Fit für den Markt

Mit ihrem Modell der Transferplattformen unterstützt die Universität Konstanz Ausgründungen wie myPOLS Biotec

Morgen vor einem Jahr, am 3. April 2014, wurde das Startup myPOLS Biotec gegründet. Seine Wurzeln hat es an der Universität Konstanz. Zum einen wurde die Grundlagenforschung zum Produkt des jungen Unternehmens – DNA-Polymerasen – am Konstanzer Fachbereich Chemie geleistet, zum anderen unterstützt die Universität Konstanz die Ausgründung mit Sach- und Finanzmitteln. Dazu steht ihr im Rahmen des Zukunftskonzepts der Universität Konstanz in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder das Instrument der Transferplattformen zur Verfügung. Ziel der Transferplattformen ist unter anderem, anwendungsorientierte Forschungsprojekte auf den Markt zu bringen. Im Gegenzug hat sich die Universität Konstanz eine Teilhabe an Patenten gesichert.

Es gibt viele gute Ideen, die in den Büros und Laboren der Universität Konstanz entstehen. Für die Vermarktung bedarf es jedoch mehr: Die guten Ideen müssen zu einem Produkt weiterentwickelt werden, für das sich potentielle Kunden interessieren. Dieses muss Marktreife erlangen. Darüber hinaus müssen potentielle Kunden gesucht und angesprochen werden. Dafür sind Zeit und Geld erforderlich. Die Universität Konstanz unterstützt das Startup myPOLS Biotec mit der Finanzierung von zwei Stellen und der Bereitstellung von Räumlichkeiten. „Eine Transferplattform liefert ein ausgezeichnetes Instrument für den Technologietransfer, wie ihn zum Beispiel eine erfolgreiche Ausgründung darstellt. Von solch einem Spin-off haben alle Beteiligten etwas. Der Markt profitiert von den neuen Möglichkeiten, das junge Unternehmen macht anwendungsorientierte Forschung nutzbar, und die Universität kann sich – neben dem Prestige – zum Beispiel durch Patente eine Beteiligung sichern“, begründet Rektor Prof. Dr. Ulrich Rüdiger die Maßnahme.

myPOLS Biotec, das aktuell zu einer GmbH umgewandelt wurde, hat alle Kriterien erfüllt, um über die Transferplattform gefördert zu werden: Es ist mit maßgeschneiderten DNA-Polymerasen – das sind Enzyme, die DNA synthetisieren – im Besitz eines vielversprechenden und nach einem Jahr bereits sehr gefragten Produkts, dessen Anwendungsmöglichkeiten in der aktuellen Forschung, klinischen Diagnostik und personalisierten Medizin sehr vielfältig sind. Auch strukturell ist das Jungunternehmen sehr gut aufgestellt. Damit hatte es bereits beim EXIST-Förderprogramm Erfolg, mit dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Vorbereitung von Ausgründungen unterstützt. „Der Technologietransfer und die damit verbundene Laborarbeit machen die Sache so teuer, dass das nicht mehr aus der eigenen Schatulle bezahlbar ist“, sagt Prof. Dr. Andreas Marx, in dessen Arbeitsbereich die Methode für die Weiterentwicklung der DNA-Polymerasen für Diagnostikzwecke erarbeitet wurde und der weiterhin als Berater zur Seite steht.

Wobei die Optimierung der Polymerasen und ihre Anpassung an Marktbedürfnisse eine ständige Aufgabe bleibt. myPOLS Biotec hat sich auf DNA-Polymerasen spezialisiert, die so vielfältig zu nutzen sind, dass sie auf spezielle Kundenwünsche hin maßgeschneidert werden können. Sie sind sowohl zur Detektion und Quantifizierung von Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien einsetzbar als auch beispielsweise für den Nachweis der genetischen Veränderung einer Pflanze. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist jedoch ein anderes: „Wir haben Enzyme mit einer Eigenschaft entwickelt, die andere Enzyme nicht haben. Unsere Polymerasen sind zum Beispiel nicht nur thermostabil, das heißt, sie können auf 95 Grad Celsius und höher erhitzt werden, sondern sie können auch bei Raumtemperatur in gefriergetrockneter Form verschickt werden“, erklärt Dr. Ramon Kranaster, der Geschäftsführer von myPOLS Biotec, das Besondere an einem der Produkte.

„Es hat uns sehr geholfen, dass wir mit der Unterstützung als Transferplattform weitermachen konnten“, sagt Ramon Kranaster, der sich bereits in seiner Dissertation an der Universität Konstanz mit der künstlichen Evolution von DNA-Polymerasen für diagnostische Anwendungen beschäftigt und in einer Londoner Biotec-Firma erste Erfahrungen gesammelt hat. Er weiß, wie wichtig die gute Vorbereitung einer Ausgründung ist. Das Produkt auch von außen testen zu lassen gehört zum Beispiel dazu. „Wenn ein Neukunde, der nichts mit dem Startup zu tun hat, sagt, das ist klasse, das funktioniert, weiß ich, dass es etwas Gutes ist. Und das gibt dann sehr viel Motivation“, so Kranaster. Organisatorische Unterstützung erhielt die Ausgründung sowohl von Campus Startup Konstanz, dem Innovations- und Gründungszentrum der Universität Konstanz und der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), als auch von BioLago, dem Life Science-Netzwerk mit Sitz in Konstanz.

Für den Nachwuchs engagiert sich das Jungunternehmen heute schon und beweist damit den Blick über den Tellerrand hinaus. Für ein Jugend forscht-Projekt hat es zwei Schülerinnen des Konstanzer Heinrich-Suso-Gymnasiums Zugang zu Know-how, Betreuung und notwendiger molekularbiologischer Ausstattung in ihren Laborräumen verschafft. Die beiden Gymnasiastinnen fragten sich, wie sich nachweisen lässt, dass manchen der Geschmack von Koriander unangenehm ist, andere ihn hingegen mögen. Herausgekommen ist ein molekularbiologischer Versuchsaufbau zur schnellen Identifikation der genetischen Veranlagung, die tatsächlich die Ursache ist für den unterschiedlichen Koriandergeschmack. Die Anleitung dazu wird in Zukunft Schulen bundesweit kostenfrei zur Verfügung gestellt. Den Regionalwettbewerb haben die beiden damit schon mal gewonnen.