Home
| Veranstaltungen | Ausschreibung | Profil/Programm/Geschäftsordnung | Personen/Projekte



Martin Morth

____________________

KollegiatInnen
Koordinator
HochschullehrerInnen



Der Diskurs des Dokumentarischen.
Konjunkturen des Faktischen in der deutschsprachigen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts


Projektskizze

Das Dissertationsvorhaben nimmt die Beobachtung wechselnder literaturgeschichtlicher Hochphasen des Dokumentarischen mit Schwerpunkten im Vormärz, im Naturalismus, der Neuen Sachlichkeit, der 1960er und frühen 1970er Jahre und wiederum jüngst in der Gegenwartsliteratur zum Ausgangspunkt, um eine Theorie und Geschichte des Dokumentarischen als Literaturkonzept zu verfassen. Allen Texten gemeinsam ist der Anspruch, die Wirklichkeit zu dokumentieren oder sie zumindest als Prämisse der literarischen Produktion zu postulieren. Außerhalb dieser Verdichtungsphasen verliert der dokumentarische Anspruch seine Hegemonialstellung. Doch wie die zyklische Wiederkehr des literarischen Dokumentarismus zeigt, wird das Konzept stets mit neuem Sinn aufgeladen und ins Zentrum des Literaturdiskurses zurückgeführt.
In einem ersten Teil des Projekts sollen die historischen Situationen analysiert werden, in denen das Dokumentarische ins Zentrum des Literatursystems rückt. Die Sichtbarmachung dieser Schwellen ist wichtig, denn dokumentarische Schreibweisen sind in Zeiten historischer Umbrüche involviert, mit denen ein Wandel medial vermittelter, gesellschaftspolitischer und kultureller Wahrnehmungskonventionen – und zugleich ein Glaubwürdigkeitswandel bzw. eine Glaubwürdigkeitskrise in der Literatur – korreliert. Im Rahmen des Projektes werden darüber hinaus Fragen verhandelt, die von der Gattungsfrage, die die poetischen Spielformen und Metamorphosen des Dokumentarischen zu erfassen versuchen, bis hin zur Analyse der Beziehung, die das Dokumentarische zu jeweils anderen Methoden realistischer Verfahren unterhält, reichen. Der Realismus und die Produktivität des Dokumentarischen beruhen, so meine These, auf der Spannung zwischen dokumentarischem Anspruch und ihrer literarischen Realisation.

Das Korpus umfasst zum jetzigen Zeitpunkt u.a. folgende Autoren und Texte: Georg Bücher, Dantons Tod u. Woyzeck; Heinrich Heine, Lutetia; Gerhart Hauptmann, Die Weber; Egon Erwin Kisch, Der rasende Reporter; Peter Weiss, Die Ermittlung; Alexander Kluge, Schlachtbeschreibung; Hans Magnus Enzensberger, Der kurze Sommer der Anarchie; Rainald Goetz, Abfall für alle, Kathrin Röggla, really ground zero.