Ehrendoktorwürde für Prof. Dr. Wolfgang Reinhard

Presseinformation Nr. 136 vom 1. Oktober 2012

Universität Konstanz ehrt wegbereitenden Historiker und „Brückenbauer zwischen Disziplinen“

Die Universität Konstanz verleiht dem Historiker Prof. Dr. Wolfgang Reinhard die Ehrendoktorwürde. Damit ehrt die Universität Konstanz einen Wissenschaftler von Weltruf, der in seinen Forschungen und Publikationen weit über sein engeres Forschungsgebiet hinaus gewirkt hat. „Mit Wolfgang Reinhard zeichnen wir einen der renommiertesten deutschen Geisteswissenschaftler aus, der auch die Geschichtswissenschaft an der Universität Konstanz in vielfältiger Weise angeregt und bereichert hat. Wolfgang Reinhard hat wie kaum ein anderer Forscher die deutsche Frühneuzeitgeschichte geprägt und gehört in den deutschen Geisteswissenschaften zu den erfolgreichsten Brückenbauern zwischen den Disziplinen“, begründet Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Rüdiger, Rektor der Universität Konstanz, die außerordentliche Ehrung. Die Ehrendoktorwürde wird im Rahmen des Dies academicus, dem akademischen Festtag der Universität Konstanz, am 19. Oktober 2012 im Audimax der Universität Konstanz verliehen. Der Festakt beginnt um 14 Uhr. Wolfgang Reinhard wird in diesem Rahmen einen Festvortrag zum Thema „Zur anthropologischen Kritik der wirtschaftlichen Vernunft“ halten.

„Durch die epochenübergreifende Breite seiner Interessen, durch einen immer wieder die Grenzen zwischen Disziplinen überschreitenden Ansatz, durch eine ungewöhnlich starke theoretische Orientierung, schließlich durch Pionierarbeiten auf dem Gebiet der historischen Anthropologie steht Wolfgang Reinhard der Konstanzer Geschichtswissenschaft in vielfacher Hinsicht nahe. Die Auszeichnung mit der Ehrendoktorwürde soll diese mannigfaltige Verbundenheit und den Dank für langjährige Anregung auf zahlreichen Gebieten zum Ausdruck bringen“, würdigt Prof. Dr. Rudolf Schlögl, Ordinarius der Neueren Geschichte an der Universität Konstanz, das Verdienst Reinhards.

Wolfgang Reinhard erlangte die Doktorwürde im Alter von nur 26 Jahren. Nach wenigen Jahren des Schuldienstes entwickelte sich Reinhard zu einem der versiertesten Kenner der Papstgeschichte des 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Seine erste Professur erlangte er 1977 an der noch jungen Universität Augsburg. „Mit einer unglaublichen Schaffenskraft wurde Wolfgang Reinhard binnen weniger Jahre zum renommiertesten deutschen Kenner der europäischen Expansionsgeschichte. In seinem für die heutige Geschichtswissenschaft wegweisenden Ansatz weitete er seine Perspektive auf die Expansionsgeschichte als Gesamtprogress aus und ließ sich dabei nicht von Epochenkonventionen einschränken. Seine vierbändige ‚Geschichte der europäischen Expansion‘ ist bis heute international konkurrenzlos“, betont Rudolf Schlögl.

Nach einer Gastprofessur in Atlanta nahm Reinhard 1990 den Ruf an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg wahr, an der er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2002 als Ordinarius für Neuere Geschichte wirkte. „Hier entfaltete er mit seinem Band ‚Lebensformen Europas‘ eine wegweisende Systematik der historischen Anthropologie. Dabei zeichnet es seinen Ansatz aus, dass er die biologische, ökologische und ökonomische Materialität menschlichen Daseins im Auge behält, zugleich aber als versierter Ideenhistoriker Mentalitäten, Weltbilder und Diskurse in sein Gesamtbild einbezieht“, betont die Laudatio. Wolfgang Reinhard ist bis heute federführend am Institut für Historische Anthropologie tätig, dem er mehrere Jahre lang als Präsident vorstand. Als einer von wenigen ausländischen Geisteswissenschaftlern ist er Fellow der British Academy.