Für mehr Bürgerbeteiligung

Presseinformation Nr. 180 vom 17. Dezember 2012

Staatsrätin Gisela Erler diskutierte an der Universität Konstanz im Rahmen der „#demokratietour an hochschulen“

„Wir sind bei der direkten Demokratie auf einem guten Weg.“ Dies sagte Gisela Erler, die auf ihrer „#demokratietour an hochschulen“ an der Universität Konstanz Station machte. Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung stellte ihren Fahrplan für mehr Bürgerbeteiligung vor und diskutierte mit Interessierten über Partizipation in der modernen Demokratie. Dabei sprach sie sich insbesondere für eine Absenkung des Quorums für Volksabstimmungen aus und kündigte eine Online-Beteiligungsplattform der Landesregierung für das Frühjahr kommenden Jahres sowie einen Leitfaden für mehr Bürgerbeteiligung im Planungsbereich an, dessen Eckpunkte bereits im Herbst 2012 vom Kabinett beschlossen wurden.

Häufig gehörte Vorbehalte gegen mehr Partizipation an öffentlichen Entscheidungen lauten, die Bürgerinnen und Bürger hätten zu wenig Sachverstand, sie bräuchten keine Verantwortung für ihre Voten übernehmen, und mit Bürgerbeteiligung würden falsche Erwartungen geweckt und damit Frustration erzeugt. Die Staatsrätin entgegnete: „Die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg wollen mehr Transparenz. Sie sind bereit, sich zu beteiligen – schließlich bereichert Bürgerbeteiligung politische Entscheidungen und erhöht ihre Akzeptanz. Mit ihr gelingt es, Politikverdrossenheit zu senken und die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Eine frühe Bürgerbeteiligung, etwa zu Infrastrukturprojekten, kann dazu beitragen, Konflikte zu reduzieren und Kompromisse zu finden.“

Die Staatsrätin, die ihr Amt in ehrenamtlicher Funktion ausführt, ging detailliert auf das aktuell in der Landesverfassung verankerte Quorum in Baden-Württemberg ein, das zusätzlich zur Stimmenmehrheit auch die Zustimmung mindestens eines Drittels der Stimmberechtigten für die Gültigkeit einer Volksabstimmung zur Bedingung macht. Für Gisela Erler ist dies ein unrealistisch hoch angesetztes Quorum, das abgesenkt werden müsse, wenn Bürgerbeteiligung stattfinden soll. Allerdings hielt sie ein Null-Quorum, wie in Bayern, nicht für umsetzbar. Wo die Menschen das Gefühl hätten, an Entscheidungsprozessen nicht beteiligt zu sein, kämen Volksbegehren zum Tragen. Gisela Erler sprach sich deshalb für Beteiligungsinstrumente aus, die noch vor einer Volksabstimmung die Partizipation der Bürgerschaft ermöglichen.

Letztlich gehe es um die Wiedergewinnung des Vertrauens der Bürgerschaft in die Organe der Demokratie. Gisela Erler sprach von einem intensiven und breiten Dialog, der hierzu nötig sei. Schließlich kündigte sie weitere Maßnahmen an: Neben mehr Qualifizierungsmöglichkeiten zum Thema Bürgerbeteiligung für die Verwaltung soll eine langfristige Studie die Bedürfnisse und Einschätzungen der Menschen zum Thema Demokratie und Beteiligung abfragen.

Prof. Dr. Katharina Holzinger, die an der Universität Konstanz eine Professur für Internationale Politik und Konfliktforschung innehat und zum Thema deliberative Demokratie forscht, in der Entscheidungen über den Austausch rationaler Argumente getroffen werden, stellte die Staatsrätin den Gästen vor. Gisela Erler wurde 2011 vom baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann zur Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung ernannt und ist somit Mitglied der Baden-Württembergischen Landesregierung. Sie studierte Germanistik und Soziologie, ist Verlagsgründerin, forschte am Deutschen Jugendinstitut, veröffentlichte mit anderen Frauen das „Müttermanifest“, bevor sie 1991 als Unternehmerin tätig wurde. 2005 erhielt sie den Elisabeth-Selbert-Preis in Anerkennung hervorragender Leistungen für die Verankerung und Weiterentwicklung von Chancengleichheit von Frauen und Männern.