Einen ganz anderen Ansatz findet man schließlich in einem vierten Typus der Einführung, der erst in jüngster Zeit entstanden ist. Zu nennen sind hier vor allem der Band ‘Geschichte. Ein Grundkurs’, den Hans-Jürgen Goertz 1998 ediert hat, und die von Christoph Cornelißen 2000 herausgegebene Aufsatzsammlung ‘Geschichtswissenschaften. Eine Einführung’.10
Verschiedene Autoren stellen hier unterschiedliche Ansätze und Richtungen der Geschichtsschreibung vor. Zu den behandelten Feldern gehört beispielweise die Politik- und Sozialgeschichte, die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte oder die Ideen- und Imperialgeschichte. Es wird also eine vergleichende Perspektive entwickelt. Widersprüche zwischen einzelnen
Forschungsrichtungen werden dabei nicht aufgelöst, sondern bewusst stehen gelassen.

Das Tableau der Geschichtswissenschaften soll in seiner Vielfalt und Pluralität dargestellt werden, um den “Studierenden der Geschichte einen Einblick in die heutige Verfasstheit eines Studienfaches zu geben”.
11 Ein weiteres Hauptaugenmerk beider Sammelbände liegt auf den neueren Tendenzen der Forschung im interdisziplinären Kontext.

Buchcover

In Artikeln beispielsweise zur Mentalitätsgeschichte, zur Geschlechtergeschichte oder zur Historischen Anthropologie werden von einschlägig ausgewiesenen Fachhistorikern aktuelle Forschungsstände und zukünftige Perspektiven aufgezeigt. Aufsätze zum historischen Erkenntnisprozess, zu den einzelnen Epochen der Geschichtsschreibung oder zum Berufsbild des Historikers vervollständigen den gebotenen Überblick. Dieser letzte Typus der Einführung kann die Darstellungen, die konkret an der Studienpraxis orientiert sind, nicht ersetzen. Er ist vielmehr als ergänzende Perspektive auf ein Fach zu sehen, das im Wandel ist und es auch bleiben wird. Gerade die diskursive Darstellungsweise, die in den letztgenannten Sammelbänden gewählt wurde, entspricht dieser Dynamik. Geschichtsschreibung erscheint als ein offenes Feld intellektueller Tätigkeit, deren theoretische, methodische und inhaltliche Voraussetzungen stets aufs Neue reflektiert und überprüft werden müssen.

10 Hans-Jürgen Goertz (Hg.): Geschichte. Ein Grundkurs, Reinbek bei Hamburg 1998; Christoph Cornelißen (Hg.): Geschichtswissenschaften. Eine Einführung, Frankfurt am Main 2000.

11 Cornelißen, S. 9.