Die Psychologie hinter ökonomischen Entscheidungen

Presseinformation Nr. 87 vom 30. Mai 2012

DFG fördert Forschergruppe PsychoEconomics der Universitäten Konstanz und Köln mit 1,7 Millionen Euro

Die Forschergruppe PsychoEconomics der Universitäten Konstanz und Köln wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt. In einem interdisziplinären Verbund von sechs Teilprojekten ergründen darin Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Universitäten die psychologischen Prozesse, die hinter ökonomischen Entscheidungen stehen. Die DFG fördert die Forschergruppe mit insgesamt 1,7 Millionen Euro in einer Laufzeit von drei Jahren mit der Möglichkeit auf Verlängerung für weitere drei Jahre.

„Ziel unserer Forschergruppe ist, ein psychologisch fundiertes Verständnis von ökonomischen Entscheidungen zu gewinnen“, erläutert Prof. Dr. Carlos Alós-Ferrer, Sprecher der Forschergruppe PsychoEconomics. Während die klassische Ökonomie von rein rationalen und stets gewinnmaximierenden Entscheidungsprozessen ausgeht, sind es in Wirklichkeit doch komplexe psychologische Prozesse, die hinter ökonomischen Entscheidungen stehen. Neben den genau durchdachten und bewusst gefällten Entscheidungen liegen dem Handeln des Menschen auch automatische, impulsive Prozesse zugrunde, die sehr schnelle Reaktionen erlauben, aber nicht von einer strikten Rationalität geleitet sind. „Manchmal ist es wichtiger, eine schnelle Antwort zu haben als eine korrekte. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Lastwagen, der einem Fußgänger entgegenkommt: Jeder Mensch wird intuitiv zur Seite springen – aber nicht unbedingt in die bestmögliche Richtung. Schnelle Entscheidungen stehen hier optimierten Entscheidungen gegenüber“, illustriert Alós-Ferrer.

Auch für wirtschaftliche Entscheidungen spielen Reaktionen „aus dem Bauch heraus“ eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Ein Großteil der ökonomischen Theorie ist jedoch so konzipiert, als würden diese automatischen Prozesse gar nicht existieren. Das führt natürlich zu Fehleinschätzungen“, schildert Carlos Alós-Ferrer. Die Forschergruppe PsychoEconomics ergänzt daher die bestehenden ökonomischen Ansätze, indem sie Theorien aus der Psychologie auf ökonomische Fragestellungen anwendet. Ausgehend von „Zwei-Prozess-Modellen“ (Dual Process Theories) verstehen die Forscher jede Entscheidungsfindung als Zusammenspiel von kontrolliert-rationalen und automatischen, impulsiven Prozessen.

Die sechs Teilprojekte der Forschergruppe sind in den Bereichen Psychologie, Ökonomie und Statistik angesiedelt. Die Projekte sind experimentell ausgerichtet und haben ihren Fokus auf Entscheidungsbildung auf individueller Ebene. Die Graduiertenschule Entscheidungswissenschaften, die von der Universität Konstanz im Rahmen der zweiten Phase der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern beantragt wurde, ist mit der Forschergruppe PsychoEconomics thematisch eng verbunden. Auch die Zeppelin University Friedrichshafen ist durch Prof. Dr. Anja Achtziger an einem Teilprojekt beteiligt.

Die Forschergruppe PsychoEconomics ging aus einer gleichnamigen Forschungsinitiative an der Universität Konstanz hervor, die von 2008 bis 2012 Vorarbeit leistete, auf die die Forscherinnen und Forscher nun zurückgreifen können. Mit dem Wechsel des Sprechers Carlos Alós-Ferrer von der Universität Konstanz zur Universität zu Köln wird die Forschergruppe ab Oktober 2012 von Köln aus koordiniert, während der Großteil der Projekte an der Universität Konstanz angesiedelt ist.