Tobias Schlechtriemen

Projektskizze:
Bilder des Sozialen Zur Rolle und Funktion von Metaphern der Gesellschaft in der frühen und neueren soziologischen Theorie
In soziologischen Texten tauchen unterschiedlichste Bilder auf, in denen das Soziale beschrieben wird: Es wird von ‚der Gesellschaft als natürlichem Organismus’ geschrieben, von ‚sozialen Systemen und ihrer Umwelt’, von ‚gesellschaftlichen Rollen und Inszenierungen’, von ‚sozialen Netzen, die geknüpft werden’ und vielen mehr. Die Rolle und Funktion solcher sprachlicher Bilder in soziologischen Theorien werden in dem hier vorgestellten Doktorarbeitsprojekt untersucht. Dabei wird davon ausgegangen, dass jede soziologische Theorie Bilder des Sozialen braucht, um sich ihren Gegenstand – die Gesellschaft – vor- und darstellbar zu machen. Die Soziologie ist also im Kern – bei der Konstitution ihres Gegenstandes – auf rhetorische und bildliche Elemente angewiesen. Ausgehend von neueren Metaphertheorien und bildwissenschaftlichen Ansätzen soll die konstitutive und instituierende Leistung dieser Metaphern der Gesellschaft analysiert werden. Dabei werden die Einheitsmetaphoriken der frühen Soziologie den Differenzmetaphoriken der neueren Soziologie gegenübergestellt. Die Metaphern der frühen Soziologie, wie die Organismus-Metaphorik, konstituieren die Gesellschaft als natürliche Einheit. Ihre konstitutive Leistung wird im Zeichen (natur)wissenschaftlicher Legitimität verhüllt. Sie bewegen sich ‚inhaltlich’ wie ‚methodisch’ in binären Oppositionen: Individuum vs. Gesellschaft, Einzelnes vs. Ganzes, Kultur/Technik vs. Natur, und Empirie vs. Rationalismus/Theorie, Wissenschaftsrealismus vs. Konstruktivismus. Die Metaphern der neueren Soziologie werden nun daraufhin untersucht, inwieweit sie ‚Figuren des Dritten’ darstellen, die diese dichotomen Ordnungsschemata unterlaufen. Es soll geklärt werden, in welchen Metaphern differenztheoretische soziologische Theorien schreiben, die nicht mehr von der Gesellschaft als Einheit ausgehen. Außerdem wird danach gefragt, welche Funktionen die Metaphern haben und ob in differenztheoretischen Ansätzen eine Sensibilität und ein Bewusstsein für die produktive Leistung der Bilder des Sozialen bestehen.

Veröffentlichungen:
Tobias Schlechtriemen (2008), „Metaphern als Modelle. Zur Organismus-Metaphorik in der Soziologie“, in: Ingeborg Reichle, Steffen Siegel, Achim Spelten (Hg.):
Visuelle Modelle, München (Wilhelm Fink Verlag), S. 71-84.