Die Geschichte hinter „Weissalles und Dickedumm“

Sicher sind euch schon unsere bunten Plakate aufgefallen, die überall hängen. Ob in der Uni oder in der Stadt: Totenkopf, Gehirn, Brustkorb und Herz.
Und vielleicht dachtet ihr euch: „Weissalles und Dickedumm“ ? … hm… wirklich bekannt kommt mir das nicht vor.
Und selbst der fleißigste LKM- Studierende – diese Unterstellung sei an dieser Stelle erlaubt – hat höchstwahrscheinlich noch nichts von diesem Titel gehört.
Was steckt also hinter „Weissalles und Dickedumm“ im Unitheater Konstanz?
Eine ziemlich interessante Geschichte, soviel sei verraten:
Es ist der 02. Oktober 1993 in Berlin. Das Schillertheater feiert die Premiere der deutschen Erstaufführung von Coline Serreaus „Weissalles und Dickedumm“. Soweit so unspektakulär.
Interessant wird es, wenn man weiß, dass dieser Tag gleichzeitig der Tag der Schließung des renommierten Theaters war. 
Eine Erstaufführung als Abschiedsvorstellung? Eine Premiere als letztes Spiel? Ein unbekanntes Stück für so einen geschichtsträchtigen Abend?

Der Schließung des Schillertheaters ging eine lange – eine sehr lange – Debatte voraus. Sie entzündete sich an dem Konflikt zwischen Politik und Kultur, an dem Kampf Kultur gegen Wirtschaft – und auf dem Spiel stand so viel mehr.
 Die Entscheidung des Senats, das Schillertheater so schnell wie möglich zu schließen, stieß bei der Mehrheit der Menschen auf keine Begeisterung. Im Gegenteil: Sie führte zur Organisation von Protestaktionen, und das Schillertheater ging nicht kampflos unter. Es gab unter anderem eine Lange Nacht des Schillertheaters, in der beispielsweise eine Resolution verlesen wurde, die besagte, dass alle Gastspiele in Berlin von sämtlichen Theatern im deutschsprachigen Raum abgesagt würden – und zwar so lange, bis der Senat den Beschluss wieder zurücknehmen würde. (Tatsächlich wurde dann allerdings nur ein Pina-Bausch-Gastspiel abgesagt. Das Schillertheater wurde nicht wiedereröffnet – wobei Hochrechnungen ein Jahr nach der Schließung deutlich zeigten, dass die Schließung des Schillertheaters im Jahr darauf teurer wurde, als es dessen Fortbestand gewesen wäre.)

Das Stück „Weissalles und Dickedumm“ als Statement?
Das funktioniert. In dem Stück geht es trotz aller Irrungen und Wirrungen, aller Dramatik, aller Überspitzungen und Absurdität um die alltäglichen Bedürfnisse eines jeden Menschen. Theater war und ist ein Ort, an dem auf viele Bedürfnisse der Zuschauer eingegangen wird – eben auf das, was Menschen beschäftigt. Genau diese Menschlichkeit war es, die das Stück für die letzte Aufführung des Schillertheaters prädestinierte, und die es auch für eine Neuinszenierung interessant macht.
Wie kommt dieses Stück, welches danach in Deutschland nur noch in einer einzigen anderen Spielstätte aufgeführt wurde, nun an die Universität in Konstanz? Das ist kein Zufall, gehörte doch unsere Theaterleitung und Regisseurin Anna Hertz am 02. Oktober 1993 zum deutlich bewegten Publikum des Schillertheaters.