Postkoloniale Tragödie: Formen des Widerstands (Christina Wald)

Das Projekt untersucht, wie antike griechische und Shakespeares Tragödien in ehemaligen britischen Kolonien in Afrika transformiert werden. Verbreitet durch das koloniale Bildungssystem, das britische Normvorstellungen umsetzen und die Kolonialmacht stärken sollte, wurden die ‚westlichen‘ Tragödien für spezifische lokale Belange aufgeführt und umgeschrieben, oft mit dem Ziel, die koloniale Herrschaft in Frage zu stellen und zu bekämpfen. In dieser Hinsicht ist die postkoloniale Tragödie eine Form des politischen Widerstands, die westliche Texte und Theatertraditionen, indigene Theaterformen (die oft bereits durch Kolonialismus und Globalisierung synkretisiert waren) sowie frühere afrikanische Neuschreibungen westlicher Tragödien ästhetisch kombiniert.

Indem das Projekt Umschreibungen von antiken griechischen und von Shakespeare-Tragödien vergleicht, prüft es die Hypothese, dass die Shakespeare-Tragödie eine flexiblere und offenere Form als die griechische Tragödie ist, was glokale afrikanische Adaptionen erleichtert. Andererseits hat die Shakespeare-Tragödie ein noch problematischeres postkoloniales Erbe als die griechische Tragödie, weil Shakespeare als ‚Nationaldichter‘ und ‚englisches Genie’ offensiver als die antike griechische Tragödie zur Legitimierung des britischen Kolonialismus eingesetzt wurde. Vor dem Hintergrund dieser produktiven Spannung wird die postkoloniale Tragödie als ästhetische Form des politischen Widerstands diskutiert und Fragen nach der Persistenz und Transformation der Tragödie als reisende Form in einem multidirektionalen, globalisierten literarischen Netzwerk untersucht.