Studierende im Gespräch
Studierende im Gespräch

„Wir müssten uns viel mehr in die öffentliche Debatte einmischen“

Die Empirische Bildungsforschung der Universität Konstanz antwortet „Im Gespräch“ auf einen Beitrag von Prof. Dr. Mathias Binswanger in der Wochenzeitung „Die Zeit“ mit dem Titel „Lasst die Mädchen doch mit Mathe in Ruhe“

„Lasst die Mädchen doch mit Mathe in Ruhe“, hat Prof. Dr. Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen, in der Wochenzeitung „Die Zeit“ gefordert. Pisa-Ergebnisse hätten gezeigt, dass die Versuche, Schülerinnen für Algebra und Naturwissenschaften zu begeistern, „nichts bringen“. Sind Mädchen für Naturwissenschaft nicht begabt? Prof. Dr. Axinja Hachfeld, die mit einer Replik in der Wochenzeitung antwortete, Juniorprofessorin für Unterrichtsforschung mit Schwerpunkt Heterogenität, Prof. Dr. Madeleine Bieg, Juniorprofessorin für Empirische Bildungsforschung, und Prof. Dr. Thomas Götz, Professor für Empirische Bildungsforschung an der Universität Konstanz und an der Pädagogischen Hochschule Thurgau (Schweiz), nehmen „Im Gespräch“ Stellung. Das Interview mit dem Titel „Wir müssten uns viel mehr in die öffentliche Debatte einmischen“ ist unter www.uni-konstanz.de/universitaet/im-gespraech/im-gespraech/madeleine-bieg-thomas-goetz-axinja-hachfeld/) nachzulesen.

Thomas Götz sagt zu dem Beitrag von Mathias Binswanger: „Es widerspricht meinem Verständnis von gutem Unterricht, Schülerinnen und Schüler, in welchem Kompetenzbereich auch immer, ‚in Ruhe zu lassen‘. Ganz im Gegenteil, Lehrkräfte sollten Potenziale stets optimal fördern“. Madeleine Bieg kommentiert: „Groß angelegte Meta-Analysen (das heißt Zusammenfassungen von Studienergebnissen über eine größere Zahl an Einzelstudien hinweg) zeigen immer wieder, dass die Leistungsunterschiede, zumindest in Mathematik, minimal sind.“ Axinja Hachfeld bezieht sich auf die PISA-Studie, wenn sie anfügt: „In neun Ländern schneiden Mädchen in Mathematik besser ab als Jungen, dazu zählt auch das leistungsstarke Land Finnland.“

Im Interview gehen die drei Bildungsforscher außerdem auf die Rolle des Elternhauses, der Gesellschaft und der Lehrkräfte bei der Frage ein, ob sich Mädchen für Mathematik und Naturwissenschaften begeistern können. Sie beantworten die Frage, ob in den Naturwissenschaften im Sinne einer Leistungssteigerung von Mädchen möglicherweise ein geschlechtergetrennter Unterricht sinnvoll wäre, und sprechen sich einhellig für früh ansetzende zielgerichtete Interventionen im Unterricht aus, um der Entstehung von geschlechtsspezifischen Stereotypen entgegenzuarbeiten. Am Ende plädieren sie für eine stärker faktenbezogene Debatte und eine „enge Verzahnung von Praxis und Forschung“.

Artikel von Prof. Dr. Mathias Binswanger in „Die Zeit: www.zeit.de/2017/05/pisa-studie-mathematik-naturwissenschaften-maedchen

Replik von Prof. Dr. Axinja Hachfeld in „Die Zeit“: www.zeit.de/2017/08/naturwissenschaften-maedchen-jungs-mathe-replik