4.1

Man wird zwei Antworten geben müssen:

1. Es handelt sich bei Nachweisen möglicherweise um nützliche Informationen. Vielleicht will der Leser das eine oder andere einmal nachgucken. Es muß also so zitiert sein, dass man die Sachen wiederfindet und sie müssen auch richtig zitiert sein. Sonst ist es ja falsch, was man geschrieben hat. Bei Wissenschaft geht es aber um die Produktion nachvollziehbarer und wahrer und Sätze und das wäre dann nicht gelungen.

2. Aber warum muss das dann auch alles einheitlich sein? (Das versteht man neben den Richtigkeitsregeln des Dudens vor allem unter RICHTIG.) Vor allem in den verfluchten Literaturverzeichnissen? Und erst recht in den Fußnoten?! Man findet die Sachen doch auch, wenn hier mal ein Punkt und dort mal ein Komma ist.
Was wäre dem entgegenzuhalten? Umberto Eco (ja, der) schreibt dazu: Man ziehe einem Krawattenträger ja auch die Krawatte gerade, wenn sie schlecht sitze.
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Es geht also offenbar nicht NUR um die Information, sondern auch um die Präsentation der Information. Wir befinden uns nicht im stillen Kämmerlein, sondern haben es mit Lesern zu tun.

Krawatten

Was denkt sich nun der Leser Ihrer Arbeiten (zunächst einmal die an der Universität)?
Sie denken: Präsentation hat Indizwirkung. Wer die Kraft hat und die Mühe aufbringt, Gleiches (Zitate z.B. oder Literaturhinweise) gleichartig zu behandeln, wer also Einheitlichkeit herstellt, obwohl das wegen des Informationgehaltes an sich nicht nötig ist, setzt mehr Kraft und Mühe ein als unbedingt notwendig. Er hat offenbar ein Faible für die Sache, das über das unbedingt Nötige hinausgeht. Das gefällt Lesern, die Wissenschaft zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben, natürlich. Er legt weiter offenbar auch Wert auf die Optik und damit auch auf den Leser. Das mögen Leser ebenfalls. Denn: Wer mehr Kraft und Mühe in an sich nicht nötige Dinge steckt, der – das ist die Vermutung – steckt mehr Energie auch in das Wesentliche, d.h. die gedankliche Leistung. Man kann sich also vermutlich auf den Inhalt verlassen. Das mögen Leser auch.

Die formale Seite der Arbeit steht zu der inhaltlichen Seite so wie Reputation zu Wahrheit. Der eine Wissenschaftlier ist berühmt, hat 100 gelobte Bücher geschrieben (reputiert), der andere ist berüchtigt und seine 100 Bücher sind alle schlecht rezensiert worden (nicht reputiert): Wem glauben Sie, wenn Sie den Inhalt nicht prüfen können, eher?
So ist das.
Deshalb traut man dem Verfasser einer sauber gemachten Arbeit mehr zu als dem einer offensichtlich nachlässig gemachten Arbeit.

Das war auch schon der Umkehrschluss: Wer bei den Formalia schlampt, bei dem steht also auch Nachlässigkeit in der Beweisführung zu erwarten. Die Brauen ziehen sich hoch und man schaut gleich viel aufmerksamer auf Fehler. Und findet sie auch, denn sonst hätte man gar nicht so genau geguckt. Und man liest den Inhalt auch nicht mehr so genau. Und das wäre schade.

Eine Arbeit, das können wir festhalten, der es an der Elaboration, an der Einheitlichkeit in den Formalia gebricht, hat einen schlechten Start beim Leser, egal wie gut sie inhaltlich sein mag. Es ist wie in der Schule: Rechtschreibnoten ziehen einen immer nur nach unten. Das aber ganz sicher. Perfektion wird erwartet. Und Sie können sie auch bringen.

1 Umberto Eco: Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt: Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften, 8., unveränderte Aufl. d. dt. Ausg. Heidelberg 2000, S. – ??? – ja, da kann man sehen, wie wichtig gute Zitate sind, denn da hier die Seitenzahl fehlt, müssen Sie das ganz Buch durchblättern, wenn Sie die Stelle finden wollen.