Teilprojekte

Teilprojekt 2b: Rechtswissenschaft (2009 – 2012)
Leitung: Hans Christian Röhl
Projektbearbeitung: M. Sc. Klaus Harnack,
Dipl. Psych. Tobias Heikamp
2009 – 2012 Die Absicht des Gesetzgebers und ihre Grenzen
Projektbeschreibung

Die Figur der Absicht des Parlaments bzw. des (parlamentarischen) Gesetzgebers dient in der juristischen Diskussion dazu, die Legitimationswirkung des Gesetzes und verwaltungsrechtlicher Organisationsformen zu erklären sowie den Inhalt des parlamentarisch erzeugten Gesetzes zu ermitteln, obwohl die Vorstellung einer absichtsvollen Steuerung der Verwaltung durch Europäisierung und Internationalisierung auf ihre Grenzen stößt. Das rechtswissenschaftliche Teilprojekt hat sich dieser Frage zum einen im Hinblick auf Fragen des Verwaltungsorganisationsrechts genähert. Ein Forschungsaufenthalt in England im Sommersemester 2009 zeigte dann, dass über eine derart begriffliche Herangehensweise eine gemeineuropäische Perspektive nur schwer zu gewinnen ist. Die kleinere Teilfrage des Projekts nach der Auslegung von Rechtsnormen durch den Europäischen Gerichtshof zeigte eine langsame Konvergenz der Auslegungsmethoden. Die dem Gerichtshof mitunter in der Literatur vorgehaltene Vernachlässigung des Entstehungszusammenhangs und damit der Absicht des Gesetzgebers konnte zu einem Teil auf einen Unterschied zwischen Normtypen zurückgeführt werden. Insgesamt erwiesen sich die beiden Fragestellungen als weniger ergiebig als angenommen, was zu einem Teil auf die eher begriffliche Konzeption zurückzuführen ist.

  Angestoßen durch die Kooperation mit den Teilprojekten der Psychologie verschob sich der Fokus der Aufmerksamkeit während der Projektlaufzeit daher zunehmend auf psychologische Aspekte der Legitimation. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand dabei die Vermutung, dass die Verwendung des Motivs der Absichtlichkeit in juristischen Beschreibungen mit der Selbstwahrnehmung sowohl der Adressaten staatlichen Handelns übereinstimmt, als auch mit der Selbstwahrnehmung der Juristen als Autoren solcher Beschreibungen. Indem diese sich selbst als absichtsvoll gesteuert verstehen, werden, so war die Vermutung, auch in organisatorischen Zusammenhängen derartige Beschreibungsformen bevorzugt. Möglicherweise werden komplexe Beschreibungen vermieden, indem unübersichtliche Strukturen als intentional handelnd begriffen und so einer vereinfachenden Darstellung zugänglich gemacht werden. Umgekehrt wurden Hinweise darauf gefunden, dass eine solche Selbstwahrnehmung für legitimatorische Zusammenhänge – anders als von der Systemrechtfertigungstheorie angenommen – von Bedeutung sein kann. Die Zusammenarbeit mit der Entwicklungspsychologie konnte zeigen, dass die Wahrnehmung von legitimatorischen Zusammenhängen von kulturellen Werthaltungen beeinflusst sein kann. Im Ergebnis ist damit das Feld für Überlegungen bereitet, die sich nicht an den hergebrachten restriktiven Legitimationskonzepten orientieren müssen.