Wissenschaft von morgen

Interview mit den beiden Fellows des Zukunftskollegs Dr. Jennifer Randerath und Dr. Dennis Pingen

Dr. Jennifer Randerath, 5-Jahres-Fellow, Fachbereich Psychologie und Dr. Dennis Pingen, 2-Jahres-Fellow, Mitglied im Vorstand des Zukunftskollegs, Fachbereich Chemie

Dr. Jennifer Randerath
Dr. Jennifer Randerath

... wurde 2010 an der RWTH Aachen im Bereich Klinische Neuropsychologie promoviert. Sie absolvierte von 2009 bis 2014 ein Postdoc-Training in den USA. Von 2014 bis 2015 arbeitete sie als akademische Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie und Klinische Neuropsychologie an der Universität Konstanz und übernahm von 2015 bis 2016 die Vertretung der Professur für Klinische Neuropsychologie. Seit 2015 ist sie Marie Curie-Fellow und Nachwuchsgruppenleiterin am Zukunftskolleg mit den Schwerpunkt-Themen Motorische Kognition, Klinische Neuropsychologie, Diagnostik und Rehabilitation.


Dr. Dennis Pingen
Dr. Dennis Pingen

 ... wurde 2012 an der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden im Fach Chemie promoviert. 2013 startete er als Postdoctoral Researcher an der University of Edinburgh in Schottland. Seit August 2014 forscht er am Fachbereich Chemie der Universität Konstanz in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stefan Mecking. Seit Februar 2016 ist er Marie Curie-Fellow am Zukunftskolleg mit einem Forschungsprojekt, das die Extraktion von Öl aus Algen und die Verarbeitung zu hochwertigen Rohstoffen für weitere Materialien zum Ziel hat. Zudem ist er Mitglied im Vorstand des Zukunftskollegs.


Warum haben Sie sich für Konstanz beziehungsweise das Zukunftskolleg entschieden?

Jennifer Randerath (JR): Es gab sehr viele Gründe, Konstanz für meine Rückkehr nach fast fünf Jahren Post-Doc in den USA zu wählen, und zum Zeitpunkt der Bewerbung wusste ich noch nicht, wie schön es hier ist. Der erste Grund war sicherlich die Planbarkeit, die das 5-Jahres-Fellowship am Zukunftskolleg im Vergleich zu kürzeren Programmen bietet. Die Studien auf dem Gebiet der Klinischen Neuropsychologie sind oft recht aufwendig.
Der Schwerpunkt meiner Projekte liegt in der Untersuchung von Patienten. Hier an der Universität Konstanz gibt es das Lurija Institut, das eine etablierte Kollaboration mit den Kliniken Schmieder bietet. Und dann ist es natürlich hilfreich, wenn man solch besondere Mentoren wie Professor Thomas Elbert und Professor Brigitte Rockstroh findet, die sich für mein Vorhaben, nach Konstanz zu kommen, begeistern konnten. Zusätzlich habe ich mit Freude festgestellt, dass die Universität eine hauseigene Werkstatt hat. Mein Spezialgebiet – die motorische Kognition – benötigt immer mal wieder handgefertigte Aufbauten, aber auch grafisch bearbeitete Testmaterialien, und so arbeiten wir regelmäßig mit den verschiedenen Abteilungen der Wissenschaftlichen Werkstätten zusammen.
Die Universität Konstanz bot für meine wissenschaftlichen Vorhaben einfach eine ideale Infrastruktur.

Dennis Pingen (DP): Für einen Chemiker ist es generell einfach gut, in Deutschland gearbeitet zu haben. Deutschland hat eine gute Forschungskultur und bietet viele Möglichkeiten für weitere Erfahrungen. Konstanz an sich ist im Bereich der Chemie ziemlich bekannt, es gibt viele gute Forschungen, die hier gemacht werden. Ich behaupte, dass die Exzellenzinitiative viel Einfluss darauf hat: Das zusätzliche Geld, das man als Exzellenz-Universität bekommt, ist in der Chemie immer nützlich. Außerdem erhöht sich dadurch die Qualität einer Universität insgesamt.

Welche Alternativen hätte es für Sie gegeben?

JR: Die Hauptalternative wäre für mich gewesen, in den USA zu bleiben.

DP: Während meiner Doktorarbeit stellte ich fest, dass mir die Forschung viel Spaß macht. Natürlich kann man auch in der Industrie Forschung betreiben, aber ich finde es ganz spannend, auch fundamentale Themen zu untersuchen, was in einer Firma manchmal zu kurz kommt. Trotzdem hatte ich damals einige Stellenangebote. Zunächst habe ich beschlossen, in Edinburgh meine Post Doc-Forschung zu betreiben, danach habe ich überlegt, in die USA zu gehen oder in Schottland zu bleiben. Als ich dann von den Möglichkeiten in Konstanz gehört habe, waren diese für mich viel attraktiver. Außerdem wollte ich auch noch mal gern ein anderes Land kennenlernen.

Was schätzen Sie besonders am Zukunftskolleg?

JR: Die Offenheit für Interdisziplinarität, die Flexibilität und natürlich die herzliche und immer hilfsbereite Geschäftsstelle des Zukunftskollegs. Außerdem ist es toll, dass das Zukunftskolleg mittels der Kofinanzierungsprogramme nicht nur Grundlagenforschung unterstützt, sondern auch andere Aspekte fördert, wie zum Beispiel den Transfer der an der Universität entwickelten Methoden in andere Sektoren.

DP: Neben der Vernetzung aller Fachbereiche schätze ich auch die von Jennifer angesprochenen Fördermöglichkeiten, die sonst sehr schwierig sind, wie zum Beispiel den „Intersectoral Grant“, der Kooperationen zwischen Forschung und Wirtschaft oder Gesellschaft finanziell unterstützt. Zudem schätze ich die Offenheit und Hilfe der Menschen am Zukunftskolleg und einfach die Möglichkeit, andere Leute als die Fachbereichskollegen kennenzulernen.

Wie wichtig ist für Sie der Austausch mit Kollegen aus anderen Fachbereichen?

JR: Mein Forschungsgebiet ist ja bereits recht interdisziplinär. Die Neuropsychologie hat zum Beispiel auch medizinische und philosophische Wurzeln. Es gibt aber auch Aspekte, die die Informatiker mit ins Boot holt, beispielsweise bei der Entwicklung von Ansätzen der virtuellen Realität für die Rehabilitation. Das Zukunftskolleg bietet aber auch darüber hinaus die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. In wöchentlichen Meetings, dem Jour Fixe beispielsweise, lernt man noch ganz andere Disziplinen und ihre Denkweisen kennen. Den Austausch finde ich inspirierend.

DP: Der Austausch mit fachfremden Kollegen bringt ein großes „Out-of-the-Box“-Denken. Klar, kostet es etwas Aufwand, bestimmte Projekte so zu erklären, damit sie Nicht-Fachkollegen richtig verstehen. Aber es macht Spaß, und man lernt viel dabei. Umso wichtiger finde ich, diese Fähigkeit zu erlernen und damit zu zeigen, dass ich ein Experte auf meinem Forschungsgebiet bin. Hinzu kommen die Fragen und der Input von Kollegen, die meinen Horizont erweitern. Dadurch werden viele Ideen origineller.

Das Zukunftskolleg legt Wert darauf, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ohne administrative Zwänge arbeiten können. Wie äußert sich das in Ihrem Forschungsalltag?

JR: Die kurzen Wege und die häufigen Komitee-Sitzungen erlauben bei gleichzeitiger Qualitätsprüfung eine schnelle und unkomplizierte Umsetzung von Forschungsideen, – auch von solchen, die Pilotcharakter haben, das heißt, bei denen man noch nicht genau sagen kann, wie das Ergebnis aussieht und erst einmal eine Vorstudie plant. Für den Forscheralltag ist diese Flexibilität wichtig.  

DP: Das Zukunftskolleg bietet Zeit zum Forschen. Ich kann mich voll auf meine Forschung konzentrieren und brauche mich auf keine Lehre vorzubereiten. Die wenige administrative Arbeit, die es gibt, lässt sich einfach, schnell und problemlos erledigen.

Was in Ihrer Karriere würden Sie anders machen?

JR: Das ist eine schwierige Frage, vermutlich einiges und auch nichts. Einiges, weil man hinterher immer schlauer ist und Dinge vielleicht noch etwas effizienter gestaltet hätte, wenn man sie nochmal machen dürfte. Und nichts deshalb, weil die Arbeit einfach Spaß macht.

DP: Auf diese Frage gibt es viele Antworten. Natürlich gibt es auch für mich Dinge, mit denen ich nicht zufrieden bin, aber das hat bestimmt jeder. Beim Blick zurück auf meine bisherige Karriere schaue ich lieber darauf, was ich gelernt habe und wie ich das weiter nutzen kann für mich persönlich und meine weitere Karriere. Was vorbei ist, kann man nicht ändern, aber daraus kann man viel lernen.

Wenn Sie einmal das Zukunftskolleg verlassen, was nehmen Sie auf alle Fälle mit?

JR: Neben der tollen Erfahrung hier nehme ich vor allem eine Familie mit. Mein Partner und ich haben uns am Zukunftskolleg (tatsächlich im Bewerbungsverfahren) kennengelernt. Und seit etwas mehr als einem Jahr haben wir eine wundervolle Tochter.
Das Zukunftskolleg bietet Nachwuchsförderung der besonderen Art. Für die Unterstützung dieses wunderbaren Konzeptes möchte ich mich bei der Universität Konstanz ganz herzlich bedanken.

DP: Eine große Horizonterweiterung.