Skizze des Versuchsaufbaus, in dem Tauben symmetrische von asymmetrischen Mustern (Muster siehe rechts) unterscheiden.
Skizze des Versuchsaufbaus, in dem Tauben symmetrische von asymmetrischen Mustern (Muster siehe rechts) unterscheiden.

Das Gespür der Tauben für Symmetrie

Konstanzer Psychologen weisen Symmetrieerkennung von Tauben nach

Wie nehmen Tiere die Welt wahr? Welche Art von Informationen können sie verarbeiten und welche sind für sie relevant? Psychologen der Universität Konstanz um Prof. em. Dr. Juan D. Delius weisen nach, dass Tauben ein Verständnis für Symmetrie besitzen und Symmetrien erkennen können. Die Forschung, die im November 2017 in der Wissenschaftszeitschrift PLOS ONE online veröffentlicht wurde, schließt grundlegende Erkenntnisse zum visuellen Wahrnehmungsvermögen von Tauben mit ein. Ein Ziel war dabei unter anderem, widersprüchliche Ergebnisse aus vorhergehenden Taubenstudien mehrerer Forschergruppen zu klären.

„Symmetrieerkennungsfähigkeiten werden bei Sehsystemen – auch künstlichen, elektronischen – für die Umwandlung von zweidimensionalen Netzhautabbildungen in realistischere dreidimensionale Vorstellungen eine besondere Bedeutung beigemessen“, erläutert Juan D. Delius. „Für Tauben mag die Fähigkeit – ähnlich wie bei anderen Vogelarten – bei der Nahrungssuche auf optisch unruhigen Hintergründen und auch bei der Partnerwahl wichtig sein“, schlussfolgert der Biopsychologe.

Juan D. Delius und sein Team trainierten die Tauben zunächst darauf, auf symmetrische Schwarz-Weiß-Muster zu picken. Den Tauben wurden hierzu sowohl symmetrische als auch asymmetrische Grafiken auf Bildschirmen gezeigt. Pickten sie auf symmetrische Muster, wurden sie mit Futter belohnt. Eine zweite Gruppe von Tauben wurde nach demselben Schema auf asymmetrische Muster trainiert.

Im zweiten Schritt tauschten die Forscherinnen und Forscher nun die Grafiken gegen neue, unbekannte Muster aus, die aber ebenfalls entweder symmetrisch oder asymmetrisch angeordnet waren. Dies wurde getan, damit die Tauben nicht einfach die spezifischen Grafiken auswendig lernen konnten, sondern das dahinterliegende Prinzip der Symmetrie beziehungsweise Asymmetrie erkennen mussten. Den Tauben gelang es mit einer Trefferquote von rund 80 Prozent, die symmetrischen Muster von den asymmetrischen korrekt zu unterscheiden.

Als Grundlage für die Studie betrieben Delius und sein Team eine aufwändige Hintergrundforschung zum Wahrnehmungsvermögen von Tauben und insbesondere zur Frage, wie sie Bildschirmbilder wahrnehmen. Tauben besitzen eine andere Farbwahrnehmung als Menschen und sehen „in höheren Frequenzen“. Ein Fernsehbild, das für einen Menschen flüssig verläuft, könnte aus Sicht der Tauben flackern und stocken. Die Forscher wollen mit dieser Vorarbeit sicherstellen, dass die Tauben die grafischen Muster ihrer Studie korrekt und artgerecht wahrnehmen. Auch überprüften die Forscher auf diese Weise mögliche Fehlerquellen von vorhergehenden Taubenstudien mehrerer Forschergruppen, die ebenfalls Bildschirme einsetzten und teils widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Die Wahrnehmungsverzerrung durch Bildschirme mit zu niedrigen Frequenzen könnte eine Ursache für die widersprüchlichen Ergebnisse sein, vermuten die Wissenschaftler.

Originalpublikation:

Juan D. Delius, Julia A. M. Delius, Jennifer M. Lee. Symmetry recognition by pigeons: Generalized or not? PLOS ONE, online veröffentlicht am 9. November 2017

Link: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0187541

https://doi.org/10.1371/journal.pone.0187541

Faktenübersicht:

  • Aktuelle Veröffentlichung in PLOS ONE, online veröffentlicht am 9. November 2017.
  • Studie zur Symmetriewahrnehmung von Tauben. Überprüfung von möglichen Fehlerquellen bei vorhergehenden Taubenstudien, die widersprüchliche Ergebnisse lieferten.
  • Die Tauben konnten mit einer Trefferquote von rund 80 Prozent Symmetrien von Asymmetrien unterscheiden.
  • Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).