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Friedrich Schiller stellte in seiner berühmten Antrittsrede an der Universität Jena 1789 die Frage, ‘was’ Geschichte heiße und ‘zu welchem Ende’ man sie studiere. Diese Frage hat bis heute an Aktualität nichts eingebüßt. Auch in den letzten Jahrzehnten beschäftigten sich HistorikerInnen immer wieder mit dem Problem, was Geschichte eigentlich ist und was das Interesse an der Geschichte begründet.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, dass die Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz in ihren
individuellen wie in ihren kollektiven Dimensionen immer in einen über sie selbst hinausweisenden zeitlichen Kontext eingebunden ist. Von hier aus wird dann die Frage nach der ‚wissenschaftlichen’ Erforschung und Beschreibung dieses Kontextes gestellt. Wichtige und weiterhin aktuelle Überlegungen dazu finden sich in den älteren Darstellungen von Edward Hallett Carr und Reinhard Wittram aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.

Schiller

Johann Friedrich Schiller, 1759 - 1805.

Behandelt werden hier Fragen der Begründung historischer Erkenntnis, der zur Verfügung stehenden Erklärungsmodelle oder der Voraussetzungen, unter welchen der Historiker Urteile fällen und historische Erkenntnisse formulieren kann.2 In dem 1965 publizierten Werk Theodor Schieders über die ‘Geschichte als Wissenschaft’ sowie in dem erstmals 1971 erschienenen Buch über die Theorie der Geschichtswissenschaft von Karl-Georg Faber wurden diese Fragen in verständlicher Form systematisiert und im Zusammenhang dargestellt.3 Wieder aufgenommen und für ein Lehrbuch der Geschichtswissenschaft in umfassender Weise fruchtbar gemacht, wurden sie in jüngerer Zeit von Volker Sellin.4 In seiner ‘Einführung in die Geschichtswissenschaft’ diskutiert er die geschichtlichen und geschichtsphilosophischen Grundlagen der Historie. Behandelt werden beispielsweise Fragen der Methode, der Sprache, der Objektivität und der Hermeneutik.

2 Edward Hallett Carr: Was ist Geschichte?, Stuttgart 1963; Reinhard Wittram: Das Interesse an der Geschichte. 12 Vorlesungen über Fragen des zeitgenössischen Geschichtsverständnisses, Göttingen 1958.

3 Theodor Schieder: Geschichte als Wissenschaft. Eine Einführung, München 1965; Karl-Georg Faber: Theorie der Geschichtswissenschaft, München 1971. Vgl. dazu auch Jörn Rüsen / Hans Süssmuth (Hg.), Theorien in der Geschichtswissenschaft, Düsseldorf 1980, und Pietro Rossi (Hg.), Theorien der modernen Geschichtsschreibung, Frankfurt am Main 1987.

4 Volker Sellin: Einführung in die Geschichtswissenschaft, Göttingen 1995.