Methoden
                                                         
Spezifische Methoden der Neuroethologie gibt es eigentlich nicht, das Studium der neuronalen Grundlagen von Verhalten erfordert die Integration verschiedener Methoden aus unterschiedlichsten Disziplinen: Verhaltensbeobachtung, anatomisch-morphologische Untersuchungen, Elektrophysiologie und Elektronik. Im folgenden sollen einige der in der AG Neuroethologie verwendeten Methoden kurz vorgestellt werden.

 

 Fachbereich Biologie 
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Eine zentrale Methode, die in der AG Neuroethologie verwendet wird, ist das Elektromyogramm (EMG). Dabei werden Mikroelektroden (~ 50 µm dick) in die Muskeln der zu untersuchenden Tiere implantiert und die Muskelpotentiale in Korrelation zu den folgenden Bewegungen des Tieres aufgezeichnet.
 
             
Elektromyogramm des Flügelmuskels M129 einer aufgehängten Wüstenheuschrecke
             
Um die elektrische Aktivität des Muskels mit der zugrundeliegenden Bewegung korrelieren zu können, werden die Tiere gleichzeitig bei ihrem Bewegungsablauf gefilmt (entweder mit einem normalen VHS- oder mit einem High-Speed-Videosystem).
Eine Schwierigkeit der Neuroethologie besteht darin, Tiere zu einer kontrollierten, möglichst einheitlichen Bewegung zu veranlassen. Hierzu stehen in der AG verschiedene Techniken zur Verfügung:

Laufband

Die einfachste Untersuchung ist die des normalen Laufes. Hierzu werden die Tiere auf ein Laufband gesetzt, dessen Geschwindigkeit an die Bewegungsgeschwindigkeit des laufenden Tieres angeglichen werden kann, sodass das Tier an einer konstanten Stelle läuft.
   
Schwieriger als die Untersuchung des normalen Laufverhaltens sind Beobachtung und Analyse des Flugverhaltens von Heuschrecken, da hierzu spezielle Apparaturen und Instrumente nötig sind. In der AG Neuroethologie verwenden wir daher zwei unterschiedliche Systeme:

Stationärer Flug

Beim stationären Flug werden die Tiere in einen Windkanal gehängt, die Luftströmung lässt sie die Flügel entfalten und sie beginnen zu fliegen. Mit dem Windkanal lassen sich stufenlos Windgeschwindigkeiten zwischen 0,5 m/s und 4,0 m/s erzeugen und so verschiedene Reaktionen auf veränderte Umweltbedingungen testen.

 
         
   
Aufgehängter Flug einer Wüstenheuschrecke  
 
Windkanal der AG Neuroethologie
       
Die EMGs lassen sich am leichtesten im stationären Flug darstellen. Von dem im Windstrom aufgehängten Tier lassen sich problemlos elektrische Signale ableiten, indem die Elektroden direkt mit den entsprechenden elektrophysiologischen Apparaten verbunden werden.

Freiflug

Doch ist leicht einzusehen, dass ein aufgehängter Flug im Windkanal das Tier in seiner Bewegungsfreiheit sehr einschränkt und so möglicherweise natürliche Verhaltensweisen durch experimentelle Artefakte verfälscht werden. Deshalb wird in der AG Neuroethologie versucht, den Freiflug von Heuschrecken zu untersuchen. Die Arbeitsgruppe verfügt hierzu über einen Raum, dessen Größe den Heuschrecken freies Fliegen ermöglicht. Durch den Einsatz verschiedener Lichtquellen kann die Flugrichtung der Tiere beeinflußt werden, für den Start gibt es neben dem Handstart (Heuschrecken werden mit der Hand in den freien Raum geworfen und beginnen zu fliegen) das von Wolfram Kutsch in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlichen Werkstätten der Universität Konstanz entwickelte Heuschreckenkatapult.
 
                 
Der Flugraum im Keller der Universität, im Vordergrund das Heuschreckenkatapult.
           

Heuschreckenkatapult

Die Tiere werden in ein Katapult gesetzt und abgeschossen, sie beginnen zu fliegen, sobald sie das Katapult verlassen haben, wobei Startrichtung und - geschwindigkeit vorgegeben werden. Durch die Verwendung des Heuchreckenkatapultes ist gewährleistet, dass die wichtige Startphase kontrolliert werden kann und immer in einer einheitlichen Weise erfolgt.

           
Abschußwinkel, -geschwindigkeit und - richtung können mit dem Katapult konstant gehalten werden (hier ein Prototyp).
   
Telemetrie  

Der Freiflug von Heuschrecken bringt natürlich apparative Probleme mit sich: die Ableitung kann nun nicht mehr direkt über verkabelte Elektroden erfolgen. Zur Aufzeichnung der EMGs im Freiflug nutzen wir daher die Radiotelemetrie. Hierzu wird ein kleiner Transmitter auf das Tier geklebt, mit dem die elektrischen Signale moduliert und in den freien Raum gesendet werden. Ähnlich wie beim normalen Radiosystem werden diese Signale von Empfängern aufgenommen und dekodiert. Durch Miniaturisierung ist es bisher gelungen, mehrere getrennte Systeme auf einem Tier zu installieren (Schabe: 4 Sender, Heuschrecke: 2 Sender) und so die elektrische Aktivität parallel über mehrere Kanäle zu übermitteln.

Der Bau der Sender erfolgt unter dem Stereomikroskop mittels handelsüblicher Bauteile von Hand in der AG Neuroethologie. Eine weitere Verbesserung des Systems ist durch die Miniaturisierung von Computerchips zu erwarten, bisher jedoch aufgrund des hohen Kostenaufwandes nicht möglich.

 
Einer der in Konstanz entwickelten und verwendeten Sender. Größe des Balkens 5 mm   Gromphadorhina portentosa mit 4-Kanal-Sendern
     
     
Eine per Handstart gestartete Heuschrecke fliegt zunächst durch den dunklen Korridor auf die weiße Wand zu, erkennt kurz vor der Wand eine weitere Lichtquelle rechts neben der schwarzen Wand und fliegt daraufhin eine Rechtskurve. Im Vordergrund die beiden Hochgeschwindigkeitskameras, links das zugehörige Computersystem.