Konstanz - Kunstwissenschaft


Einführung in die Bildsemiotik - Teil 1


Steffen Bogen, Kunstwissenschaft/Kunstgeschichte,
Universität Konstanz


Vorbemerkung: Beim folgenden Text handelt es sich um das nur leicht überarbeitete Manuskript eines Vortrags, der im Rahmen der Ringvorlesung "Konzepte der Literatur- und Medientheorie" im Wintersemester 1999/2000 gehalten wurde.




Einleitung
Bildtheorie unter semiotischer Perspektive
Zur Aktualität der Bildtheorie
Eine Wurzel der modernen Semiotik: strukturalistische Linguistik
Strukturalistische Erzähltheorie
Das Zeichenmodell von F. de Saussure
Die Relevanz von Peirce für die Bildsemiotik
Schlußfolgern als Zeichenprozeß
Verallgemeinerung: die triadische Struktur des Zeichenprozesses
Bildlichkeit im Zeichenprozeß
Kriterien bei der Auswahl des Objekts
Bildlichkeit in der Entwicklung von Interpretantenzeichen
Anwendungsbeispiel



1. Einleitung


1.1. Bildtheorie unter semiotischer Perspektive


Thema der folgenden Vorlesung ist mit der Semiotik eine nun schon "klassisch" gewordene Methode. Thema soll aber auch eine aktuelle Fragestellung sein: "Was ist ein Bild?" Derart kurz und bündig hat die Frage der Kunsthistoriker Gottfried Böhm in einem 1995 erschienenen Sammelband formuliert.
Etwas ausführlicher könnte man fragen: Warum machen wir Bilder? Was machen wir mit Bildern?

Dennoch habe ich diese Vorlesung nicht allgemein "Einführung in die Bildtheorie" überschrieben, sondern "Einführung in die Bildsemiotik". Damit sind gewisse Einschränkungen, zumindest Vorannahmen verknüpft.
Die wichtigste: Bilder sind Zeichen.

"Semiotik" kann man am einfachsten (aber auch leicht mißverständlich) als Lehre von den Zeichen übersetzen. Etwas genauer ist die Definition: Lehre von Zeichensystemen oder Zeichenprozessen. Bildsemiotik befaßt sich demnach mit Bildern unter der Voraussetzung, daß Bilder Zeichen sind. Zwei zentrale Fragestellungen liegen damit auf der Hand:

1. Was verbindet Bilder mit anderen Zeichen?
2. Was unterscheidet Bilder von anderen Zeichen?

Mit diesen Fragen werden sogleich Dichotomien zwischen Bild und Wort aufgerufen, die im 19. Jahrhundert zu Chiffren konträrer Denkstile wurden:
Das Wort, der verbale Text steht in dieser Gegenüberstellung für das im Lesen Aufzuschließende, für den kontrolliert entwickelten Sinn, für das Rational-Logische...
Das Bild steht dagegen für das affektiv und emotional Eindringliche, für die unkontrollierte Sinnlichkeit, für das Irrational-Alogische...

Solche Polarisierungen (die ich hier nur schlagwortartig aufrufe) sind aufschlußreich, besonders wenn man nach der historischen Ausprägung des Text-Bildverhältnisses fragt. Dennoch soll mit dieser Einführung in gewisser Weise ein entgegengesetzter Aspekt von Bildlichkeit betont werden. Es soll gezeigt werden, daß Bilder eine bestimmte Art oder ein bestimmter Aspekt von Bildern für das logische Denken geradezu unabdingbar sind. Der Gewährsmann für diese These ist der Begründer der modernen Semiotik Charles Sanders Peirce, dessen Theorie im Zentrum der Vorlesung stehen soll.

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Der Text ohne Grafik


© Steffen Bogen



geändert am 3. August 2000