-666.

V. Wirtschaftsrechtliche Rechtstatsachenforschung unter besonderer Berücksichtigung des internationalen Wirtschaftsrechts (Ebenroth)

1. Sonderforschungsbereich Internationalisierung der Wirtschaft

2. Lehrstuhl

3. Zentrum für internationale Wirtschaft

1 Sonderforschungsbereich Internationalisierung der Wirtschaft

Leiter:
Carsten Thomas Ebenroth

Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Thomas Auer (10/1989 - 06/1994)
Dietrich Grasshoff (02/1992 - 06/1994)
Matthew Kemner (10/1994 - 08/1996)
Andreas Willburger (06/1991 - 06/1996)
Rüdiger Woggon (10/1989 - 06/1994)

1.1 Internationale Verschuldungskrise

1.1.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Vor dem Hintergrund der internationalen Verschuldungskrise befaßt sich das Projekt mit der Analyse und Weiterentwicklung des institutionellen Rahmens für die Bewältigung staatlicher Insolvenzen. Die Kontakte des Projektleiters im Internationalen Währungsfonds, dem Institute of International Finance und international tätigen Geschäftsbanken ermöglichte dabei die Beschaffung zahlreicher Vertragsdokumente, u.a. zu Umschuldungen, Neukrediten, Forderungsübertragungen, Schuldkonversionen und Trust-Modellen zu Forderungsmodellen. Darauf aufbauend wurde in enger Zusammenarbeit mit dem bisherigen Teilprojekt B1 des SFB 178 "Die Gestaltung internationaler Kreditbeziehungen zwischen Banken und souveränen Schuldnern" (Prof. Franke) eine Reihe eng miteinander verbundener Schwerpunkte abgedeckt:

Ein Schwerpunkt befaßte sich mit den vertraglichen Regelungen (Gleichbehandlungsklauseln) und den formellen Mechanismen, die gegenüber souveränen Schuldnern an die Stelle nationaler Insolvenzrechtsordnungen treten und in der aktuellen Phase des Schuldmanagements, die sich durch weitreichende Schuldenerlasse auszeichnet, besondere Probleme aufwerfen. Mit ihnen soll ein burden-sharing unter den wichtigsten Gläubigergruppen - Geschäftsbanken, bilaterale Gläubiger und multilaterale Finanzinstitute - und auch innerhalb dieser Gruppen (Pariser Club, London Club) gewährleistet werden. Gleichzeitig ist der Gefahr eines Scheiterns innovativer, nicht schematisch anwendbarer Ansätze zur Schuldenerleichterung vorzubeugen.

Wesentliche Bestimmungsfaktoren für das Verhalten der Gläubiger sind neben den bereits skizzierten umschuldungsrechtlichen Vorgaben im engeren Sinne die institutionellen Rahmenbedingungen ihrer Heimatländer. Aus den Unterschieden namentlich im Bankaufsichts-, Bilanz- und Steuerrecht ihrer Domizile ergeben sich für die jeweiligen Institute voneinander abweichende Verhaltenspräferenzen. Das Projekt hatte sich daher mit der Frage zu befassen, welche Auswirkungen auf das Schuldenmanagement damit verbunden sind und welche Anforderungen sich daraus für die Formulierung von Umschuldungsoptionen ergeben.

1.1.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Woggon, Rüdiger: A evolucao do principo da igualdade de tratamento dos bancos credores no contexto da crise international do endividamento, Boletim de ciencias economicas, Vol. XXXV (1993), S. 1-84.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Peter, Chris Maina, Kemner, Matthew James: Rescheduling of the sovereign Debt: a new role for the Paris club, in Journal of International Banking Law, Volume 10 Issue 7, July 1995, S. 280 - 292.

3. Woggon, Rüdiger: Verbriefung internationaler Kreditbeziehungen und Gläubigerorganisationen vor dem Hintergrund der internationalen Verschuldung. Jur. Diss. Konstanz 1996.

1.2 Institutionelle Rahmenbedingungen

1.2.1 Kurzbeschreibung des Projekts

In engem Zusammenhang mit der Schuldenkrise stehen die Rechtsfragen, die sich bei der Durchführung von Direktinvestitionen in Entwicklungsländern stellen. Es entspricht heute allgemeiner Auffassung, daß die Schuldenkrise mittel- und langfristig nur auf marktwirtschaftlichem Wege bewältigt werden kann. Dazu ist es erforderlich, daß in den betroffenen Ländern erzeugende und verarbeitende Industrien aufgebaut werden. Da die Finanzkraft in den betroffenen Staaten selbst nicht ausreicht, bedarf es ausländischer Investoren.

Innerhalb dieses Projekts werden die institutionellen Rahmenbedingungen für die güter- und finanzwirtschaftliche Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft durch Förderung von Direktinvestitionen untersucht. Im Zentrum der sowohl juristischen als auch ökonomischen Fragestellungen stehen dabei insbesondere zwei Teilbereiche: Es sind dies zum einen die institutionellen Rahmenbedingungen für den Technologietransfer, wobei sich der Schwerpunkt der Untersuchungen auf die rechtlichen Rahmenbedingungen des Schutzes geistigen Eigentums auf nationaler und internationaler Ebene bezieht.

Zum anderen liegt ein weiteres Hauptaugenmerk auf der Untersuchung der rechtlichen Optionen des Zugangs zu Entwicklungsländermärkten, insbesondere dem international-rechtlichen Investitionsschutz. Hintergrund der Forschungsarbeiten war und ist dabei der Ansatz, daß ein wesentliches Hindernis für die weltwirtschaftliche, wachstumsorientierte Integration die institutionelle Unsicherheit in diesen Ländern ist. Sie manifestiert sich in der unzureichenden Gewährung und dem mangelnden Schutz von Eigentumsrechten, der mangelnden Durchsetzbarkeit privater Verträge im Rechtssystem sowie der Unvorhersehbarkeit staatlicher Eingriffe.

1.2.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Grashoff, Dietrich: Das Investitionsschutzrecht in der Transformationsphase neuentstandener Staaten aus sukzessionsrechtlicher Sicht, RIW 1993, Beilage 3 zu Heft 7, 1993, S. 1-12.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Grashoff, Dietrich: Trade-related Investment Measures (TRIMS) osteuropäischer Reformstaaten in der Erweiterungsphase des GATT, RIW 1994, S. 181 - 189.

4. Auer, Thomas: Entwicklungsperspektiven des internationalen Technologietransfers im Rahmen des Abkommens über Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights. Jur. Diss. Konstanz, 1994.

1.3 Internationales Finanzrecht

1.3.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Ein weiterer maßgebender Faktor für zu treffende Investitionsentscheidungen ist ihre devisenrechtliche Durchführbarkeit. Die Fremdwährung des Investors muß in den Zielstaat gebracht und dort konvertiert werden können. Ebenso ist es erforderlich, daß die erwirtschafteten Gewinne bzw. im Fall der Aufgabe des Projekts die Investition selbst repatriiert werden können. Dies setzt voraus, daß auch die Währung des Zielstaates rücktauschfähig ist. Unter diesem Gesichtspunkt spielt das IWF-Abkommen eine maßgebende Rolle. Es wirft zahlreiche Rechtsprobleme auf.

1.3.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Woggon, Rüdiger: Einlageforderungen gegen ausländische Gesellschafter und Art. VIII, Abschn. 2(b) IWF-Abkommen (zu OLG Hamburg, 09.10.1992), IPRax 1993, S. 151-154.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Müller, Andreas: Der Einfluß ausländischen Devisenrechts auf zivilrechtliche Leistungspflichten unter besonderer Berücksichtigung des IWF-Abkommens, RIW 1994, S. 269 - 275.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Woggon, Rüdiger: Die Anwendung des IWF-Abkommens auf ohne Zustimmung der österreichischen Nationalbank eingegangene Wechselverbindlichkeit eines Österreichers, Anmerkung zum BGH-Urteil v. 22.2.1994, EWiR 1994, S. 471 - 472.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Woggon, Rüdiger: Keine Berücksichtigung ausländischer Kapitalverkehrsbeschränkungen über Art. VIII Abschnitt 2 (b) IWF-Abkommen, zu BGH, 8.11.1993 - II ZR 216/92), IPRax 1994, S. 276 - 277.

1.4 Internationale Mobilität der Unternehmen

1.4.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Direktinvestitionen werden häufig durch die Gründung eines selbständigen Tochterunternehmens im Zielstaat vorgenommen. Sie führen damit regelmäßig zum Entstehen internationaler Konzerne. Es wäre jedoch verfehlt anzunehmen, internationale Konzerne beständen stets aus einer beherrschenden "Mutter" in einem Industriestaat und abhängigen "Töchtern" in weniger entwickelten Staaten. Andererseits ist es auch unter dem Schlagwort der Globalisierung sicher nicht möglich, von einem homogenen globalen und damit weltweiten Markt zu sprechen. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von Teilmärkten: USA, die EU, Japan, die "Kleinen Tiger" (Hongkong, Südkorea, Singapur und Taiwan) sowie die "Neuen Tiger" (Malaysia, China, Thailand, Indonesien und Vietnam). Eine Studie der Boston Consulting Group erwartet, daß der asiatisch-pazifische Wirtschaftsraum innerhalb weniger Jahre nahezu die gleiche Wirtschaftskraft wie die EU und die USA zusammen erreichen wird. Die Teilmärkte unterscheiden sich insbesondere auch in Traditionen, Kulturen und Bedürfnissen. Auch der Globalisierung werden daher Grenzen gesetzt.

Obschon damit die Märkte als solche nicht global sind, werden die Unternehmen zunehmend global tätig. Im Jahr 1991 erzielten global arbeitende Unternehmen bereits 1/4 des Weltbruttosozialprodukts; man rechnet bis zum Jahr 2000 mit einem Anteil von über 30%. Eine "Oberschicht" der global tätigen Unternehmen -"global players"- droht, insgesamt den Markt zu dominieren. Internationale Mobilität der Unternehmen ist daher aus zwei Gründen geboten: Zunächst wird der Handlungsbedarf unmittelbar durch die global players ausgelöst, die in Zielstaaten direkt investieren. Durch die Vergrößerung des geographischen Aktionsradius der Unternehmen wird der Wettbewerb insgesamt so stark verschärft, daß auch die übrigen Marktteilnehmer zu wirtschaftlichem Einsatz der unternehmerischen Ressourcen gezwungen werden. "Lean production", "lean management", "just-in-time-production" und "out sourcing" sind lediglich Schlagworte, die den sprunghaft gestiegenen Druck zur Aufwandsminimierung nach außen deutlich machen. Dieser Zwang zur sparsamen Ressourcenverwendung zwingt sämtliche Unternehmen auch zu einer kritischen Standortwahl. Längst geht es nicht mehr nur darum, bei der Frage nach einer Direktinvestition nach dem investitionsfreundlichsten Zielstaat zu suchen. Auch etablierte internationale Konzerne überprüfen ihre rechtlichen Strukturen - und dazu zählt auch der Standort der einzelnen Gesellschaften - im Hinblick auf die optimale Anpassung an die wirtschaftlichen Erfordernisse, zu der auch die Schaffung polyzentrischer Hierarchiesysteme zählen kann.

Die Fähigkeit der Unternehmen, ihre Standortentscheidung zu revidieren und ihre neuen Entscheidungen umzusetzen, hängt maßgeblich von dem im Fall einer Sitzverlegung anzuwendenden Internationalen Privatrecht (IPR) sowie dem von diesem berufenen nationalen Gesellschaftsrecht ab. Die deutsche Gesellschaftsrechtsordnung war im Hinblick auf die Sitzverlegung von Gesellschaften bislang überaus restriktiv. Das Umwandlungsbereinigungsgesetz von 1994 hat die Möglichkeiten der Unternehmen, ihre Rechtsform und Struktur veränderten wirtschaftlichen Erfordernissen anzupassen, indes erheblich erweitert. Was bislang noch fehlt, ist die rechtliche Infrastruktur, die auch eine internationale Sitzverlegung unter gebührender Berücksichtigung der Interessen von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern ermöglicht.

1.4.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Willburger, Andreas: Verlustberücksichtigung bei grenzüberschreitenden Unternehmen - § 2a Abs. 1 und 2 EStG vor dem Hintergrund des Entwurfes einer Verlustrichtlinie, EWS 1993, S. 45-49.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Auer, Thomas: Die europarechtliche Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften und das internationale Gesellschaftsrecht, Anmerkung zum Urteil BayOLG vom 07.05.1992, JZ 1993, S. 372-376.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Auer, Thomas: Anmerkung zum Urteil BayOLG vom 07.05.1992, DNotZ 1993, S. 187-197.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Auer, Thomas: Die Vereinbarkeit der Sitztheorie mit europäischem Recht. Zivil- und steuerrechtliche Aspekte im deutschen Recht, GmbHR 1994, S. 16 - 27.

5. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Eigentumsvermutung für in Deutschland befindliche Inhaberaktien an ausländischen Gesellschaften, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 19.01.1994, ZEV 1994, S. 113-116.

6. Ebenroth, Carsten Thomas, Willburger, Andreas, Kemner,Matthew James: Die Auswirkungen des genuine-link-Grundsatzes auf die Anerkennung US-amerikanischer Gesellschaften in Deutschland, eine Besprechung des Urteils des OLG Düsseldorf vom 15. Dezember 1994, ZIP 1995, 1009, ZIP 1995, S. 972 - 975.

7. Ebenroth, Carsten Thomas, Willburger, Andreas: EWIR-Kurzkommentar zur Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.12.1994 - 6 U 59/94, EWIR 1995, S. 583 - 584.

8. Ebenroth, Carsten Thomas, Willburger, Andreas: Die Organträgerfähigkeit US-amerikanischer Kapitalgesellschaften im deutschen Körperschaftssteuerrecht, RIW Beilage 3 zu Heft 8/95, S. 1 - 12.

2 Lehrstuhl

Leiter:
Carsten Thomas Ebenroth

Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Elvira Hettler (03/1995 - 02/1996)
Stefan Koos (seit 02/1995)
Rainer Lorz (07/1989 - 09/1994)
Andreas Müller (02/1993 - 03/1995)
Oliver Wilken (05/1991 - 12/1994)

2.1 Gesellschaftsrecht: Auskunftsrecht und shareholder value

2.1.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Bestimmenden Einfluß auf Erfolg und Mißerfolg von Unternehmen hat ihre Ausstattung mit Eigenkapital. Deutsche Unternehmen werden traditionell fremdfinanziert. Nur sehr zögerlich beginnen die Unternehmen, ihre Finanzpolitik von Fremd- auf Eigenkapital umzustellen. Hierzu ist erforderlich, daß auch Kleinanleger als Investoren gewonnen werden können. Die Geschäftspolitik der Unternehmen muß sich aus diesem Grund stärker am sog. "shareholder value" orientieren. Hierzu zählt insbesondere auch die Möglichkeit der Aktionäre, über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, die maßgebend vom Bestehen stiller Reserven bestimmt wird, umfassend informiert zu werden.

2.1.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Koos, Stefan: Die Verfassungsmäßigkeit des Auskunftsverweigerungsrechts gem. § 131 Abs. 3 AktG bei Aktionärsanfragen bezüglich stiller Reserven, Betriebsberater, Beilage 8 zu Heft 30/95, S. 1 - 14.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Müller, Andreas: Die Beeinträchtigung der Aktionärsinteressen beim teilweisen Bezugsrechtsausschluß auf Genußrechte, BB 1993, S. 506-515.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Müller, Andreas: Die Abfindungsklausel im Recht der Personengesellschaften und der GmbH-Grenzen privatautonomer Gestaltung, BB 1993, S. 1153-1160.

2.2 Gesellschaftsrecht: Haftung der Gesellschafter

2.2.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Insbesondere im internationalen Vergleich bildet die "Dichtheit" der Trennung der Haftungsmassen von juristischer Person einerseits und deren Anteilsinhabern andererseits die Nagelprobe bei der Bewertung von Gesellschaftsrechtsordnungen im Standortwettbewerb. Dasselbe gilt für die formalen Anforderungen an die Gesellschaftsgründung und Umstrukturierung, da sie die Transaktionskosten erheblich beeinflussen.

2.2.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Wilken, Oliver: Beweislast und Gesellschafterhaftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern, Anmerkung zum BGH-Urteil ("TBB") vom 29.03.1992, ZIP 1993, S. 558-562.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Wilken, Oliver: Kurzkommentar OLG Frankfurt, Beschluß vom 11.11.93, EWiR 1994, S. 11-12.

3. Ebenroth, Carsten Thomas: Die Vermögensbindung im Kapitalgesellschaftsrecht, Festschrift für Herrn Reinhold Trinkner, Verlage RIW, 4/95.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Müller, Andreas: Vorratsgründungen im Kapitalgesellschaftsrecht zwischen ökonomischen Bedürfnissen und der Registereintragung, DNotZ 1994, S. 75-87.

5. Ebenroth, Carsten Thomas, Reiner, Günter: Ausreichende Bestimmtheit der Gerichtsstandklausel in der Satzung einer AG, Anmerkung zum Urteil BGH, 11.10.1993, WuB 1994, S. 353 - 358.

6. Ebenroth, Carsten Thomas: Die Konzernierung der Personengesellschaft zwischen Vertragsfreiheit und Minderheitenschutz, Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag, S. 99 - 122, Verlag C. H. Beck, München 1996.

7. Wilken, Oliver: Kapitalersetzende Nutzungsüberlassung im internationalen Unterordnungskonzern. Jur. Diss. Konstanz 1992.

2.3 Erbrecht: Pflichtteilsanspruch

2.3.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Das Grundgesetz gewährt in Art. 14 das Erbrecht gleichrangig neben dem Eigentumsrecht. Das Erbrecht ergänzt die Privatautonomie als wirtschaftsrechtliche Grundentscheidung der Rechtsordnung. Die Dispositionsfreiheit des Erblassers wird jedoch durch den Pflichtteilsanspruch ergänzt und zugleich abgeschwächt. Die Entwicklung des Pflichtteilsrechts steht somit beispielhaft für die Wertungen der gesamten Rechtsordnung im Spannungsverhältnis zwischen individueller Freiheit und sozialem Ausgleich.

2.3.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Koos, Stefan: Zum Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs bei Irrtum über das Ausmaß der Beeinträchtigung aufgrund unrichtiger Testamentauslegung, ZEV, Heft 7/95, S. 233 - 235.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Koos, Stefan: Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testaments wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten (OLG Karlsruhe v. 5.8.1994/ BGH v. 4.10.1995), ZEV, 2. Jahrgang, Heft 12/1995, S. 456 - 457.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Koos, Stefan: Unterbricht die Feststellungsklage hinsichtlich der Pflichtteilsberechtigung die Verjährung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs? BGH, Urt. v. 27.03.1996, IV ZR 185/95, ZEV 6/1996, S. 223 - 225.

2.4 Erbrecht: Unternehmensnachfolge

2.4.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Das Spannungsverhältnis zwischen Eigentumsrecht und Sozialbindung wird im Erbrecht besonders im Bereich der Erbfolge in Unternehmen deutlich. Hier besteht ein Interesse nicht nur des Erblassers, sondern auch der Allgemeinheit an der Fortsetzung des Unternehmens. Die Fortsetzung kann bei Gesellschaften durch die gesetzlich vorgesehene Auflösung bei Personenhandelsgesellschaften ebenso wie durch das Erfordernis hoher Abfindungszahlungen gefährdet werden.

2.4.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Das Unternehmertestament als Teil umfassender Nachfolgeplanung - Teil I: Grundstrukturen der Unternehmensnachfolge, WIB 1995, S. 609 - 618.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Das Unternehmertestament als Teil umfassender Nachfolgeplanung - Teil II: Erbrechtliche Gestaltungselemente, WIB 1995, S. 656 - 662.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Das Unternehmertestament als Teil umfassender Nachfolgeplanung - Teil III: Gestaltung der Nachfolge in Gesellschaftsanteile, WIB 1995, S. 689 - 694.

4. Lorz, Rainer: Testamentsvollstreckung und Unternehmensrecht - Ein Beitrag zur Fortschreibung unternehmensstrategischer Kompetenzen fremdnütziger Vermögensverwaltung. Jur. Diss., Verlag C. H. Beck, München 1995.

2.5 Erbrecht allgemein

2.5.1 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas: Erbrecht, München 1992.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Gesetzliches Vorkaufsrecht des Miterben: Zur teleologischen Reduktion des § 2034 BGB, Anm. zu KG, Urt. v. 28.09.1992, ZEV 1994, S. 41 - 43.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Lorz, Rainer: Gesetzliches Vorkaufsrecht des Miterben: Rechte des Erbteilkäufers, Anm. zu OLG München v. 2.2.1993, ZEV 1994, S. 43 - 45.

3 Zentrum für internationale Wirtschaft

Leiter:
Carsten Thomas Ebenroth

Wissenschaftliche Mitarbeiter
Michael Bohne (seit 08/1995)
Roger Boizel (seit 05/1992)
Matthias Borrmann (04/1992 - 09/1994)
Thomas Dillon (04/1992 - 03/1995)
Wolfgang Durach (07/1991 - 03/1996)
Wolfgang Hübschle (02/1993 - 06/1995)
Knut Lange (seit 10/1990)
Sabine Mersch (10/1994 - 02/1996)
Günter Reiner (seit 02/1992)
Thomas Scherer (12/1990 - 09/1994)
Martin Schick (07/1993 - 08/1995)
Alexander Schwarz (01/1992 - 08/1995)
Marc Strittmatter (02/1993 - 12/1995)
Michael Wolff (06/1987 - 06/1994)

3.1 Internationale Handelsbeziehungen

3.1.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Insbesondere durch den Abschluß der Uruguay-Runde der GATT-Verhandlungen mit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) und der Einbeziehung von Dienstleistungen (GATS), Immaterialgüterrechten (TRIPs) und Direktinvestitionen (TRIMs) hat der internationale Handel einen neuerlichen Anschub erhalten. Für den Juristen ist diese Entwicklung besonders interessant, weil die international-rechtlichen Verpflichtungen durch die Entwicklung des neuen Streitbeilegungsmechanismus (Dispute settlement mechanism, DSM) in erheblichem Maße "justizialisiert" wurden. Dabei wurden zahlreiche Rechtsprobleme aufgeworfen.

3.1.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Dillon, Thomas: Gaining the Competitive Edge: Access to the European Market Through Bilateral Commercial Treaties and Taxations Strategies, Texas International Law Journal, 1993, p. 269-318.

2. Ebenroth, Carsten Thomas: Herausforderungen für das internationale Wirtschaftsrecht, RIW 1994, S. 1-12.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Lavorel, Warren A.: The World Trade Organization: The Way to the Future. The Final Act to the Uruguay Round - A look at the World Trade Organization and the New Obligations for the Next Generation of International Economic Relations, Konstanzer Universitätsreden, Konstanz 1994, 40 Seiten.

4. Ebenroth, Carsten Thomas: Visionen für das internationale Wirtschaftsrecht zum 40. Geburtstag der Zeitschrift "Recht der Internationalen Wirtschaft", RIW 1995, S. 1 - 11.

5. Globalisierung - Unternehmensrechtliche und unternehmenssteuerrechtliche Probleme bei Aktivitäten auf übergreifenden Märkten. Referenten: Dr. Gottfried E. Breuninger, Robert H. Leitermann, Dr. Ulrich Prinz, Dr. Arndt Raupach. Mitwirkende: Prof. Dr. Dr. Carsten Thomas Ebenroth, Dr. Georg Maier-Reimer, Wolf-Dieter Rath, Prof. Dr. Karsten Schmidt, Ulrich Wolff. In Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1994/1995, Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne/Berlin, S. 307 - 474.

3.2 Europäisches Wettbewerbsrecht

3.2.1 Kurzbeschreibung des Projekts

In engem Zusammenhang mit der Bildung internationaler Konzerne steht die Frage nach der Verhaltensdeterminierung der Wirtschaftsteilnehmer durch das Wettbewerbsrecht (d.h. nach deutscher Terminologie das Kartellrecht) als institutioneller Rahmenbedingung. Die europäische Integration hat eine Überlagerung des deutschen Wettbewerbs- und Kartellrechts durch die europäischen Reglementierungen mit sich gebracht. In sämtlichen wettbewerbsrechtlichen Fragen muß deshalb heute das europäische Wettbewerbsrecht, das trotz seiner zahlreichen Übereinstimmungen doch nicht zu vernachlässigende Besonderheiten zum deutschen Recht aufweist, in die Erwägungen einbezogen werden. Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung durch das Zentrum für internationale Wirtschaft haben sich zwei Schwerpunkte herausgebildet:

In einem ersten Schwerpunkt knüpft das Forschungsprojekt an die bisherigen Arbeiten auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts an, wobei nun der Schwerpunkt auf der Analyse der Auswirkungen der europäischen Fusionskontrollverordnung lag. Ergänzt wurden die Untersuchungen durch eine rechtsvergleichende Betrachtung weiterer nationaler Regelungen.

3.2.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Lange, Knut: EG-Fusionskontrolle nach Abschluß der Uruguay-Runde im Rahmen des GATT, WuW 1994, S. 601 - 615.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Lange, Knut: Zukunftsmärkte in der europäischen Fusionskontrolle. Zur Entscheidung der Kommission im Verfahren MSG Media Service, EWS 1995, S. 1 - 8.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Rösler, Patrick: Die Anwendbarkeit des Zusammenschlußbegriffes nach Art. 3 FKVO auf Lean Production Strukturen, RIW 1994, S. 533 - 542.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Strittmatter, Marc: Französisches Wettbewerbs- und Kartellrecht im Markt der Europäischen Union, Heidelberg 1995, Verlag Recht und Wirtschaft, 134 Seiten.

5. Ebenroth, Carsten Thomas, Durach, Wolfgang: Das Wettbewerbs- und Kartellrecht Großbritanniens im Markt der Europäischen Union, Beihefte der Zeitschrift Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, 1995, 115 Seiten.

6. Ebenroth, Carsten Thomas: Neue Ansätze zur Warenverkehrsfreiheit im Binnenmarkt der EU, Festschrift für Henning Piper zum 65. Geburtstag, S. 133 - 170, Verlag C. H. Beck, München 1996.

7. Durach, Wolfgang: Die Einführung kompetitiver Strukturen auf den Energiemärkten. Jur. Diss., Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1996.

8. Lange, Knut: Räumliche Marktabgrenzung in der europäischen Fusionskontrolle. Jur. Diss., Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1994.

9. Schick, Martin: Die Darstellung und Qualifizierung Strategischer Allianzen im Europäischen Wettbewerbs- und Kartellrecht nach Art. 3 Abs. 2 EGV-FKVO und Art. 85 EG-Vertrag. Jur. Diss. Konstanz 1994.

10. Schwarz, Alexander: Das kartellrechtliche Mißbrauchsverbot und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrieunternehmen. Jur. Diss., Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1995.

11. Strittmatter, Marc: Marktzutrittsschranken durch schlanke Zulieferstrukturen und Art. 85 EG-Vertrag unter Berücksichtigung der deutschen und französischen Folgeregelung der Nichtigkeit nach Art. 85 Abs, 2 EG-Vertrag sowie der ordnungspolitischen Konzeptionen in Deutschland und Frankreich in der Auslegung von Art. 85 Abs. 3 EG-Vertrag. Jur. Diss., Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1996.

3.3 Gewerbliche Schutzrechte im Wettbewerbsrecht der EU

3.3.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Immer deutlicher wird das Zusammenspiel von europäischem Wettbewerbsrecht und dem Recht der Waren- und Dienstleistungsfreiheit. Die Schnittstelle zwischen beiden Bereichen wird durch das Recht der gewerblichen Schutzrechte markiert. In Ermangelung europaweiter Rechtsvereinheitlichung muß sich das Europarecht auf die nationalen Rechtsordnungen verlassen. Andererseits behindern gewerbliche Schutzrechte prinzipbedingt den freien Warenverkehr und können auch mißbräuchliche Wettbewerbspraktiken ermöglichen. Hierdurch entsteht ein Spannungsverhältnis, das schwierige Rechtsfragen aufwirft.

3.3.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Hübschle, Wolfgang: Gewerbliche Schutzrechte und Marktaufteilung im Binnenmarkt der Europäischen Union, Heidelberg 1994, 174 Seiten.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Hübschle, Wolfgang: "Bestand" und "Ausübung" gewerblicher Schutzrechte, EWS 1994, S. 109 - 114.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Bohne, Michael: Gewerbliche Schutzrechte und Art. 86 EG-Vertrag nach der Magill-Entscheidung, EWS 1995, S. 397 - 404.

3.4 Vertriebsstrukturen

3.4.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Gerade im Zusammenhang mit dem oben beschriebenen Phänomen der Konzentration des Wettbewerbs auf wenige global players kommt der rechtlichen Organisation des Vertriebssystems gesteigerte Bedeutung zu. Moderne Vertriebsstrukturen (Franchising) haben sich auch in Europa wirtschaftlich durchgesetzt und rechtlich etabliert. Vertriebsnetzwerke führen die Vertragsrechtsordnung an ihre prinzipbedingten Grenzen. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß die wirtschaftliche Selbständigkeit von Lieferanten (z.B. bei just-in-time-Verträgen) bzw. von Abnehmern (z.B. beim Franchising) weitgehend aufgehoben wird. Hieraus entstehen Vertrags-, Wettbewerbs- und nicht zuletzt auch allgemein haftungsrechtliche (gibt es eine Haftung des faktisch herrschenden Unternehmens qua Leitungsmacht?) Probleme. Auch bei der Forschung im Zentrum für internationale Wirtschaft wurde ein Schwerpunkt auf die Analyse innovativer Vertriebsstrukturen gelegt.

3.4.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Durach, Wolfgang: Vertriebswegegestaltung und Beendigung von Absatzmittlungsverhältnissen aus britischer Sicht, RIW 1993, Beilage zu Heft 11, S. 1-35.

2. Ebenroth, Carsten Thomas: Der Händler ist die Speerspitze des Herstellers, Interview, KFZ-Betrieb 11/93, S. 24-32.

3. Ebenroth, Carsten Thomas, Schick, Martin: Vertikale strategische Allianzen und Allianznetzwerke im Europäischen Recht, RIW 1994, S. 217 - 228.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Abt, Martin: Beendigung von Absatzmittlungsverhältnissen nach dem Recht des EWGV, EWS 1993, S. 81-95.

5. Ebenroth, Carsten Thomas, Lange, Knut: Zulässigkeit der Mehrheitsentscheidung einer Publikums-GbR zur Übernahme des Haftungsanteils insolventer Gesellschafter, Anmerkung zum Urteil OLG Köln vom 12.01.94, EWiR 1994, S. 243-244.

6. Ebenroth, Carsten Thomas, Lange, Knut: Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge in Europa, in EWS 1995, S. 329 - 336.

7. Ebenroth, Carsten Thomas, Lange, Knut, Mersch, Sabine: Schiedsgerichte im Rahmen des Gruppenfreistellungs-Entwurfs zum Kfz-Vertrieb, EWS 1995, S. 173 - 185.

8. Ebenroth, Carsten Thomas, Mersch, Sabine, Lange, Knut: Die EG-Gruppenfreistellungsverordnung für Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge, Verlag RIW Heidelberg, Taschenkommentare des Betriebs-Beraters, 1995.

9. Hübschle, Wolfgang: Marktsegmentierung durch vertragliche Vertriebssysteme - Die Errichtung von Handelshindernisen auf privatautonomer Basis. Jur. Diss., Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1995.

3.5 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

3.5.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Die Internationalisierung der Wirtschaft und des Wettbewerbs hat zu einer Zunahme auch des juristischen Konfliktpotentials geführt, das durch die nationalen Rechtsordnungen, die jeweils materiell- wie prozeßrechtlich geschlossene Systeme bilden, nicht bewältigt werden kann. Die Praxis tendiert bei internationalen Transaktionen deswegen seit jeher zu einer Unterwerfung unter nicht-staatliche Gerichte. Juristisches Vehikel hierzu sind Schiedsklauseln, die eine Vielzahl rechtlicher Fragestellungen aufwerfen. Bei der Bearbeitung der damit verbundenen praktischen Probleme konnte die persönliche umfassende Erfahrung des Projektleiters aus der Beteiligung an zahlreichen Schiedsgerichten unter dem Dach der ICC (International Chamber of Commerce) fruchtbar gemacht werden.

3.5.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Dillon, Thomas: Arbitration Clauses in International Financial Agreements - circumventing the Act of State Doctrine, Journal of International Arbitration 1993, Vol. 10 No. 2, p. 5-28.

3.6 Haftungsrecht im Rechtsvergleich

3.6.1 Kurzbeschreibung des Projekts

Wegen seiner Steuerungsfunktion für die Wirtschaftsteilnehmer hat das allgemeine Haftungsrecht eine erhebliche Bedeutung im Standortwettbewerb.

3.6.2 Veröffentlichungen

1. Ebenroth, Carsten Thomas, Dillon, Thomas: The Rating Game: An Analysis of the Liability of Rating Agencies in the United States, Journal of International Banking Law 1993, S. 174-195.

2. Ebenroth, Carsten Thomas, Dillon, Thomas: The prospect for rating agency duty of care liability in England and the United States, The Company Lawyer, volume 15, number 9, october 1994, S. 259-266.

3. Ebenroth, Carsten Thomas: Les principes fondamentaux de la responsabilité non-contractuelle en droit français et en droit allemand, Communication de M. le professeur Carsten Thomas Ebenroth au cours du premier colloque de droit comparé franco-allemand des 1 et 2 octobre 1993, La Gazette du Palais - dimanche 2 au mardi 4 janvier 1994, pp. 5-9.

4. Ebenroth, Carsten Thomas, Rouger, Michel (Hrsg.): Die außervertraglichen unternehmerischen Verhaltenspflichten zum Schutze fremden Vermögens - La responsabilité non-contractuelle en matière commerciale, Verlag Recht und Wirtschaft 1995.

VI. Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung (Brohm)

1. Informelles und kooperatives Verwaltungshandeln

1.1 Kurzbericht über das Projekt

Das Projekt wurde bereits im Tätigkeitsbericht des Instituts für Rechtstatsachenforschung 1990-1992 eingehend erörtert. Es geht um den zunehmenden Verzicht des Staates, durch hoheitlich-obrigkeitliche Anordnungen das Verhalten der Bürger zu steuern und stattdessen sie über ein informelles Verwaltungshandeln oder ein kooperatives Vorgehen zu einem entsprechenden Handeln zu motivieren. Die Anstrengungen, die Vielfalt der neuen administrativen Handlungsweisen zu erfassen und zu typisieren, wurden fortgesetzt, ebenso die Bemühungen, die demokratisch und rechtsstaatlich bedingten Anforderungen an ein hoheitliches Vorgehen auch hier zur Wirkung zu bringen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die ersten Veröffentlichungen durch eine weitere zu ergänzen.

1.2 Veröffentlichungen

1. Brohm, Winfried: Rechtsstaatliche Vorgaben für informelles Verwaltungshandeln. Deutsches Verwaltungsblatt 109, 1994, S. 133-139.

2. Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und Wettbewerb

2.1 Kurzbericht über das Projekt

Deregulierung und Abbau staatlicher Monopole bringen die Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand auch bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben zunehmend in ein Konkurrenzverhältnis mit privaten Anbietern gleicher Leistungen. Rundfunk, Arbeitsvermittlung, Krankenversicherung und Theater sind dafür lediglich herausragende Beispiele. Dabei ist unklar, welche Rechtsstellung den öffentlich-rechtlichen Anbietern kraft ihres gesetzlich erteilten öffentlichen Auftrags zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zukommt, ob sie gleichrangig, wie andere Anbieter, am Wettbewerb teilhaben und damit dem allgemeinen Wettbewerbsrecht unterstehen, oder ob einzelne Handlungen im Hinblick auf ihre öffentlich-rechtliche Funktion nach öffentlichem Recht zu beurteilen sind, was in Einzelfällen zu Privilegierungen oder auch zu besonderen Bindungen führen kann. Um das Problem wirklichkeitsgerecht behandeln zu können, war es notwendig, zunächst konkrete Spannungsverhältnisse zu ermitteln und zu analysieren. Das geschah auf dem Gebiet der Wirtschaftsaufsicht durch berufsständische Kammern, die nicht nur z.B. Sonntagsdienstregelungen für die Ärzte aufstellen, sondern auch Warnungen vor bestimmten Labors u.ä. aussprechen, was Auswirkungen auf den Wettbewerb hat. Weiter wurde die eigene Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand untersucht, etwa die unentgeltliche Arbeitsvermittlung oder die nicht kostendeckende Leistungserbringung in Form von Schwimmbädern, Studentenwohnheimen, Theatern, die Tätigkeit der Rundfunkanstalten und die privatrechtliche Verwertung bestimmter durch Sendungen geprägter Titel oder das Verhalten öffentlich-rechtlicher Krankenkassen, etwa das Ausleihen von Rollstühlen, und die Auswirkungen auf private Mitbewerber. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte neigt hier dazu, derartige Handlungsweisen dem allgemeinen Wettbewerbsrecht zu unterstellen, so daß sie regelmäßig als unzulässig erscheinen, während die öffentlich-rechtlichen Gerichte die Maßstäbe des öffentlichen Rechts anzuwenden pflegen, was in diesen Fällen regelmäßig zu einer gewissen Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Institutionen führt. Insofern stellt sich die Frage, ob für eine gemischte Wirtschaftsordnung nicht auch eine Mischung von öffentlichem und privatem Recht angezeigt erscheint.

2.2 Veröffentlichungen

1. Brohm, Winfried: Das Verhältnis von mittelbarer Staatsverwaltung und Staatsaufsicht im Wirtschaftsrecht. In: Mestmäcker, Ernst Joachim (Hrsg.): Kommunikation ohne Monopole II. Baden-Baden 1995, 254-289.

2. Brohm, Winfried: Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und Wettbewerb. Neue Juristische Wochenschrift 47, 1994, 281-289.

3. Organisation des kommunalen Umweltschutzes
- Der Umweltschutzbeauftragte -

3.1 Kurzbericht über das Projekt

Die zunehmend hochgradige Spezialisierung und Komplizierung der gesellschaftlichen Verhältnisse bedingt eine Ergänzung der Verwaltung durch spezielles Expertenwissen sowie spezifische Problemperzeptionen. Sie hat zu einer starken Ausdifferenzierung der Verwaltungsorganisation geführt. Diese ist nicht nur für den Bürger unübersichtlich geworden, sondern läuft auch selbst Gefahr, die Zusammenhänge vieler Einzelprobleme nicht mehr zu erkennen. Insofern bedarf es einer bürgernahen und die einzelnen Spezialbereiche übergreifenden, also querschnittsorientierten organisatorischen Ergänzung. Eine in dieser Beziehung neuerdings verstärkt ins "Rampenlicht" tretende Erscheinung ist das Institut eines Beauftragten. Es bedarf großteils noch einer wissenschaftlichen Aufarbeitung, obwohl es in der Praxis bereits in vielfältigen Zusammenhängen zu beobachten ist. So existieren beispielsweise Frauen-, Datenschutz-, Bürger- oder Ausländerbeauftragte u.a. Zweck der Untersuchung war es, die besonderen Gegebenheiten und Probleme solcher Einrichtungen am Beispiel des kommunalen Umweltschutzbeauftragten zu analysieren. Dieser eignet sich für eine solche Untersuchung in ganz besonderer Weise, weil er zwischenzeitlich vor allem in kleineren und mittelgroßen Gemeinden eine starke Verbreitung gefunden hat und wegen der hochkomplexen Materie des Umweltschutzes nahezu alle Verwaltungsbereiche tangiert. Insofern steht der Umweltschutzbeauftragte für eine typische Organisationsform der zunehmenden Querschnittsrelevanz einzelner Fragen in der politisch-administrativen Problemverarbeitung.

Neben der Erhebung formaler Daten über die organisatorische Einbindung, etwa in Form eines Stabes oder einer Abteilung, sowie über die Qualifikation und Besoldung, eigene Bewirtschaftungsbefugnisse u.ä., galt es, die Arbeits- und Funktionsweise des kommunalen Umweltschutzbeauftragten herauszuschälen. An Hand von bisher durchgeführten 10 Fallstudien in mittelgroßen Gemeinden Baden-Württembergs ergab sich folgendes Bild:
Die Umweltschutzbeauftragten sind meist als Stab bei der Verwaltungsspitze angebunden und besitzen demgemäß allenfalls einen minimalen Unterbau. Weiter verfügen sie nur über wenige eigene Mittel im Haushaltsplan. Regelmäßig weisen sie eine hohe fachliche Qualifikation auf, die sie meistens durch ein naturwissenschaftliches Studium erworben haben. Ihr Aufgabenbereich ist außerordentlich vielfältig und variiert von Gemeinde zu Gemeinde. Dabei zeigen sich aber weithin übereinstimmende Grundfunktionen. An erster Stelle stehen Koordinationsaufgaben, d.h. die Abstimmung zwischen den Beteiligten bei ämterübergreifenden Umweltschutzaufgaben, sowie eine Initiativfunktion auf Grund besonderer Fachkenntnisse zur Bewältigung von Umweltschutzaufgaben. Da ihnen eine eigene Anordnungskompetenz fehlt, wurde ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, welche speziellen Handlungsweisen und Strategien sich aus dieser Situation ergeben, etwa im Hinblick auf die Einbindung in den gemeindeinternen Informationsfluß und die eigene Informationsverarbeitungkapazität, ferner welche Bedeutung formalen Regelungen, wie einer Dienstanweisung Umweltschutz oder der expliziten Verankerung einer kommunalen Umweltverträglichkeitsprüfung zukommt, schließlich inwieweit in einer derartigen Institution eine Gefahr für die Einheit der Gemeindeverwaltung zu sehen ist bzw. inwieweit eine Änderung des Machtgefüges innerhalb der Organisation eintritt oder befürchtet wird. Im Hinblick auf den Bürger wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die Transparenz kommunaler Umweltpolitik durch diese Institution gefördert wird und welche Probleme sich aus dem starken Öffentlichkeitsbezug der Umweltaufgabe in Rückwirkung auf die Organisation ergeben. Schließlich wurde versucht, gesicherte Informationen darüber zu erhalten, in welcher Weise diese Institution bzw. deren Arbeitsweise durch gemeindespezifische Faktoren, wie Finanzkraft, parteipolitische Ausrichtung des Gemeinderates, Gemeindegröße etc. geprägt wird. Ferner wurden für diese Organisationsform spezifische Defizite festgemacht und Empfehlungen für ein adäquates Funktionieren in der Praxis erarbeitet.

3.2 Veröffentlichungen

Noch nicht abgeschlossen.

VI. Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung
(Hailbronner)

1. Steuerung und Kontrolle des Ausländerzuzugs in der Praxis des Ausländer- und Asylverfahrensgesetzes

1.1 Kurzbericht über das Projekt

Die fortschreitende Analyse des deutschen Asyl- und Ausländerrechts und seiner Fortentwicklung muß neben dem innerstaatlichen Recht und den völker- und europarechtlichen Rahmenbedingungen immer auch die tatsächliche Umsetzung der Regelungen berücksichtigen. Rechtspolitische Erwägungen zu Reformen des Asyl- und Ausländerrechts benötigen als Basis Kenntnisse über das tatsächliche Wirken bestehender Regelungen sowie über demographische und ökonomische Aspekte, die die Zielsetzungen der Ausländerpolitik beeinflussen.

In Bezug auf die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich Justiz und Inneres wurde unter anderem im Rahmen der Tagung der Europäischen Rechtsakademie Trier (ERA) "Zusammenarbeit der Polizei- und Justizverwaltungen nach Maastricht" vom 21. und 22. September 1995 deutlich, daß es lohnt, die tatsächliche Funktionstauglichkeit des Pilotprojekts "Schengen" zu überprüfen, um die bestehenden Regelungen zu verbessern und sinnvolle Regelungen für die europäische Ebene zu entwerfen.

Hinsichtlich der De-facto-Flüchtlinge in Europa wurde zunächst deren Rechtsstellung in den EU-Mitgliedstaaten rechtsvergleichend untersucht. Außerdem wurden die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen für eine Harmonisierung dieser Politiken ermittelt. In diesem Bereich ist zur Weiterentwicklung und Verbesserung des gegenwärtigen Systems nun primär eine Analyse und Auswertung der tatsächlichen Reaktionen der Mitgliedstaaten auf die großen Flüchtlingsströme während der Jugoslawienkrise notwendig.

1.2 Veröffentlichungen

1.2.1 Selbständige Publikationen

1. Hailbronner, Kay: Ausländerrecht, Kommentar,
Grundwerkslieferung, Stand September 1991, Heidelberg 1992, mit Ergänzungslieferungen:

1.1  3. Ergänzungslieferung, Juli 1993.
1.2  4. Ergänzungslieferung, Juni 1994 (unter Mitarbeit von Karlheinz Schenk).
1.3  5. Ergänzungslieferung, November 1994.
1.4  6. Ergänzungslieferung, Mai 1995.
1.5  7. Ergänzungslieferung, Juli 1995.
1.6  8. Ergänzungslieferung, Dezember 1995.

2. Hailbronner, Kay: Die Rechtsstellung der De-facto-Flüchtlinge in den EG-Staaten. Rechtsvergleichung und europäische Harmonisierung. Baden-Baden 1993.

3. Hailbronner, Kay: Reform des Asylrechts. Steuerung und Kontrolle des Zuzugs von Ausländern. Konstanz 1994.

4. Hailbronner, Kay: Current Asylum in Germany, University of California, Berkeley, 1995.

1.2.2 Beiträge zu Sammelwerken, Festschriften und Kommentaren

1. Hailbronner, Kay: Der Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention und die Rechtsstellung von "De-facto-Flüchtlingen". In: Sikora, Joachim (Hrsg.): Weltweite Flüchtlingsströme - Ursachen und Auswirkungen. Bad Honnef 1993, 49-83.

2. Hailbronner, Kay: Europäische Koordination der Aufnahme von De-facto-Flüchtlingen. In: Drüke, Luise; Weigelt, Klaus (Hrsg.): Fluchtziel Europa. Strategien für eine neue Flüchtlingspolitik. München 1993, 82-111.

3. Hailbronner, Kay: Die rechtliche Stellung der De-facto Flüchtlinge in den EG-Mitgliedstaaten. In: Heinelt, Hubert (Hrsg.): Zuwanderungspolitik in Europa. Nationale Politiken, Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Reihe Gesellschaftspolitik und Staatstätigkeit. Opladen 1994, 80-107.

4. Hailbronner, Kay: Migration Policies, Third-Country Nationals and EC Law. In: Heckmann, Bosswick (Hrsg.): Migration Policies: a Comparative Perspective. Stuttgart 1994, 171-200.

5. Hailbronner, Kay: Asylum Law Reform in the German Constitution. The American University Journal of International Law and Policy. Bd. 16, o.A. 1994, 159-179.

6. Hailbronner, Kay: Mehrfache Staatsangehörigkeit und Einbürgerung in der Bundesrepublik Deutschland. In: Barwig, Klaus; Brinkmann, Gisbert; Huber, Bertold; Lörcher, Klaus; Schumacher, Christoph (Hrsg.): Vom Ausländer zum Bürger. Problemanzeigen im Ausländer-, Asyl- und Staatsangehörigkeitsrecht. Festschrift für Fritz Franz und Gert Müller. Baden-Baden 1994, 393-407.

7. Hailbronner, Kay: Refoulement-Verbote und Drittstaatenregelung (Art. 33 GK und Art. 3 EMRK). In: Beyerlin, Ulrich; Bothe, Michael; Hofmann, Rainer; Petersmann, Ernst-Ulrich: Recht zwischen Umbruch und Bewahrung. Völkerrecht, Europarecht, Staatsrecht. Festschrift für Rudolf Bernhardt. Heidelberg 1995, 365-384.

8. Hailbronner, Kay: Third-Country Nationals and EC Law. In: Rosas, Allan; Antola, Esko (Hrsg.): A Citizen's Europe. In Search of a New Order. London 1995, 182-206.

9. Hailbronner, Kay: Privilegierte Drittstaatsangehörige in der Europäischen Union? In: Due, Ole; Lutter, Marcus; Schwarze, Jürgen (Hrsg.): Festschrift für Ulrich Everling. Bd. 1, 1. Aufl., Baden-Baden 1995, 399-414.

10. Hailbronner, Kay: Comments on: The Right to Leave, the Right to Return and the Question of a Right to Remain. In: Gowlland-Debbas, Vera (Hrsg.): The Problem of Refugees in the Light of Contemporary International Law Issues. The Hague, Boston, London 1996, 109-118.

1.2.3 Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften

1. Hailbronner, Kay: Der Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention und die Rechtsstellung von De-facto-Flüchtlingen. Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitk 13, 1993, 3-11.

2. Hailbronner, Kay: Ausdruck der Zugehörigkeit und nicht der Abgrenzung. Zur Diskussion um das deutsche Einbürgerungsrecht. Herder-Korrespondenz 47, 1993, 295-301.

3. Hailbronner, Kay: The Concept of "Safe Country" and Expeditious Asylum Procedures: A Western European Perspective. International Journal of Refugee Law 5, 1993, 31-65.

4. Hailbronner, Kay: Die Asylrechtsreform im Grundgesetz. Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 13, 1993, 107-117.

5. Hailbronner, Kay: Rechtsfragen der Aufnahme von "Gewaltflüchtlingen" in Westeuropa - am Beispiel Jugoslawiens. Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht 3, 1993, 517-538.

6. Hailbronner, Kay: Einbürgerung und doppelte Staatsangehörigkeit. Landeshauptstadt Stuttgart, Abteilung Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger - Ausländerbeauftragter in Verbindung mit dem Presse- und Informationsamt (Hrsg.): Stuttgarter Themen, Nr. 2. Vom Mitbürger zum Staatsbürger. Vorträge im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Herbst der Kulturen" 1992. Stuttgart 1993, 16-32.

7. Hailbronner, Kay: Visa Regulations and Third-Country Nationals in EC Law. Common Market Law Review 31, 1994, 969-995.

8. Hailbronner, Kay: Die europäische Asylrechtsharmonisierung nach dem Vertrag von Maastricht. Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 15, 1995, 3-13.

9. Hailbronner, Kay: Ausweisung und Abschiebung in der neueren Rechtsprechung und Gesetzgebung. Juristenzeitung 50, 1995, 127-138.

10. Hailbronner, Kay: Perspektiven einer europäischen Asylrechtsharmonisierung. In: Piazolo, Michael; Grosch, Klaus (Hrsg.): Festung oder offene Grenzen? Entwicklung des Einwanderungs- und Asylrechts in Deutschland und Europa. München 1995, 73-109.

1.2.4 Tagungsbände

1. Hailbronner, Kay (Hrsg.): Tagungsband: Zusammenarbeit der Polizei- und Justizverwaltungen in Europa. Die Situation nach Maastricht - Schengen und SIS. Heidelberg 1996.

VI. Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung (Maurer)

Der Verwaltungsvertrag in der Praxis

1. Kurzbericht über das Projekt

Der sog. subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag, d.h. der Vertrag zwischen einer Verwaltungsbehörde und einem Bürger, hat durch seine Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz von 1976 eine erhebliche rechtliche Aufwertung neben dem nach wie vor dominierenden Verwaltungsakt erfahren. Seine Bedeutung und seine Einsatzmöglichkeiten in der Praxis sind jedoch nach wie vor umstritten. Fraglich ist auch, inwieweit die Verwaltung von der Möglichkeit des Vertragshandelns überhaupt Gebrauch macht. Die bislang dazu erfolgten Äußerungen sind noch recht vage und beruhen überwiegend auf Vermutungen. Auch die Literatur mahnt entsprechende rechtstatsächliche Untersuchungen an. Diese Lücke sollte das Forschungsprojekt "Der Verwaltungsvertrag in der Praxis" schließen. Die Ergebnisse können in verschiedener Hinsicht nützlich sein. Sie können die rechtsdogmatische Erörterung des Verwaltungsvertrages, der bisher weitgehend der Praxisbezug fehlte, in tatsächlicher Hinsicht absichern und bereichern, dem Gesetzgeber bei künftigen Regelungen Erfahrungsmaterial an die Hand geben und vor allem die Verwaltung selbst verstärkt auf die Möglichkeit des Verwaltungsvertrages aufmerksam machen und sie durch Vertragsmuster und Hinweise aus der Praxis über die Möglichkeiten, Chancen und Gefahren dieses Handlungsinstruments unterstützen.

Die Erhebung wurde auf zwei Säulen gestützt. Zum einen wurde die veröffentlichte Rechtsprechung zum Verwaltungsvertrag nach rechtstatsächlichen Gesichtspunkten ausgewertet. Zum anderen wurden Behörden zu ihrer Vertragspraxis befragt.

In einem ersten Arbeitsabschnitt wurde die veröffentlichte Rechtsprechung bis 1989 manuell ausgewertet. Das Zwischenergebnis wurde im Buch "Maurer/Hüther, Die Praxis des Verwaltungsvertrags im Spiegel der Rechtsprechung, Konstanz 1989" veröffentlicht, das inzwischen auch in der Literatur Beachtung gefunden hat. Ein Überblick über die gewonnenen Zwischenergebnisse findet sich im 3. Tätigkeitsbericht des Instituts vom Juni 1990 (S. 87 ff.). Die Fortschreibung und Gesamtauswertung der Rechtsprechung erfolgte ab 1991 mittels einer eigens für diesen Zweck konzipierten und programmierten Datenbankanwendung. Die Nacherfassung aller zuvor manuell ausgewerteten Entscheidungen sowie die Erfassung neu aufgefundener Entscheidungen wurde 1995 abgeschlossen. Die Entscheidungen stammen aus dem Zeitraum zwischen 12.03.1978 und 16.12.1993. Von den 519 Entscheidungen, die jeweils einen oder mehrere öffentlich-rechtliche Verträge betrafen, befaßten sich 445 mit subordinationsrechtlichen, 74 mit koordinationsrechtlichen Verträgen. Die Entscheidungen zu subordinationsrechtlichen Verträgen wurden statistisch nach folgenden Kriterien ausgewertet: Vertragsgebiete, Gerichte, vertragschließende Behörden, Kläger der Verfahren, Dauer zwischen Vertragsschluß und Prozeß, Auswirkungen der Verwaltungsverfahrensgesetze auf Entscheidungspraxis; Prozeßgewinner nach unterschiedlichen Vergleichsmaßstäben. Darüber hinaus wurden die einzelnen aufgefundenen Vertragsarten systematisch zusammengefaßt sowie nach Entwicklungsgeschichte, vorkommenden Unterarten und praktisch aufgetretenen Schwierigkeiten beschrieben. Schließlich wurden die Entscheidungen mit ihren Fundstellen tabellarisch nach unterschiedlichen Kriterien zusammengestellt. Die Ergebnisse werden in der vollkommen neu bearbeiteten Monographie "Maurer/ Bartscher, Die Praxis des Verwaltungsvertrags im Spiegel der Rechtsprechung, 2. Auflage" demnächst veröffentlicht.

Für die Behördenbefragungen wurde ein Fragenkatalog erstellt und in Zusammenarbeit mit Verwaltungspraktikern auf unterer und mittlerer Behördenebene in Form eines Fragebogens zusammengefaßt. In Abstimmung mit dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städtetag wurde nach einer schriftlichen Befragung beschlossen, weitere praktische Erhebungen auf persönliche Vor-Ort-Erhebungen bei repräsentativ ausgewählten und kooperationswilligen Behörden zu stützen. Die zum Teil langwierigen Behördenbefragungen wurden abgeschlossen. Die Ergebnisse der schriftlichen und persönlichen Befragungen wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewertet und zusammengefaßt. Insgesamt gaben die Befragungen Hinweise auf 60 unterschiedliche Vertragsarten, die in der Zusammenfassung der Ergebnisse beschrieben sind. Die Ergebnisse werden demnächst in der Monographie "Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis" (Dissertation) veröffentlicht. Diese Schrift enthält auch einen historischen Überblick über öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung insgesamt, eine erläuterte Aufstellung aller aufgefundenen Vertragsarten sowie den Abdruck ausgewählter Vertragsbeispiele.

Das Projekt wird mit der bevorstehenden Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgreich abgeschlossen werden. Es hat erstmals ein realistisches Bild von der Praxis des Verwaltungsvertrags in den Verwaltungsbehörden gezeichnet und belegt, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag sich in der Verwaltungspraxis fest etabliert hat. Zahlreiche Vertragsarten wurden entdeckt, die bislang noch nicht beschrieben waren. Erstmals liegen nun gesicherte Untersuchungsergebnisse über Art und Umfang des Einsatzes von Verträgen sowie über Motive der Vertragspartner und praktische Erfahrungen mit dem Vertragsinstrument vor. Die im Umgang mit der kooperativen Handlungsform auftretenden Fragen und Schwierigkeiten konnten ermittelt und -- getrennt nach Vertragsarten -- festgehalten werden. Auch konnte ein Zusammenhang zwischen gesetzgeberischer Aktivität und der Anzahl von Verwaltungsverträgen festgestellt werden. Die Sachgebiete mit besonders hohem Vertragsanteil sind nun bekannt. Die rechtsdogmatische Erörterung des Verwaltungsvertrags kann sich nach Projektabschluß endlich auf verläßliche Angaben stützen und erhält u.a. durch die Auflistung der aufgefundenen, z.T. bisher nicht beschriebenen Vertragsarten neue Impulse.

2. Veröffentlichungen

1. Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, Dissertation (erscheint demnächst).

2. Maurer, Hartmut; Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag im Spiegel der Rechtsprechung. 2. Auflage, ca. 250 Seiten (erscheint demnächst).

VII. Verfahrensrechtliche Rechtstatsachenforschung
(Praktikerforschungsgruppe Stuttgart beim Oberlandesgericht Stuttgart)

1. Besetzung

Die Praktikerforschungsgruppe ist nach wie vor beim 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart eingerichtet und war bis zum Ende des Berichtszeitraums identisch mit den Mitgliedern des Senats. Im Jahr 1993 waren dies: Herr Schedler, Herr Treuer, Herr Dr. Gottwald und Frau Legler. Nach Ausscheiden von Dr. Gottwald zum 31.1.1994 übernahm ab 1.11.1994 Herr Kober dessen Stelle im Senat und in der Forschungsgruppe.

Staatsanwalt Dr. Hauf war in der Zeit vom 1.6.1994 bis 31.8.1995 an die Forschungsgruppe abgeordnet.

2. Tätigkeitsfeld: Arbeitsplatz Gericht

Im Jahre 1993 begann die Praktikerforschungsgruppe, angeregt durch die sogenannte Kienbaum-Studie, unter dem Generalthema "Arbeitsplatz Gericht" sich mit den Arbeitsabläufen an den Amtsgerichten (Zivil) zu beschäftigen. Dies geschah in 3 Teilabschnitten:

1. Erste Untersuchungen zur Feststellung des Ist-Zustandes an 2 Amtsgerichten bis zum Zwischenbericht vom 10.06.1993.

2. Bilanz zweier Pilotprojekte und Schlußbericht zum 30.06.1994.

3. Die Arbeitsweise des Zivilrichters am Amtsgericht zum September 1995.

Zu 1.

Die Kienbaum-Studie hat 5 Problemfelder konstatiert:

- die extreme Arbeitsteilung,
- die unzulängliche EDV-Nutzung und EDV-Integration,
- die unzulängliche Sach- und Büroausstattung,
- das Personalproblem,
- das Gerichtsmanagement.

Der Zwischenbericht hat sich im wesentlichen mit dem Problemfeld "Arbeitsteilung" befaßt und hatte den Zweck, festzustellen, ob die in der Kienbaum-Studie geäußerte Kritik an der Effizienz der Arbeitsabläufe bei den Amtsgerichten auch auf die Verhältnisse in den untersuchten Gerichten zutrifft.

Zentrales Anliegen war, die Arbeits- und Zeitabläufe bei Geschäftsstellen und Schreibdiensten der Amtsgerichte, und zwar für Zivil-, Familien- und Strafreferate, festzuhalten und auszuwerten. Dies geschah am Amtsgericht Stuttgart, das nicht EDV-gestützt arbeitete, und am (wesentlich kleineren) EDV-gestützten Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt.

Die Arbeitsabläufe wurden durch Interviews mit Einheitsfragebogen, die Zeitabläufe durch über 2 Wochen angelegte Fragebogenaktionen erhoben. Die Ergebnisse, verbal und graphisch dargestellt, sind im erwähnten Zwischenbericht enthalten.

Zu 2.

Die Vorschläge der Kienbaum-Studie wurden in zwei unterschiedlich gestaltete Pilotprojekte beim Amtsgericht Ludwigsburg (Serviceeinheiten) und Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (Mischarbeitsplatz) eingebracht. Die weitere Arbeit der Praktikerforschungsgruppe befaßte sich mit der Begleitung dieser Pilotprojekte und einer Bilanzierung derselben zunächst zum 30.06.1994. Dabei wurden jedoch nicht nur das bis zum Zwischenbericht schwerpunktmäßige Problemfeld Arbeitsteilung, sondern auch die übrigen 4 oben genannten Problemfelder mit untersucht.

Beim ursprünglich nicht untersuchten Amtsgericht Ludwigsburg wurden, um Vergleichsmöglichkeiten zu schaffen, erneut Arbeits- und Zeitabläufe erhoben. Darüber hinaus wurden weitere Fragebogenaktionen und Interviews durchgeführt, deren Ergebnisse zusammen mit statistischen Werten in den Schlußbericht eingearbeitet wurden. Neu hinzugekommen war die Einbeziehung der Zivil- und Familienrichter, mit denen die Praktikerforschungsgruppe in Informationsveranstaltungen in Kontakt getreten war.

Der Schlußbericht enthält als Ergebnis der Studie Vorschläge zur Verbesserung bzw. Einführung neuer Organisationsstrukturen im Bereich der sogenannten Unterstützungskräfte für Zivil- und Familienrichter beim Amtsgericht.

Zu 3.

Die vorangegangenen Studien erwiesen sich insoweit als unvollständig, als sie die Arbeitsweise der Richter und deren Einbindung in Service-Teams und in EDV-Kommunikation nicht untersuchten. Im Schlußbericht der Praktikerforschungsgruppe (siehe zu 2.) wurde die Hypothese aufgestellt, daß sich eine weitere Effizienzsteigerung dann erreichen lasse, wenn auch der Richter besser in die Ablauforganisation einbezogen werde. Deshalb sei es für die weitere Umsetzung der Projekte notwendig, in einem frühen Stadium nicht nur zukünftige Mitarbeiter auf die Veränderung der Arbeitsfelder und Arbeitsabläufe vorzubereiten, sondern gerade auch die Richter frühzeitig einzubeziehen.

Deshalb begann die Praktikerforschungsgruppe im Juli 1994 mit der Untersuchung der Arbeitsweise des Zivilrichters am Amtsgericht.

Als erstes erschien notwendig

- eine Analyse der derzeitigen Arbeitsweise der Richter,

- Vorschläge, wie sich diese Arbeitsweise im Hinblick auf die Arbeitsabläufe optimieren läßt, sowie

- eine frühzeitige Information und Einbeziehung der Richter in die Serviceeinheiten und Gruppenstrukturen.

Untersucht wurden:

a. die äußeren Bedingungen/Rahmenbedingungen richterlichen Wirkens, insbesondere die Frage nach den räumlichen Gegebenheiten, nach der Ausstattung mit Nachschlagewerken und die Frage der EDV-Unterstützung am Richterarbeitsplatz,

b. die Belastungssituation der Richter, sowie

c. die Zusammenarbeit der Richter mit den Unterstützungskräften,

d. die konkrete richterliche Arbeitsweise und schließlich

e. die Außenwirkung der Justiz.


Zu der sachlichen Beschränkung auf die Zivilrichter der Amtsgerichte kam die Beschränkung in örtlicher Hinsicht. Beschränkt wurde die Studie auf 11 Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks Stuttgart.

Die methodische Durchführung erfolgte durch Interviews mit Richtern, mit Parteien und Zeugen und einer Fragebogenaktion bei Rechtsanwälten. An vorhandenen Materialien wurde die Berichterstattung der Printmedien beleuchtet und Statistiken ausgewertet.

Ergebnisse und Vorschläge der Studie wurden mit dem Bericht der Praktikerforschungsgruppe vom September 1995 vorgelegt.

Leider ist es nicht gelungen, für die Veröffentlichung der im Berichtszeitraum erstellten 3 Studien Geldmittel zu erhalten. Die Justizverwaltung Baden-Württemberg hat für eine Verbreitung des Schlußberichts vom 30.06.1994 bei allen Amtsgerichten in Baden-Württemberg gesorgt.

Dem Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurde gestattet, auf seine Kosten 150 Berichtsexemplare Richtern dieses Bundeslandes für dienstliche Zwecke zur Verfügung zu stellen.

3. Veröffentlichungen

1. Schedler, Gerhard; Hauf, Claus-Jürgen: Strukturelle Veränderungen in der Justiz des Landes Baden-Württemberg. Erfahrungen mit Pilotgerichten in Zivil- und Familiensachen. Deutsche Richterzeitung 74, 1996, 53-58.

2. Schedler, Gerhard; Hauf, Claus-Jürgen: Die Arbeitsweise des Zivilrichters am Amtsgericht - Eine empirische Studie -. Deutsche Richterzeitung 74, 1996, 240-243.


E. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung

Seit 1985 gibt Prof. Dr. Wolfgang Heinz im Auftrag des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz die "Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung" heraus.
Folgende Bände sind bislang erschienen:

  1. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 1: Rechtstatsachenforschung heute. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1986.
  2. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 2: Steinhilper, U.: Definitions- und Entscheidungsprozesse bei sexuell motivierten Gewaltdelikten. Eine empirische Untersuchung der Strafverfolgung bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1986.
  3. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 3: Schulin, B.; Dreher, W. (Hrsg.): Sozialrechtliche Rechtstatsachenforschung. Probleme und Perspektiven. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1987.
  4. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 4: Bussek, M. J., Die Wirksamkeit von Raumordnungsverfahren. Eine rechtstatsächliche Untersuchung zur Funktion, Bindungswirkung und Rechtsnatur der landesplanerischen Beurteilung sowie der Rechtsschutzmöglichkeiten dagegen. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1987.
  5. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 5: Jopen, Ch., Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte. Eine Auseinandersetzung mit den Rechtstatsachen anhand der Verfahren vor der Hauptfürsorgestelle Stuttgart. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1988.
  6. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 6: Bender, Rolf (Hrsg.): Rechtstatsachen zum Verbraucherschutz. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1988.
  7. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 7: Dreher, Wolfgang: Sozialleistungen als Unterhaltsersatz. Die rechtstatsächliche Nähe der neuen Hinterbliebenenrenten zum Schadensersatz mit ihren sozial- und verfassungsrechtlichen Konsequenzen. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1991.
  8. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 8: Hailbronner, Kay, Reform des Asylrechts. Steuerung und Kontrolle des Zuzugs von Ausländern. Universitätsverlag Konstanz. Konstanz 1994.
  9. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 9: Maurer, Hartmut; Bartscher, Bruno: Die Praxis des Verwaltungsvertrags im Spiegel der Rechtsprechung. Rechtstatsächliche Untersuchung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Spruchpraxis der Gerichte. Hartung-Gorre Verlag. Konstanz 1997.
  10. Konstanzer Schriften zur Rechtstatsachenforschung. Band 10: Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis. Rechtstatsächliche Untersuchung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Praxis der Verwaltungsbehörden. Hartung-Gorre Verlag. Konstanz 1997.


F. Anhang:
Verwaltungs- und Benutzungsordnung für das Institut für Rechtstatsachenforschung

Der Senat der Universität Konstanz hat am 21. Juli 1982 die folgende Verwaltungs- und Benutzungsordnung für das Institut für Rechtstatsachenforschung beschlossen. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat mit Erlaß vom 30. August 1982 Nr. H 2763/42 dieser Verwaltungs- und Benutzungsordnung zugestimmt.

§ 1 Rechtsstellung

(1) Das Institut für Rechtstatsachenforschung ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Universität Konstanz.

(2) Das Institut wird der Juristischen Fakultät zugeordnet.

§ 2 Aufgaben des Instituts

(1) Das Institut führt Forschungsvorhaben durch, welche die tatsächlichen Grundlagen, Wirkungen und Zielabweichungen von bestehenden und geplanten rechtlichen Regelungen und ihre Ursachen aufzeigen. Die Forschungen sollen sich auf alle Gebiete des Rechts erstrecken und die Erkenntnisse und Methoden der sozialwissenschaftlichen Nachbarfächer einbeziehen.

Insbesondere sollen folgende Forschungsrichtungen gepflegt werden:
- Strafrechtliche Rechtstatsachenforschung und empirische Kriminologie,
- Privatrechtliche Rechtstatsachenforschung, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts,
- Wirtschaftsrechtliche Rechtstatsachenforschung unter besonderer Berücksichtigung des internationalen Wirtschaftsrechts,
- Öffentlich-rechtliche Rechtstatsachenforschung,
- Verfahrensrechtliche Rechtstatsachenforschung.

(2) Durch eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit wissenschaftlich arbeitenden Praktikern sollen die Erfahrungen der Praxis in der Rechtssetzung und Rechtsanwendung der Forschung an der Universität nutzbar gemacht werden.

(3) Die dem Institut zugeordneten Professoren wirken an der Juristenausbildung mit und entwickeln auch aus ihren Forschungen Lehrveranstaltungen, die dem Studenten die Rechtsordnung mit ihren Wechselbezügen zu den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Tatbeständen aufzeigen.

§ 3 Zuweisung von Arbeitsbereichen an Professoren

Der Fakultätsrat weist Professoren der Juristischen Fakultät auf deren Antrag Arbeitsbereiche im Institut zu. Er kann auch Professoren anderer Fakultäten auf Antrag einen Arbeitsbereich zuweisen.

§ 4 Praktikerforschungsgruppe

(1) Die Zusammenarbeit mit Praktikern wird durch die Mitarbeit einer Praktikerforschungsgruppe im Institut verwirklicht. Die Praktikerforschungsgruppe führt Forschungsprojekte nach eigener Bestimmung durch und kann bei der wissenschaftlichen Aufbereitung der Praxisbezüge anderer Forschungsvorhaben des Instituts beratend mitwirken. Ergeben sich sachliche Berührungspunkte mit Forschungsvorhaben des Instituts, so wird eine gemeinsame Bearbeitung angestrebt.

(2) Die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Praktikerforschungsgruppe bestimmen sich gegenüber der Universität Konstanz nach dem Universitätsgesetz.

(3) Der Leiter der Praktikerforschungsgruppe wird von der Juristischen Fakultät bestätigt.

§ 5 Institutsangehörige

(1) Dem Institut gehören an:

1. Die Professoren, denen nach SS 3 Arbeitsbereiche im Institut zugewiesen sind, und die ihnen zugeordneten wissenschaftlichen Mitarbeiter (einschließlich der vorübergehend an die Universität für das Institut abgeordneten Praktiker) und Hilfskräfte, soweit sie mit Aufgaben des Instituts befaßt sind.

2. Die Mitarbeiter der Praktikerforschungsgruppe mit Wirksamkeit der Freistellungsverfügung des Justizministeriums.

(2) Bestehende Zuordnungen wissenschaftlicher Mitarbeiter zu einem Professor bleiben unberührt.

§ 6 Leitung des Instituts

Das Institut wird durch einen geschäftsführenden Direktor geleitet.

§ 7 Aufgaben des geschäftsführenden Direktors

(1) Der geschäftsführende Direktor erledigt die laufenden Geschäfte des Instituts. Er vertritt das Institut, soweit nicht für Geschäfte im Außenverhältnis, insbesondere für den Abschluß von Verträgen und die Annahme von Zuwendungen Dritter sowie beamten- und arbeitsrechtliche Entscheidungen in persönlichen Angelegenheiten, der Rektor zuständig ist. SS 9 der Landeshaushaltsordnung bleibt unberührt.

(2) Er beruft die Sitzungen des Direktoriums ein und leitet sie. Die Beschlüsse werden von ihm vorbereitet und vollzogen.

(3) Bei der Erfüllung seiner Aufgaben wird er von der Verwaltung der Juristischen Fakultät unterstützt.

§ 8 Wahl des geschäftsführenden Direktors

(1) Das Direktorium wählt den geschäftsführenden Direktor aus seiner Mitte. Er muß Professor an der Juristischen Fakultät sein. Auf Wahl und Amtszeit finden die Regeln des Universitätsgesetzes für das Amt des Dekans Anwendung.

(2) Die Amtszeit beträgt ein Jahr.

§ 9 Direktorium

(1) Dem Direktorium gehören an:

1. Die Professoren, denen Arbeitsbereiche im Institut zugewiesen sind.

2. Der Leiter der Praktikerforschungsgruppe, wenn er die Voraussetzungen des Universitätsgesetzes zur Übernahme einer Leitungsfunktion in einer wissenschaftlichen Einrichtung erfüllt.

(2) Das Direktorium kann über alle Angelegenheiten des Instituts entscheiden. Es ist ausschließlich zuständig für die Entscheidung grundsätzlicher Angelegenheiten. Die Zusammenarbeit mit der Praktikerforschungsgruppe hat das Direktorium in geeigneter Weise zu fördern.

§ 10 Benutzung

Das Institut steht allen Institutsangehörigen im Rahmen ihrer Aufgaben und nach näherer Regelung durch den geschäftsführenden Direktor zur Verfügung. Andere Personen sind nach besonderer Zulassung durch den geschäftsführenden Direktor berechtigt, das Institut zu benutzen.

§ 11 Inkrafttreten

Die Ordnung tritt am Tag nach der Verkündung in den amtlichen Bekanntmachungen der Universität Konstanz in Kraft.


   Verantwortlich: Prof. Dr. iur. Wolfgang Heinz, Geschäftsführender Direktor (wolfgang.heinz@uni-konstanz.de)
   Stand: 1/1998   Bearbeitet von: Gerhard Spieß (gerhard.spiess@uni-konstanz.de)
  Weiter zu: Juristische Fakultät der Universität Konstanz