Die Forschergruppe »Grenzen der Absichtlichkeit«
an der Universität Konstanz

Die Forschergruppe »Grenzen der Absichtlichkeit« hat ein Thema aufgegriffen, das heute besonders umstritten ist, zugleich aber von großer Bedeutung nicht nur für das Selbstverständnis von Menschen als aktive rational handlungsfähige Wesen, sondern auch für die Möglichkeit planvoller sozialer Kooperation und für die Steuerbarkeit diverser Handlungsträger durch rechtliche oder moralische Normen und Werte.

  Die Mitglieder der Gruppe waren überzeugt, dass ein weit verzweigtes, facettenreiches Thema wie dieses nicht länger isoliert angegangen werden kann, sondern nur durch Zusammenführung verschiedener Disziplinen, die eigenständig mit ihm befasst sind. Von daher war es ihr Ziel, die begrifflich-theoretischen wie empirischen Grundlagen menschlicher »Absichtlichkeit« in einem dezidiert interdisziplinären Arbeitskontext neu zu bedenken und erkennbare Grenzen auszuloten. All dies konnte natürlich nur beispielhaft und selektiv geschehen, wenn auch in der Hoffnung, dass von der Arbeit der Gruppe auch Impulse und Anregungen für die Scientific Community insgesamt ausgehen könnten.

  In zwei dreijährigen Förderungszeiträumen waren jeweils sechs Teilprojekte verschiedener Disziplinen vereint, deren Forschungen teils eigenständig, teils in direkter Kooperation miteinander betrieben wurden. Untersucht wurden unter anderem:

Gren­zen ab­sicht­li­cher Kon­trol­le, die durch ei­ne re­la­ti­ve Au­to­no­mie kör­per­li­cher Fä­hig­kei­ten und sen­so­mo­to­ri­scher Han­dlungs­sche­ma­ta ge­gen­über ra­tio­na­len Pro­zes­sen der Wil­lens­bil­dung ent­steh­en (Phi­lo­so­phie);
Me­cha­nis­men der Verknüp­fung von Rei­zen und ein­fa­chen Re­ak­tio­nen auf mi­kro­be­ha­viou­ra­ler Ebe­ne (Kog­ni­tions­psy­cho­lo­gie);
Zu­sam­men­hänge zwi­schen Ver­hal­tens­steue­rung und Emo­tions­re­gu­la­tion im Ent­wick­lungs­ver­lauf und in kul­tu­rel­lem Kon­text (Ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gie);
Gren­zen bei der Hand­lungs­steue­rung durch Wenn-dann-Vor­sät­ze in Ab­hän­gig­keit von de­ren In­hal­ten (Mo­ti­va­tions­psy­cho­lo­gie);
Gren­zen der wil­lent­li­chen Be­ein­fluss­bar­keit au­to­ma­ti­scher neu­ro­na­ler, kog­ni­ti­ver und af­fek­ti­ver Pro­zes­se der so­zia­len Ein­drucks­bil­dung, ins­be­son­de­re der Ak­ti­vie­rung von Ste­reo­ty­pen und Vor­ur­tei­len (Neu­ro­wis­sen­schaft);
die Be­deu­tung der Ab­sicht­lich­keit für die Aus­le­gung des De­mo­kra­tie­prin­zips (Rechts­wis­sen­schaft);
die Zu­schrei­bung von Ab­sicht­lich­keit und Schuld­haf­tig­keit an­hand der Recht­spre­chung in NS-Pro­zes­sen, ins­be­son­de­re die Zu- und Ab­er­ken­nung des »Be­fehls­not­stands« als ab­sicht­lich­keits­be­gren­zen­der Fak­tor (So­zio­lo­gie).

Alle Ergebnisse wurden zuerst in internen Kolloquien oder Workshops vorgestellt und gemeinsam diskutiert, danach auch im Rahmen von externen oder von der Gruppe selbst veranstalteten, in der Regel international besetzten Konferenzen. Zahlreiche Publikationen, disziplinär orientierte ebenso wie interdisziplinäre, sind aus der Gruppenarbeit hervorgegangen, insbesondere der repräsentative Abschlussband. Diverse nationale wie internationale kooperative Kontakte wurden gepflegt oder neu geknüpft, gefördert auch durch geeignete Vortragseinladungen und Gastaufenthalte. Darüber hinaus hat die Konstanzer Gruppe sich auf verschiedenen Ebenen auch um die Förderung des wissenschaftlichen und studentischen Nachwuchses bemüht.

DFG Forschergruppe Nr. 582