Jeannie Moser

Dämon, Schlüssel, Botenstoff. Figuren der Droge im wissenschaftlichen Experiment

Projektskizze

Psychoaktive Wirkstoffe lösen exzeptionelle Erfahrungen aus; sie intervenieren in Wahrnehmungs-, Denk-, Bewusstseins- und Erinnerungsvorgänge und strukturieren diese neu. Die Modifikation kognitiver Abläufe qua chemischer Substanzen fasziniert ungemein und stößt bei Forschern in den Bereichen von Psychiatrie, Neuromedizin und pharmakologischer Grundlagenforschung auf großes Interesse.
Das Drogenexperiment im wissenschaftlichen Setting steht jedoch vor ungewohnten Aufgaben. Es drängt an einen Punkt, an dem privilegierte Forschungsparadigmen und Darstellungsmodi der wissenschaftlichen Praxis aufgegeben werden müssen. Denn seine Ergebnisse sind auf Selbstzeugnisse, subjektive Berichte und Erzählungen angewiesen. Objektivierungsstrategien wie der Einsatz von Messapparaten können kaum zur Anwendung kommen. So entstehen Darstellungen der Drogenwirkung, die zwischen den Antipoden "wissenschaftlicher" Faktizität und "literarischer" Fiktion oszillieren. Fragen nach den Grenzen, Bedingungen sowie den Inszenierungsformen von Wissenschaft werden damit virulent.
Basierend auf diesem "zwitterartigen" Textmaterial nimmt die Dissertation Verfahren experimenteller Produktion von Wissen und dessen poetologischen Bedingungen in den Blick. Ausgehend von der Diagnose, dass die Generierung von Wissen und seine Darstellung untrennbar miteinander verbunden sind, werden Figuren untersucht, die es der Droge ermöglichen, als epistemisches Ding (Rheinberger) Gestalt anzunehmen. Dabei soll verfolgt werden, in welcher Weise sich Figuren des Dritten wie Dämon, Schlüssel oder Botenstoff auf anthropologische Theoriebildungen auswirken. Vor dem Hintergrund, dass der szientifische Komplex als ein System der Erzeugung und Reflektion kultureller Bedeutung zu verstehen ist, gilt das Interesse den Transfers zwischen Wissenschaft und Kultur. Es steht zu vermuten, dass sich in den Drogenexperimenten in verdichteter Form formuliert, was ab den 1940er Jahren auch in einem breiteren Diskurs über Mensch und Subjekt im Umlauf ist. Die Analyse von Figuren der Droge verspricht darüber Aufschluss zu geben.



Vorträge, Veröffentlichungen, Lehre
Lectures, Publications, Teaching

Vorträge
Lectures

2006

Technische Universität Braunschweig

"Ein Stoff kann ja keine Gefühle oder Gedanken bewirken..." – Wissensfiguren im LSD-Experiment

Gemeinsame Jahrestagung der "Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte" und der "Deutschen Gesellschaft für die Geschichte

der Medizin, Naturwissenschaft und Technik" zum Thema "Kultur der Wissenschaften – Wissenschaften der Kultur"

   

2005

St. Johns College, Cambridge (UK)

Demon, Medium, Mediator – Figures of LSD in Scientific Experiments

Internationale Tagung zum Thema "Configurations of the Third. 1800 to Present"

   

2005

Universität Konstanz
Poetologien und Rhetoriken des Wissens
Sektionseinführung auf der gemeinsam mit Arne Höcker und Philippe Weber organisierten,

internationalen Graduiertenkonferenz "Narrative der Humanwis-senschaften"

   
2005

Controlling the "Excessive" Mind by Controlling the Body – Drug-Experiments in the Scientific Context. Interdisziplinäre

Graduiertenkonferenz zum Thema "Körperkontrolle/Kontrollkörper: From Regulation to Excess

in Fictional Models and Social Practices" des "Department of Germanic Studies" an der University of Chicago

   
2005

Respondenz zu Hans-Georg Soeffner "Vorgreifende Anpassung. Zum Umgang mit dem Wissen um das menschliche Genom"

an der Universität Konstanz

   

2004

Psychonauten – Wissenschaftliche Drogenexperimente und die Experimentalisierung der Gedanken. Sommerakademie des

Wiener "Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften" zum Thema "Science/Fiction" in St. Wolfgang

   

2002

Lesen – Schreiben – Korrigieren. Das Leben als Text mit hohem Informationsgehalt. Tagung der

transdisziplinären ForscherInnengruppe "Transformationen von Wissen, Mensch und Geschlecht" an der Universität Potsdam

Veröffentlichungen
Publications
 

2009

"Die Ordnung der Psychotropika. Drogistische Forschungsreisen ins Unbewusste", in: Braun, Cristina von/Johach, Eva/Dornhof, Dorothea/Stephan, Inge/Hess, Volker/Bock von Wülfingen, Bettina: Das Unbewusste. Krisis und Kapital der Wissenschaften. Studien zum Verhältnis von Wissen und Geschlecht, Bielefeld 2009, S.98-117

In Vorbereitung

"The Biography of a Psychotropic Substance. Figures and Narratives in LSD - My Problem Child by Albert Hofmann", in: Cooper, Ian/Ghanbari, Nacim/Malkmus, Bernhard (Hg.): Beyond Binaries. Configurations of the Third in Modernity, Cambridge (in Vorbereitung)

In Vorbereitung

 "Selbstversuche. Die Experimentalisierung von Geist, Seele und Sinnen am eigenen Körper", in: Gimpel, Michael (Hg.) Experiment und Literatur: Themen, Methoden, Theorien. Ein Kompendium (in Vorbereitung)

 

2007 "Die Metamorphosen des Dämons. Figurationen eines epistemischen Dings bei Albert Hofmann", in: Frank, M.C./Gockel, B./Hauschild, T./Kimmich, D./Mahlke, K. (Hg.): Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Bd.1: "Fremde Dinge", Bielefeld, S. 99-108 (im Druck)
2006 "Poetologien | Rhetoriken des Wissens. Einleitung", in: A. Höcker/J. Moser/P. Weber (Hg.): Wissen. Erzählen. Narrative der Humanwissenschaften, Bielefeld, S. 11-16
Herausgeberschaft  
2006 Wissen. Erzählen. Narrative der Humanwissenschaften, zusammen mit Arne Höcker und Philippe Weber, Bielefeld


Vorträge


IFK_Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Wien 2007 "Jetzt bin ich nicht mehr ich" - Wissenschaftlichen Drogenforschung als Subjektforschung

 

 

Aby-Warburg-Haus, Hamburg 2007
Wissen vom (veränderten) Bewusstsein - Schreiben und Lesen in der Drogenforschung
Tagung anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr. Marianne Schuller zum Thema "Literatur und Wissen. Versuche über eine Konstellation"

Lehre
Teaching
 
WS 05/06 Seminar II: Autobiografie – Die Erfindung des Selbst. Zusammen mit Manfred Weinberg am "Fachbereich Literaturwissenschaft", Universität Konstanz
WS 03/04 Hauptseminar: Gemeinplätze. Korrespondenzen zwischen literarischen und naturwissenschaftlichen Diskursen. Zusammen mit  Marianne Schuller am "Institut für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur" der Universität Hamburg