Ähnlich statt anders

Presseinformation Nr. 133 vom 27. September 2012

Konstanzer Tagung „After Postcolonialism. Similarities in an Entangled World“ diskutiert „Ähnlichkeit“ als Leitkonzept in den Kulturwissenschaften

Gerade in Fragen der Integration unterscheiden Politiker wie Medien gern pauschal zwischen den Mitgliedern der eigenen und der anderen Kultur. Prof. Dr. Anil Bhatti, einer der bekanntesten Germanisten Indiens, schlägt eine neue Perspektive vor: Ähnlichkeit. Die Tagung „After Postcolonialism. Similarities in an Entangled World“, organisiert von Mitgliedern des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz, stellt die Facetten des Konzepts „Ähnlichkeit“ vom 4. bis 6. Oktober 2012 im Konstanzer Kulturzentrum am Münster der Öffentlichkeit vor.

Was geschieht, wenn zwei – oder mehrere – verschiedene Kulturen aufeinanderstoßen? Um die Erfahrung interkultureller Begegnung ausloten zu können, gingen Kulturwissenschaftler lange von der Vorstellung kultureller Identität beziehungsweise Differenz als deren Gegenteil aus. Wer nicht der eigenen Kultur angehört, wird im Kulturkontakt erst einmal als andersartig aufgefasst oder „zum Anderen gemacht“, selbst wenn als Ziel kulturelle Grenzen überwunden werden sollen.

Die Logik des „Eigenen – Anderen“ hält Anil Bhatti den Gegebenheiten einer globalisierten Welt nicht mehr für angemessen. Stattdessen will er den Blick auf Situationen oder Haltungen richten, die auf Ähnlichkeit bauen. Können sich die Mitglieder verschiedener Kulturen nicht auch einfach nur „anähneln“, sich ähnlich werden, ohne gleich identisch werden zu müssen?

In der Tagung „After Postcolonialism. Similarities in an Entangled World“ untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afrika, Asien, Europa, Nord- und Südamerika Schauplätze, Praktiken und Konzepte, die mit Ähnlichkeit operieren: Prof. Dr. Ulrike Kistner, die an der University of South Africa in Pretoria lehrt, spricht über die Frage: Wie funktionieren Ähnlichkeiten und wie werden sie produziert? Der deutsch-türkische Soziologe Dr. Levent Tezcan entwirft eine neue Art der „Welterfahrung“, die nicht mehr als „Einheit in Verschiedenheit“ zu fassen ist. Und Prof. Dr. Andreas Langenohl von der Universität Gießen zieht Analogien zu den demokratischen Praktiken der Wahl, unter anderem am Beispiel der Schweizer Abstimmung über das Minarettverbot.

Zur Tagung laden neben Anil Bhatti die Tübinger Germanisten Prof. Dr. Dorothee Kimmich und Prof. Dr. Jürgen Wertheimer, der Konstanzer Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Albrecht Koschorke und Prof. Dr. Rudolf Schlögl, Ordinarius der Neueren Geschichte an der Universität Konstanz, ein. Gefördert wird die Veranstaltung von der Fritz-Thyssen-Stiftung und dem Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz.