Im Rahmen eines zweisemestrigen Lehrprojekts des Studiengangs LIteratur-Kunst-Medien unter Leitung von Albert Kümmel-Schnur wird die Dauerausstellung des Stadtmuseums Tettnang neu gestaltet.
Die Bürgerinnen und Bürger von Tettnang sind zur Mitwirkung aufgerufen: Geschichte und Gegenwart von Tettnang sollen sich durchdringen und wechselseitig kommentieren. Die neue Dauerausstellung will nicht nur Altes in neuem Gewand zeigen, sondern auch in Beziehung setzen zur unmittelbaren Lebenswirklichkeit der Menschen in Tettnang und Umgebung
Krisengeld als key visual
Einen brennenden Notgeldschein, ausgegeben am 1. Dezember 1918, hat die Graphikerin Britta Nickel als Emblem der Umgestaltung des Stadtmuseums entworfen. Ein ambivalentes Bild: eigentlich verbrennt derjenige Geld, der zuviel davon hat. Notgeld aber wurde ausgegeben, weil kein Kleingeld mehr zirkulierte: der Metallwert der Münzen überstieg ihren Nennwert deutlich. Infolgedessen drohte der tagtägliche Warenverkehr zum Erliegen zu kommen. Deshalb entschlossen sich viele Gemeinden sowie große Firmen eine Art Wertmarke für Geld, also einen Ersatz für einen Ersatz, auszugeben. Dieses Geld ließ man von Künstlern gestalten in der berechtigten Hoffnung, dass es auf diese Weise einen Wert unter Sammlern gewönne, sich also einer wundersamen Transsubstantiation vom Medium zur Ware unterzöge. Was aber verbrennt nun, wer Notgeld verbrennt? Kommentiert er den Wert(e)verfall? Widerspricht er auf diese Weise dem unerhörten Selbstermächtigungsakt kommunaler Geldschöpfung? Oder straft er das, was dieses Bild zeigt - eine sichere, traditionsreiche, ländliche Welt der Fülle Lügen?
Die Antwort wird noch etwas auf sich warten lassen - auch das Umgestaltungsprojekt muss aufgrund der Corona-Pandemie aufgeschoben werden. Auch für diesen Aufschub könnte das brennende Notgeld stehen: die Zirkulation wird - vorerst - gestoppt.