Dr. des. Eva Blome

1. aktuelle Position und Forschungsprojekt:
Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Post-doc) im Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlage von Integration“, Universität Konstanz; aktuelles Forschungsprojekt: „„[S]o real die Klasse ist, so sehr ist sie selber schon Ideologie“. Zur kulturellen Verfasstheit einer basalen Kategorie der Gesellschaft“, gemeinsam mit Dr. des. Patrick Eiden-Offe und Prof. Dr. Manfred Weinberg (www.exc16.de/cms/277.html)


2. Zusammenfassung der Dissertation, eingereicht an der Universität Konstanz 09/2007 (Gutachter: Prof. Dr. Manfred Weinberg, Konstanz, Prof. Dr. Alexander Honold, Basel)

Rassenexperimente und Bioästhetik im Labor der Moderne.  Zum Phänomen der Vermischung der Rassen in Literatur und Theorie (1900- 1930)

Ende des 19. Jahrhunderts wurden im Deutschen Kaiserreich Rassenvorstellungen virulent, die in dieser Form zuvor weder in der Politik noch in der Wissenschaft eine vergleichbare Rolle gespielt hatten. Nationalstaatenbildung und Sozialdarwinismus, insbesondere aber der Eintritt Deutschlands in die Riege der europäischen Kolonialmächte und der damit einhergehende dauerhafte Kontakt mit den kolonialisierten Völkern führten dazu, dass die anthropologische Frage nach einer „rassischen“ Identität der Deutschen immer dringender gestellt wurde. Nicht nur in den (kolonial)politischen Debatten, sondern auch in der Medizin sowie in der im 19. Jahrhundert entstehenden Ethnologie, aber auch in literarischen und anderen kulturellen Erzeugnissen wurde die „Rassenfrage“ dabei zunehmend vor dem Hintergrund der potentiellen „Vermischung der Rassen“ verhandelt.

Vor diesem historischen Hintergrund untersucht die Dissertation anhand von Texten aus dem Kaiserreich und der Weimarer Republik das interdiskursive Zusammenspiel von literarischen, (proto)wissenschaftlichen und politischen Darstellungen „interrassischer Sexualität“. Die Arbeit entwirft auf diese Weise eine Topographie des Phänomens der so genannten Rassenmischung, wie es sich zwischen kolonialpolitischen Debatten, programmatischen Texten, expressionistisch-primitivistischer Literatur sowie rassentheoretischen Entwürfen zwischen 1900 und 1930 entfaltete. Mit Michel Foucault wird dabei davon ausgegangen, dass die Dimension der Sexualität der Konstruktion von Rasse immer schon inhärent ist und über Darstellungen der sexuellen Begegnung und Reproduktion insbesondere in kolonialen Kontexten „Rassendifferenz“ zur Evidenz gelangt.

Das zentrale Erkenntnisinteresse richtet sich dabei auf die politischen, ästhetischen und poetischen Dimensionen der Verknüpfung von Sexualität und Rassenentwürfen, und dies in mehrfacher Hinsicht: Zum einen wird danach gefragt, wie narrative Entwürfe einen politischen Auftrag erfüllen, indem sie die hypothetischen Konsequenzen der Vermischung in unterschiedlichen Konstellationen durchspielen. Zum anderen wird die Attraktivität des Phänomens der Rassenmischung für zeitgenössische ästhetische und poetologische Konzeptionen untersucht. Und schließlich werden die literarischen Transformationen des Themas und ihre selbstreflexive Wendung als wirkmächtige Bestandteile des allgemeinen gesellschaftspolitischen Diskurses über Rassen und ihrer Vermischung nachvollzogen.

Mit dieser Themenstellung knüpft die Dissertation einerseits – in komparatistischer Absicht – an Studien aus dem Bereich der Postcolonial Studies zur sexuellen Ökonomie des (britischen und französischen) Imperialismus an, führt diese jedoch mit einer textstrukturellen Auseinandersetzung mit den ästhetischen Prinzipien literarischer Texte der Moderne und Theorien politischer Körperschaften zusammen. Eine Verbindung von postkolonialer Theoriebildung und Narratologie ist dabei in methodischer Hinsicht die Voraussetzung für eine literaturwissenschaftliche Herangehensweise, die sich gleichermaßen durch historische Tiefenschärfe und einBewusstsein für die Besonderheiten von Literarizität und poetischer Form auszeichnet.

3. Veröffentlichungen, Vorträge, Lehre

Monographien

Handbuch zur universitären Gleichstellungspolitik: Von der Frauenförderung zum Gendermanagement? (mit Alexandra Erfmeier, Nina Gülcher, Kerstin Smasal, Sandra Smykalla), Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2005.


Aufsätze  (Auswahl)

„Schwarze Schmach“ oder „Prototyp des zukünftigen Menschen? Zur Figur des Bastards in der Literatur der Weimarer Republik, erscheint in: Andrea Bartl, Stephanie Catani (Hrsg): Bastard – Prozesse der Ausgrenzung, Phänomene der Entgrenzung, Würzburg: Königshausen & Neumann 2009.

Reinheit und Obsession. Die ‚sexuelle Frage’ im deutschen Kolonialroman, erscheint in: Ariadne 56 (Nov. 2009), zum Thema „Dimensionen des Kolonialismus in Deutschland – eine geschlechtergeschichtliche Perspektive“.

Interracial Figures in German Politics and Literature around 1920, in: Ian Cooper, Ekkehard Knörer, Bernhard Malkmus (Hrsg): Third Agents. Secret Protagonists of the Modern Imagination, Cambridge: Cambridge Scholars Publishing 2008, S. 148-170.

Das Eigene, das Andere und ihre Vermischung. Zur Rolle von Sexualität und Reproduktion im Rassendiskurs des 19. Jahrhunderts, in: Discussions 1 (2008) - Das Andere. Theorie, Repräsentation und Erfahrung im 19. Jahrhundert (4. Sommerkurs des Deutschen Historischen Instituts, 2007) - L’autre. Théorie, représentation, vécu au XIXe siècle (4e université d’été pour jeunes chercheurs de l’Institut historique allemand, 2007), hrsg. von Mareike König, Jörg Requate, Carole Reynaud-Paligot, www.perspectivia.net

Die Konstruktion des Echten: Das Körperbild der Ausstellung „Körperwelten“ (mit Johanna A. Offe), in: Liselotte Hermes da Fonseca, Thomas Kliche (Hrsg.): Verführerische Leichen - Verbotener Verfall: „Körperwelten" als gesellschaftliches Schlüsselereignis (Perspektiven Politischer Psychologie, Bd. 1), Lengerich: Pabst Science Publishers 2006, S. 183-216.

Der Tod als Spiegel des Lebens. Zur epistemologischen Verwertung toter Körper in der Ausstellung „Körperwelten“ (mit Johanna A. Offe), in: Patrick Eiden, Nacim Ghanbari, Tobias Weber, Martin Zillinger (Hrsg.), Totenkulte. Literarische und kulturelle Grenzgänge zwischen Leben und Tod, Frankfurt/M.: Campus 2006, S. 171-191.

Differenz und Transgression. Dimensionen des Körpers in der klassischen und zeitgenössischen Ethnographie, in: Karl Brunner, Andrea Griesebner, Daniela Hammer-Tugendhat (Hrsg.): Verkörperte Differenzen, Wien: Turia + Kant 2004, S. 167-184.

Androgynität – Dekonstruktion oder Spielart der Geschlechterbinarität?, in: Frank Möbus, Gerhard Nasdala et al. (Hrsg.): Kleiner Grenzverkehr. Beiträge der Interdisziplinären Studentischen Kolloquien der Georg-August-Universität Göttingen und der Schillertage in Weimar (1998/99), Norderstedt: Books on Demand 2000, S. 91-100.


Vorträge (Auswahl)

Vom ungebildeten Philister zum Bildungsphilister. Bildung als Transgressions- und Desintegrationsnarrativ in der entstehenden Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts, Tagung „Philister. Problemgeschichte einer Sozialfigur der neueren deutschen Literatur“, 07/2008, ICI Berlin

Dystopien und Utopien der „Rassenmischung“ in Literatur und Kulturtheorie (1900-1930), Nachwuchsworkshop „Kolonialgeschichte / Dekolonialisierung“, 02/2008, Centre Marc Bloch, Berlin

Laboratories of Race Mixing”. Rassenkunde” and Poetics in Colonial Germany, International Interdisciplinary Conference on German Colonialism and Post-Colonialism, 09/2007, San Francisco State University, USA

Das Eigene, das Andere und ihre Vermischung. Zur Rolle von Sexualität und Reproduktion im Rassendiskurs des 19. Jahrhunderts, 4. Sommerkurs des Deutschen Historischen Instituts: „Das Andere. Theorie, Repräsentation und Erfahrung im 19. Jahrhundert - L’autre. Théorie, représentation, vécu au XIXe siècle”, 07/2007, Paris, Frankreich

Gender im Mainstream. Gleichstellung zwischen Modernisierung und Strukturkritik, mit Sandra Smykalla, Vortragreihe des Gleichstellungsrats, 11/2005, Universität Konstanz

The Bastard. Political and Literary Imaginations in German Colonial Discourse, Tagung „Configurations of the Third“, 08/2005, University of Cambridge, Großbritannien

Der Tod als Spiegel des Lebens. Der anatomisch-klinische Blick in der Ausstellung „Körperwelten“, mit Johanna A. Offe, Tagung „Totenkulte“ des Graduiertenkollegs „Die Figur des Dritten“, 01/2005, Universität Konstanz

Prostitution – Paradigma des Kulturkontakts unter kolonialen Vorzeichen. Grenzen der Entgrenzung in Hanns Henny Jahnns „Fluss ohne Ufer“, I. Graduiertentagung des Graduiertenkollegs „Die Figur des Dritten“, 01/2004, Universität Konstanz

Gegensatz und Transgression. Zur Darstellung fremder Körper in der klassischen und zeitgenössischen Ethnographie, 3. Internationale Graduiertenkonferenz Cultural Studies: Verkörperte Differenzen, 05/2003, Universität Wien

Dichtung als Ethnographie. Postkoloniale Repräsentationen des Fremden im Roman
, Dritter Tag der Polyphonen Ethnologie: „Repräsentieren: Für wen? – Ethnologie und Öffentlichkeit“, 12/2002, Freie Universität Berlin


Lehrveranstaltungen

WS 2010/11

Oberseminar „Literatur- und Kulturgeschichte der Hysterie“, mit Prof. Dr. Juliane Vogel, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz

 

SoSe 2009

Proseminar „Literarischer Primitivismus“, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz

SoSe 2008


WS 2005/06

SoSe 2004

Proseminar „Künstlertum und politische Bildung im literarischen Vormärz: Büchner und Heine“, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz

Proseminar „Imperialismus und Literatur“, mit Patrick Eiden, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz

Hauptseminar „Interkulturalität und Begehren“, mit Prof. Dr. Manfred Weinberg, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz