Der Grad der Überzeugung

Presseinformation Nr. 1 vom 7. Januar 2013

Prof. Dr. Wolfgang Spohn erhält den Lakatos-Preis für Wissenschaftsphilosophie


Prof. Dr. Wolfgang Spohn

Der Konstanzer Philosoph Prof. Dr. Wolfgang Spohn wurde von der London School of Economics und der Latsis Foundation mit dem Lakatos-Preis 2012 ausgezeichnet. Der mit 10.000 Britischen Pfund dotierte Lakatos-Preis gilt als der weltweit renommierteste Preis für Wissenschaftsphilosophie. Wolfgang Spohn, der an der Universität Konstanz die Professur für Philosophie und Wissenschaftstheorie innehat, ist der erste Lakatos-Preisträger außerhalb des englischen Sprachraums. Damit wird er für sein 600 Seiten umfassendes Buch „The Laws of Belief. Ranking Theory and Its Philosophical Applications“ ausgezeichnet, das im April 2012 bei Oxford University Press erschienen ist. Die Preisverleihung wird voraussichtlich am 9. Mai 2013 an der London School of Economics stattfinden

Im Buch von Wolfgang Spohn wird das Potenzial der so genannten Rangtheorie („Ranking Theory“) in vollem Umfang entfaltet. Ihre Bedeutung besteht darin, dass sie mit der rationalen Überzeugungsdynamik einen neuen Lösungsansatz für das Induktionsproblem, eines der zwei Fundamentalprobleme der Erkenntnistheorie, bietet. Grundlage für diese Fragestellung liefert die ebenso universelle wie fundamentale erkenntnistheoretische Tatsache, dass unsere Überzeugungen über die Beschaffenheit der Welt mehr oder weniger fest oder unsicher sind. Gemeinhin werden solche Überzeugungsgrade durch subjektive Wahrscheinlichkeiten repräsentiert; die gesamte Statistik beruht darauf. Die Wahrscheinlichkeitstheorie kann aber nicht repräsentieren, dass wir eine Überzeugung haben, das heißt, etwas für wahr halten.

Die Rangtheorie vermag hingegen beides: Sie kann Überzeugungen, das Fürwahr-Halten, repräsentieren und auch die Tatsache, dass diese Überzeugungen mehr oder weniger fest sind, also Grade haben. Insofern ist sie die legitime Schwester der Wahrscheinlichkeitstheorie. Sie beschreibt erstmals die rationale Änderung oder Dynamik von solchen Überzeugungen und ihren Graden.

Der Lakatos-Preis wird seit 1986 normalerweise jährlich für ein herausragendes Werk vergeben. Dieses muss in den zurückliegenden fünf Jahren auf Englisch erschienen sein und große Resonanz gefunden haben. Der Preis erinnert an Imre Lakatos, der bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1974 Professor für Logik unter besonderer Berücksichtigung der Philosophie der Mathematik an der London School of Economics war.